9583
Zur Amnestie.
Endlich!
M noveWäne. eT
Alldeutschland sieht in Schmach und Schmerz
Des Weltenkrieges Tosen,
Es sinkt aus zolt'ger Brust das Herz
Den Schreiern in die Hosen.
Sie wollen's nicht gewesen sein.
Die Deutschland ins Verderben
Gerissen und in Not und Pein
Und in das große Sterben.
Der Frieden wird, trotz alledem,
Die Schwingen bald entfalten,
Dann werdet ihr, trotz alledem,
Die Rechnung prompt erhalten.
In Deutschland florierte nur noch das Geschäft auf der Börse, den
Rennplätzen und in der Schieberei. Die Herrschaften scheinen sich das
Versprechen gegeben zu haben, wenn auch alles zugrunde gehen
möge, bis zum letzten Augenblick durchzuhalten.
Es ist geschehn, der Bann gesprengt.
Der Deutsche» alter Jammer,
Das Volk ist nun vom Druck befreit,
Geborsten ist die Klammer.
Es kämpft für Freiheit, Menschlichkeit,
Drum wird es ihm gelingen,
Setzt es nur alle Kräfte ein,
Den Frieden zu erringen.
Ans Unjemach in Buljarien is bloß de spansche Jrippe schuld, von
der sich Ferdinand nu in Koburg kurieren kann. De Krankheit is ooch
bei die Terken ausjebrochen, die jleichfalls mit Enlentemedizi» behandelt
wer», wat sie aber de Dardanellen kosten wird.
Dein getreuer Säge, Schreiner.
Allherrscher Krieg.
Viel Schiffe ziehn auf der Ströme Flut,
Sie trugen dereinst des Friedens Gut —
Jetzt tragen sie Riesenlasten schwer
Für den Krieg, für den Kampf, für das
deutsche Leer.
Viel Lände schaffen in Leim und Fabrik,
Sie schufen Reichtum dereinst und Glück —
Jetzt ist ihre Kraft dem Zerstören geweiht,
Jetzt schaffen sie Unglück und Weh und Leid.
Viel Räder sausen mit eilender Last —
Sie sind bei dem Verderben zu Gast!
Viel Lämmer dröhnen mit Eisenklang -
Sie schmieden den Tod und den Untergang!
Das Roß, das übers Gefilde braust,
Das Auto, das auf den Straßen saust.
Das Flugzeug, das in die Lüfte stieg —
Sie dienen einzig dem Mörder Krieg!
All unser Denken, all unsre Kraft,
All was unser Volk erwirbt und schafft.
Ob alt, ob jung, ob groß, ob klein —
Verpflichtet ist es dem Krieg allein!
Dem Vampir gleich saugt er unser Blut,
Saugt unsre Labe und unser Gut,
All unser Glück, unfern Sonnenschein —
Wann wird das Untier verendet sein?
Ernst Klaar.
Glosse.
Der Friedenspalast im Haag ist zur Ver-
fügung gestellt — es fehlt nun nur noch der
Friede.
Lieber Jacob!
Bei uns in't Vorderhaus wohnte vor 'n paar
Jahren een Koofinann, der sich von Börsen-
spekulazjonen recht reichlich ernährte. Er legte
jedes Jahr 'n Haufen braune Lappen »ff de
hohe Kante, un kurz vor'n Krieg war er so-
weit, det er sich jrade in den unverdienten
Ruhestand versetzen wollte. Aber da kaui det
Jeschick ieber ihm, un in knappe vier Wochen
war er pleite. Keen Sechser blieb ihn iebrig,
un et jab keene Menschenseele, die ihn wat
pumpen wollte. Aber et war een juter Kern
in ihm. Er siedelte sich bei uns in't Hinter-
haus an un bejann reell un fleißig zu ar-
beeten. In diese Zeit habe ick ihm öfters je-
sprochen, un ick freite mir, wie verständig der
Mann durch seine Pleite jeworden war. „Wat
ick bisher jetrieben habe," sagte er mir eenmal.
„det war nischt wie Schwindel un ruhte uff
keene solide Basis »ich. Oogenblickserfolje, un
wenn se noch so jlänzend aussehen, machen
uff de Dauer nich fett, un wat ick insackte,
det mußte een anderer verlieren. Mein Un-
jlick is mein Jlick jewesen. Jetz bin ick een
nitzlicher Mensch jeworden, un wenn ick ooch
nich mehr in't Vorderhaus wohne, so brauche
ick mir dafor ooch nich selber anzuspucken!"
An diesen Mann mußte ick in de letzte Zeit
immer denken, wen» ick mir in de Lage
von unsere Alldeilschen un Vaterlandsparteiler
versetzen tat. Ooch ieber diese anjenehnien
Zeitjenossen is de Pleite rinjebrochen, un et
bietet sich for ihnen jetz de scheenste Jelejen-
heit, ihre verfehlten Spekulazjonen inzusehen
un jrindlich umzulernen. Aber leider machen
se von diese Jelejenheit ooch nich dem be-
scheidensten Jebrauch. Von alle die windijen
Hoffnungen un Versprechungen, mit die se
de Leite an de Reese herumjezogen haben, is
nischt iebrigjeblieben, un et jibt uff de jänze
Welt keene» zurechnungsfähijen Menschen
mehr, der se noch for eenen Sechser Ver-
trauen schenkt. Aber trotzdem wollen se sich
nich dazu bequemen, 'ne bescheidene pollitesche
Hinlerhauswohnung zu beziehe», sondern se
spreizen sich noch immer in'» Vorderjrund un
stellen sich ejal an, als wie wenn se von ihren
Schlamassel ieberhaupt nischt wißten. Aus
ihren janzen schmachvollen Zusammenbruch is
se bloß eens iebrigjeblieben, un det is ihre
jroße Schnauze. Mit diese hoffen se det Je-
schäft noch'ne Weile fortsetzen zu kennen, aber
et wird se nich jelingen, denn der Wind pfeift
jetz Jott sei Dank aus een anderes Loch!
Mit eenen unsoliden Spekulanten, dem det
verdiente Jeschick ereilt hat, kann ick Mit-
jefiehl haben, wenn er sein Unrecht insehen
tut un sich entschließt, von jetz ab ehrliche un
nitzliche Arbeet zu verrichten. Zu een Kerl
aber, der unscheniert weiterschwindelt un sich
dabei noch als Jroßkooz von Kleen-Pankow
uffspielen will, zu den sage ick: „Wenn du
dir nich selber anspuckst, denn tue ick et!"
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links!
iverden gegen Einsendung von 1 Mark für das
Vierteljahr oder 1 Mark 50 Pfennig für
10 Nummern jederzeit angenommen und
pünktlich ausgeführt durch die
Expedition des Wahren Jacob, Stuttgart.
Redalttonsschlutz 14. Oktober
Zur Amnestie.
Endlich!
M noveWäne. eT
Alldeutschland sieht in Schmach und Schmerz
Des Weltenkrieges Tosen,
Es sinkt aus zolt'ger Brust das Herz
Den Schreiern in die Hosen.
Sie wollen's nicht gewesen sein.
Die Deutschland ins Verderben
Gerissen und in Not und Pein
Und in das große Sterben.
Der Frieden wird, trotz alledem,
Die Schwingen bald entfalten,
Dann werdet ihr, trotz alledem,
Die Rechnung prompt erhalten.
In Deutschland florierte nur noch das Geschäft auf der Börse, den
Rennplätzen und in der Schieberei. Die Herrschaften scheinen sich das
Versprechen gegeben zu haben, wenn auch alles zugrunde gehen
möge, bis zum letzten Augenblick durchzuhalten.
Es ist geschehn, der Bann gesprengt.
Der Deutsche» alter Jammer,
Das Volk ist nun vom Druck befreit,
Geborsten ist die Klammer.
Es kämpft für Freiheit, Menschlichkeit,
Drum wird es ihm gelingen,
Setzt es nur alle Kräfte ein,
Den Frieden zu erringen.
Ans Unjemach in Buljarien is bloß de spansche Jrippe schuld, von
der sich Ferdinand nu in Koburg kurieren kann. De Krankheit is ooch
bei die Terken ausjebrochen, die jleichfalls mit Enlentemedizi» behandelt
wer», wat sie aber de Dardanellen kosten wird.
Dein getreuer Säge, Schreiner.
Allherrscher Krieg.
Viel Schiffe ziehn auf der Ströme Flut,
Sie trugen dereinst des Friedens Gut —
Jetzt tragen sie Riesenlasten schwer
Für den Krieg, für den Kampf, für das
deutsche Leer.
Viel Lände schaffen in Leim und Fabrik,
Sie schufen Reichtum dereinst und Glück —
Jetzt ist ihre Kraft dem Zerstören geweiht,
Jetzt schaffen sie Unglück und Weh und Leid.
Viel Räder sausen mit eilender Last —
Sie sind bei dem Verderben zu Gast!
Viel Lämmer dröhnen mit Eisenklang -
Sie schmieden den Tod und den Untergang!
Das Roß, das übers Gefilde braust,
Das Auto, das auf den Straßen saust.
Das Flugzeug, das in die Lüfte stieg —
Sie dienen einzig dem Mörder Krieg!
All unser Denken, all unsre Kraft,
All was unser Volk erwirbt und schafft.
Ob alt, ob jung, ob groß, ob klein —
Verpflichtet ist es dem Krieg allein!
Dem Vampir gleich saugt er unser Blut,
Saugt unsre Labe und unser Gut,
All unser Glück, unfern Sonnenschein —
Wann wird das Untier verendet sein?
Ernst Klaar.
Glosse.
Der Friedenspalast im Haag ist zur Ver-
fügung gestellt — es fehlt nun nur noch der
Friede.
Lieber Jacob!
Bei uns in't Vorderhaus wohnte vor 'n paar
Jahren een Koofinann, der sich von Börsen-
spekulazjonen recht reichlich ernährte. Er legte
jedes Jahr 'n Haufen braune Lappen »ff de
hohe Kante, un kurz vor'n Krieg war er so-
weit, det er sich jrade in den unverdienten
Ruhestand versetzen wollte. Aber da kaui det
Jeschick ieber ihm, un in knappe vier Wochen
war er pleite. Keen Sechser blieb ihn iebrig,
un et jab keene Menschenseele, die ihn wat
pumpen wollte. Aber et war een juter Kern
in ihm. Er siedelte sich bei uns in't Hinter-
haus an un bejann reell un fleißig zu ar-
beeten. In diese Zeit habe ick ihm öfters je-
sprochen, un ick freite mir, wie verständig der
Mann durch seine Pleite jeworden war. „Wat
ick bisher jetrieben habe," sagte er mir eenmal.
„det war nischt wie Schwindel un ruhte uff
keene solide Basis »ich. Oogenblickserfolje, un
wenn se noch so jlänzend aussehen, machen
uff de Dauer nich fett, un wat ick insackte,
det mußte een anderer verlieren. Mein Un-
jlick is mein Jlick jewesen. Jetz bin ick een
nitzlicher Mensch jeworden, un wenn ick ooch
nich mehr in't Vorderhaus wohne, so brauche
ick mir dafor ooch nich selber anzuspucken!"
An diesen Mann mußte ick in de letzte Zeit
immer denken, wen» ick mir in de Lage
von unsere Alldeilschen un Vaterlandsparteiler
versetzen tat. Ooch ieber diese anjenehnien
Zeitjenossen is de Pleite rinjebrochen, un et
bietet sich for ihnen jetz de scheenste Jelejen-
heit, ihre verfehlten Spekulazjonen inzusehen
un jrindlich umzulernen. Aber leider machen
se von diese Jelejenheit ooch nich dem be-
scheidensten Jebrauch. Von alle die windijen
Hoffnungen un Versprechungen, mit die se
de Leite an de Reese herumjezogen haben, is
nischt iebrigjeblieben, un et jibt uff de jänze
Welt keene» zurechnungsfähijen Menschen
mehr, der se noch for eenen Sechser Ver-
trauen schenkt. Aber trotzdem wollen se sich
nich dazu bequemen, 'ne bescheidene pollitesche
Hinlerhauswohnung zu beziehe», sondern se
spreizen sich noch immer in'» Vorderjrund un
stellen sich ejal an, als wie wenn se von ihren
Schlamassel ieberhaupt nischt wißten. Aus
ihren janzen schmachvollen Zusammenbruch is
se bloß eens iebrigjeblieben, un det is ihre
jroße Schnauze. Mit diese hoffen se det Je-
schäft noch'ne Weile fortsetzen zu kennen, aber
et wird se nich jelingen, denn der Wind pfeift
jetz Jott sei Dank aus een anderes Loch!
Mit eenen unsoliden Spekulanten, dem det
verdiente Jeschick ereilt hat, kann ick Mit-
jefiehl haben, wenn er sein Unrecht insehen
tut un sich entschließt, von jetz ab ehrliche un
nitzliche Arbeet zu verrichten. Zu een Kerl
aber, der unscheniert weiterschwindelt un sich
dabei noch als Jroßkooz von Kleen-Pankow
uffspielen will, zu den sage ick: „Wenn du
dir nich selber anspuckst, denn tue ick et!"
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links!
iverden gegen Einsendung von 1 Mark für das
Vierteljahr oder 1 Mark 50 Pfennig für
10 Nummern jederzeit angenommen und
pünktlich ausgeführt durch die
Expedition des Wahren Jacob, Stuttgart.
Redalttonsschlutz 14. Oktober