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9485 - -

Wohnungsnot.

„'So, das Eiserne Kreuz Hab' ich, die Vollpension als Invalide ebenfalls,
nun fehlt mir bloß noch eine anständige Wohnung,"

^ ftobelfpäne. r®

Ach, schreibe keine Briefe nicht, —

Doch bist aufs Schreiben du erpicht.

So schreibe nach Afghanistan,

Dort lebt ein muselmänn'scher Khan.

Auch »ach dem Nordpol schreibe keck.

Und frag', ob Vorrat noch an Specks
Denn läuft sich warm die Erdenachse,

So setzt's hier bitterböse Knackse.

Doch besser ist, du läßt es ganz —

Das Schreiben —, diesen Firlefanz,

Mit Wilhelm Busch halt's um so mehr:
Wer Sorgen hat — hat auch Likör.

Durch einen fremden geheimen Zivilkommissar soll einem alldeutschen
Herrn von hohem Range der Frieden zwischen Monako und dem
Deutschen Reich angeboten worden sein gegen die Berechtigung, daß
Monako in Deutschland eine Filiale der Spielbank betreiben dürfe.

Drei Milliarden neue Steuern
Soll das deutsche Volk berappen,

Und es kaut und schluckt und ivürget
An dem bitter» Happen-Pappen.

Und doch ist es erst der Anfang,

Andre werden baldigst' kommen,

Wer direkt heut noch geschont wird.

Morgen wird er hochgenommen.

Ick habe et immer jesagt, die Achte is 'ne Jlücksziffer, det beweist
jetzt die achte Kriegsanleihe, die bis uff det letzte Fusselchen berappt
ist, — wenn't erst mit den Achtstundentag ooch so weit wäre, wer'»
Kriegsanleihen woll nich mehr neetig sind.

r -s Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Graf Rödern.

Ein Bibclwort.

DieReichskleiderstelle fordert diewvhlhabendeBevölke-
rung zur Abgabe von getragenen Anzügen für die Rü-
stungsindustrie auf. Die bisherigen Richtpreise sollen
um 20 Prozent erhöht werden.

And so dn hast der Röcke ziveen,

Entäutzre dich des einen;

Die Leute, die Granaten drehn,

Besitzen manchmal keinen.

Denk an das schöne Bibelwort

Bon» Geben und Besitzen,

sind laß, was dir gedient beim Sport,

Vom Schmieröl nun bespritzen.

Die dich geschmückt bei Flirt und Tanz
Mit schönen Bügelfalten,

Die 8osc, laß voll Eleganz
Run an dem Schraubstock ivalte».

Ja, öffne deinen Mvttenschianl
Und lichte die Gard'robe,

Auf daß von deinem Tatendrang
Die Welt auch sicht 'ne Probe.

So folgst als Christ du dem Gebot
Und handelst — handelst weise:

Du stillst des Vaterlandes Not

Und kriegst — erhöhte Preise! Pec.

Lieber Jncob!

Je länger, det der Krieg dauert, desto ver-
wickelter werden de Verhältnisse. Besonders
in Rußland, wo sich keen Mensch nich mehr
auskennen tut. Von Westen ricken da de Deit-
scheu un von Osten de Japanesen ein. De
ersteren sind neujeivonnene Freinde, die so-
ebent eenen allerseits tiefempfundenen Frie-
densvertrag untersiegelt haben, un de letzteren
sind olle ehrliche Enlenlebrieder. Aber beede
schießen! Un nu fragen de Russen: wodurch
unterscheidet sich een oller Freind von eenen
ollen Jegner, un wodran kann man erkennen,
ob een Maschinenjewehr in feindliche oder in
wohlwollende Absicht mir eene Kugel in de
Plauze jagt? Det stiftet natierlich Verwirrung.

Aber ooch bei uns kann leicht allerhand
Kuddelmuddel Vorkommen. Zum Beispiel det
mit den Buchhändler Hobbing. Der Mann
is Verlejer von de Norddeitsche Alljemeene
Zeitung un zujleich hat er det Reklame-Mono-
pol uff de deitschen Eisenbahnen. '» paar
Abjeornte meenten nu neulich, det jinge »ich
un kenne zu jeschäftliche un moralische Unzu-
trächtigkeiten fiehren. Aber wat unser Eisen-
bahnminister is, der belehrte de Abjeornte»
eenes umjekehrten. Nämlich, verstehste, et sind
zwee absolut verschiedene Betriebe, un man
bloß Hobbing is janz zufällig eener un der-
selbe. Det muß immer scharf auseinanderjehal-

len werden, sagte der Minister. Wenn zum
Beispiel Hobbing vermittelst sein Eisenbahn-
monopol for de Norddeitsche Alljemeene Re-
klame macht, denn is et nich der Verlejer,
der seine eijene Zeitung rausstreicht, sondern
et is der unparteiische Reklame-Fritze, der aus
reinen, objektiven, juten Herzen det reisende
Publikum een ihm jänzlich unkenntliches Mist-
blatt anzuschmiere» sucht — verstehste. Un
wenn Hobbing sein Jahresverdienst zusammen-
zählt, denn stellt er nicht etwa fest, det er een
sehr reicher Knopp jeworden is, sondern er
empfindet sich als zwee mittelbejieterte Je-
schäftsleite, die ihre beeden Kassen janz jenau
zu unterscheiden wissen. Un ivenn er aus det
eene Porlemonnöh bei Adlon Mittag jejessen
hat, denn sticht er det andere ein und jeht
bei Hillern noch eeninal präpeln. Denn wat
hilft et den hungrijeu Zeitungsverlejer, wen»
der Reklame-Fritze satt is, nich wahr? Del
hat der Eisenbahnniinister in seine lichtvolle
Weise klar auseinanderjesetzt, un jeder Unter-
tan, der nich von eene böswillije Verstocktheit
besessen is, muß det insehen.

Leider trägt ooch de Berliner Lebensmittel-
versorjung ihrerseits dazu bei, de alljemeene»
Zustände noch verwickelter zu machen, ivie se
schon von alleene sind. Vorigle Woche jab se
zum Beispiel Heringe uff Zuckerlarten aus.
De Foljen konnten natierlich nich nnterdrickt
iverden, un meine Frau, die immer 'n bisken
zerstreut is, hat mir denn ooch jlicklich heute
früh meinen Kaffee-Ersatz mit'» Heringskopp
süß jemacht.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Redgkttonsschluß 29. April k9I8,

4T
 
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