9421
Die deutsche Wurst.
An Bethmanns Wurst war noch was dran,
Batocki seine ging auch noch an,
Doch was Herr Waldow liefern kann,
Das zwingt ja kaum der stärkste Mann!
m liobelfpäne. j®
Endlich fordert jetzt den Frieden
Frankreichs Proletariat.
Wenn das Eis erst ist geborsten
Folgt in Kürze auch die Tat.
Und es gärt in Englands Gauen,
Nieder mit dem irren Wahn,
Denn genug des Blutvergießens,
Die Versöhnung bricht sich Bahn,
Brüder, schauet nach dem Osten!
In der Hand die blanke Wehr
Bietet er den Völkern Frieden,
Ihm sei Lob und Preis und Ehr'!
Warum sind die Bolschewiki schlecht, die Menschewiki gut bei der
Entente ungeschrieben? Die Menschewiki wollen die Staatsschulden
bezahlen, die Bolschewiki aber nicht, und deshalb rauchen die Köpfe
Lloyd Georges und Poincarss.
Schön ist doch die Guillotine,
Schreit Paris mit finstrer Miene,
Ruck am Seil, das Messer blitzt
Und der Kopf herunterflitzt.
So ungefähr, denke ich, wird's bald kommen, wenn nicht inzwischen
Frieden gemacht wird, — es muß doch nicht das französische Blut
einzig und allein an der Front vergossen werden.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
treiben und besser ausbauen konnten. Ich liege
jetzt in Fritzen seine Makkaroniküche, aber ihm
selber haben wir ausquarliert, weil er mit
seine „Marke Baterlandspartei" bloß in die
freie Luft genießbar ist, und auch da bloß in
ehrfurchtsvolle Entfernung. Unser Hauptmann
hat gesagt, wenn wir das nächstemal zum
Sturm vorgehen müssen, dann schickt er Fritzen
allein, denn der kann mit seine Pfeife die
ganze feindliche Linie ausstänkern, und die
Kompagnie spart ihre Munition.
In die Hoffnung, daß dieser dienstliche Fall
so bald nicht eintreffen wird, grüße ich Euch
herzlichst als Euer dankbarer Sohn
August Säge jun., Garde-Grenadier.
Nachschrift. Damit ich Fritzen seine Atmo-
sphäre betäuben und mich meinen mieder-
gefundenen Kameraden wieder freundschaftlich
nähern kann, würde mir ein kleines Paket
starker aber wohlriechender Tabak sehr zweck-
entsprechend sein.
<3VC5
Das rückständigste Element.
Kosaken, Baschkiren, Tungusen,
Tschetschcnze», Kalmücken dabei,
Mordwinen und Tschcremiffen,
Die Völker der Tataret,
Kirgisen, Turkmenen, Tschuwaschen,
Osseten und Kurden auch,
Armenier und Abchasen,
Die spüren des Friedens Hauch.
Siryanicr und Peruaken,
Iakuter und Grusier zugleich.
Die wollen nun Friede» machen.
Wie alles im russischen Reich.
Und alles, was friedlich gesonnen
In Deutschland, stimmt ihnen bei.
Rach Blut allein nur noch lechzet
Die Vaterlandspartei! ü. Fl.
Lieber Jacob!
De Hauptsache is, det man jedes Ding bei't
richtije Ende anpackt. Diesen Kunstjriff ver-
steht keener so jut wie unsere jejenwärtije, uns
von Jott uffjesetzte Obrigkeet. Janz Berlin
schreit nach Kohlen, un keener weeß, wie den
Jbelstand abzuhelfen wäre. Da setzt sich der
verantwortliche Oberbonze von de Kohlen-
versorgungsstelle eenen Vormittag uff seine
vier Buchstaben un verfaßt 'ne Denkschrift, in
die er janz jenau un klipp un klar un selbst
for dem Dämlichsten jemeinverständlich alle
Mittel un Weje dnrlegt, durch die wir jejen-
wärtig keene Kohlen »ich kriejen kennen. Damit
is det Heizungsproblem unwiderruflich jeleest,
de Bierokratie kann sich befriedigt zur Ruhe
setzen, un de Berliner frieren weiter.
Zufrieden sind mit de oogenblicklichen Zu-
stände man bloß wenije Zeitjenosseil. Svjar
de musterhafteste Beamtenschaft hat in die
allzu dauerhafte jroße Zeit ’n kleenet Haar
jefunden, un besonders de Schulmeester fangen
an unjemietlich zu werden. Aber det Kultus-
ministerjum weeß Rat zu schaffen, un in diese
Tage is 'ne neie Verordnung erschienen, die
alle Klagen un Beschwerden mit eenem Schlage
beschwichtijen wird. Von jetz ab derfen sich näm-
lich de Schulamtskandidaten „Studienreferen-
dar" nennen, de Hilfslehrer Heeßen „Studien-
assessor", die älteren Oberpauker „Studienrat".
Jloobste, det nu noch een Schulmeester 'ne
Lippe riskieren wird? Jetz, wo se ihre hun-
gerije Futterluke mit 'ne neie Wirde stoppen
un sich ihre frierende Bleeße mit 'n scheenen
Titel zudecken kennen? Un det Ereignis ivird
nich ohne Foljen bleiben; denn 'n ehrenvolles
Beispiel findet immer Nacheiferung. Wat niein
Driltjüngster is, der zu Ostern aus de Schule
un zu Bäcker Lehmann in de Lehre kommen soll,
der erklärt schon jetz, det ooch er uff 'ne Titel-
uffbesserung Anspruch erheben tut. Er ver-
langt, det er sich während seine Lehrjahre „Teig-
referendar" un nachher als Geselle „Schrippen-
assessor" nennen darf. Ick kann dem Bengel
beim besten Willen in diese Hinsicht nich de-
mentieren un hoffe, det de Rejierung 'n Jn-
sehen haben u» den Jeist der Zeit Rechnung
tragen wird. Denn wat de Brotfresser recht
is, is de Bäckerlehrlinge billig.
Dem dicksten Vogel aber hat unsere Obrig-
keet doch mit de Neiköllner Denkschrift abje-
schossen. De völkische Orjanisazjon des Lebens-
mittelivuchers hatte 'ne derartig jlorreiche Ent-
wicklung jenossen, det der Neiköllner Majistrat
sich zu'n effentlichenNotschrei veranlaßt fiehlte.
Keen Mensch sah 'n Ausweg aus det blamable
Schlamassel. Denn det man det wuchernde
Ajrarjertum nebst seine Zuhälter vom Schleich-
handelsstand unmöglich uff't Dach steijen kann,
war jeden, der de richtije deitsche Dienst-
uffassuug kennt, klar wie Kloßbriehe. Also wat
soll jeschehen? Da kam Waldow un erklärte
eenfach: De Wucherer derf ick nich bestrafen,
Strafe aber muß sind, also bestrafe ick de Be-
wucherten! Un schon wurde der Staatsanwalt
uff dem Neiköllner Majistrat losjelassen.
So weeß unsere Rejierung vermittelst die
ihr eijentiemliche scheniale Ader jedes Ding
bei't richtije Ende anzufassen, un wenn se ooch
de Bevelkerung keene Trinkeier nich schaffen
kann, so stellt se doch wenigstens det Ei des
Kolumbus jeden Tag eenmal uff de Spitze,
un wenn se ooch de Fettrazjon wieder hat
verkirzen missen, so schitzt se doch mit starke
Faust die Leite, die Butter uff'm Kopp haben!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Rcdatttonsschiub 8. Züuuar 19J8,
Die deutsche Wurst.
An Bethmanns Wurst war noch was dran,
Batocki seine ging auch noch an,
Doch was Herr Waldow liefern kann,
Das zwingt ja kaum der stärkste Mann!
m liobelfpäne. j®
Endlich fordert jetzt den Frieden
Frankreichs Proletariat.
Wenn das Eis erst ist geborsten
Folgt in Kürze auch die Tat.
Und es gärt in Englands Gauen,
Nieder mit dem irren Wahn,
Denn genug des Blutvergießens,
Die Versöhnung bricht sich Bahn,
Brüder, schauet nach dem Osten!
In der Hand die blanke Wehr
Bietet er den Völkern Frieden,
Ihm sei Lob und Preis und Ehr'!
Warum sind die Bolschewiki schlecht, die Menschewiki gut bei der
Entente ungeschrieben? Die Menschewiki wollen die Staatsschulden
bezahlen, die Bolschewiki aber nicht, und deshalb rauchen die Köpfe
Lloyd Georges und Poincarss.
Schön ist doch die Guillotine,
Schreit Paris mit finstrer Miene,
Ruck am Seil, das Messer blitzt
Und der Kopf herunterflitzt.
So ungefähr, denke ich, wird's bald kommen, wenn nicht inzwischen
Frieden gemacht wird, — es muß doch nicht das französische Blut
einzig und allein an der Front vergossen werden.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
treiben und besser ausbauen konnten. Ich liege
jetzt in Fritzen seine Makkaroniküche, aber ihm
selber haben wir ausquarliert, weil er mit
seine „Marke Baterlandspartei" bloß in die
freie Luft genießbar ist, und auch da bloß in
ehrfurchtsvolle Entfernung. Unser Hauptmann
hat gesagt, wenn wir das nächstemal zum
Sturm vorgehen müssen, dann schickt er Fritzen
allein, denn der kann mit seine Pfeife die
ganze feindliche Linie ausstänkern, und die
Kompagnie spart ihre Munition.
In die Hoffnung, daß dieser dienstliche Fall
so bald nicht eintreffen wird, grüße ich Euch
herzlichst als Euer dankbarer Sohn
August Säge jun., Garde-Grenadier.
Nachschrift. Damit ich Fritzen seine Atmo-
sphäre betäuben und mich meinen mieder-
gefundenen Kameraden wieder freundschaftlich
nähern kann, würde mir ein kleines Paket
starker aber wohlriechender Tabak sehr zweck-
entsprechend sein.
<3VC5
Das rückständigste Element.
Kosaken, Baschkiren, Tungusen,
Tschetschcnze», Kalmücken dabei,
Mordwinen und Tschcremiffen,
Die Völker der Tataret,
Kirgisen, Turkmenen, Tschuwaschen,
Osseten und Kurden auch,
Armenier und Abchasen,
Die spüren des Friedens Hauch.
Siryanicr und Peruaken,
Iakuter und Grusier zugleich.
Die wollen nun Friede» machen.
Wie alles im russischen Reich.
Und alles, was friedlich gesonnen
In Deutschland, stimmt ihnen bei.
Rach Blut allein nur noch lechzet
Die Vaterlandspartei! ü. Fl.
Lieber Jacob!
De Hauptsache is, det man jedes Ding bei't
richtije Ende anpackt. Diesen Kunstjriff ver-
steht keener so jut wie unsere jejenwärtije, uns
von Jott uffjesetzte Obrigkeet. Janz Berlin
schreit nach Kohlen, un keener weeß, wie den
Jbelstand abzuhelfen wäre. Da setzt sich der
verantwortliche Oberbonze von de Kohlen-
versorgungsstelle eenen Vormittag uff seine
vier Buchstaben un verfaßt 'ne Denkschrift, in
die er janz jenau un klipp un klar un selbst
for dem Dämlichsten jemeinverständlich alle
Mittel un Weje dnrlegt, durch die wir jejen-
wärtig keene Kohlen »ich kriejen kennen. Damit
is det Heizungsproblem unwiderruflich jeleest,
de Bierokratie kann sich befriedigt zur Ruhe
setzen, un de Berliner frieren weiter.
Zufrieden sind mit de oogenblicklichen Zu-
stände man bloß wenije Zeitjenosseil. Svjar
de musterhafteste Beamtenschaft hat in die
allzu dauerhafte jroße Zeit ’n kleenet Haar
jefunden, un besonders de Schulmeester fangen
an unjemietlich zu werden. Aber det Kultus-
ministerjum weeß Rat zu schaffen, un in diese
Tage is 'ne neie Verordnung erschienen, die
alle Klagen un Beschwerden mit eenem Schlage
beschwichtijen wird. Von jetz ab derfen sich näm-
lich de Schulamtskandidaten „Studienreferen-
dar" nennen, de Hilfslehrer Heeßen „Studien-
assessor", die älteren Oberpauker „Studienrat".
Jloobste, det nu noch een Schulmeester 'ne
Lippe riskieren wird? Jetz, wo se ihre hun-
gerije Futterluke mit 'ne neie Wirde stoppen
un sich ihre frierende Bleeße mit 'n scheenen
Titel zudecken kennen? Un det Ereignis ivird
nich ohne Foljen bleiben; denn 'n ehrenvolles
Beispiel findet immer Nacheiferung. Wat niein
Driltjüngster is, der zu Ostern aus de Schule
un zu Bäcker Lehmann in de Lehre kommen soll,
der erklärt schon jetz, det ooch er uff 'ne Titel-
uffbesserung Anspruch erheben tut. Er ver-
langt, det er sich während seine Lehrjahre „Teig-
referendar" un nachher als Geselle „Schrippen-
assessor" nennen darf. Ick kann dem Bengel
beim besten Willen in diese Hinsicht nich de-
mentieren un hoffe, det de Rejierung 'n Jn-
sehen haben u» den Jeist der Zeit Rechnung
tragen wird. Denn wat de Brotfresser recht
is, is de Bäckerlehrlinge billig.
Dem dicksten Vogel aber hat unsere Obrig-
keet doch mit de Neiköllner Denkschrift abje-
schossen. De völkische Orjanisazjon des Lebens-
mittelivuchers hatte 'ne derartig jlorreiche Ent-
wicklung jenossen, det der Neiköllner Majistrat
sich zu'n effentlichenNotschrei veranlaßt fiehlte.
Keen Mensch sah 'n Ausweg aus det blamable
Schlamassel. Denn det man det wuchernde
Ajrarjertum nebst seine Zuhälter vom Schleich-
handelsstand unmöglich uff't Dach steijen kann,
war jeden, der de richtije deitsche Dienst-
uffassuug kennt, klar wie Kloßbriehe. Also wat
soll jeschehen? Da kam Waldow un erklärte
eenfach: De Wucherer derf ick nich bestrafen,
Strafe aber muß sind, also bestrafe ick de Be-
wucherten! Un schon wurde der Staatsanwalt
uff dem Neiköllner Majistrat losjelassen.
So weeß unsere Rejierung vermittelst die
ihr eijentiemliche scheniale Ader jedes Ding
bei't richtije Ende anzufassen, un wenn se ooch
de Bevelkerung keene Trinkeier nich schaffen
kann, so stellt se doch wenigstens det Ei des
Kolumbus jeden Tag eenmal uff de Spitze,
un wenn se ooch de Fettrazjon wieder hat
verkirzen missen, so schitzt se doch mit starke
Faust die Leite, die Butter uff'm Kopp haben!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Rcdatttonsschiub 8. Züuuar 19J8,