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Nun scheint -er Augenblick gekommen:
Zu Ende geht die große Zeit,
Die unser Deutschland fünfzig Monde
Mit ihren Segnungen erfreut/
Nun gibt's kein hadern mehr und Strei
Klar liegt zu ^ag das Resultat,
Nnö wir genießen jetzt die Zrüchte
Der weise ausgestreuten Saat.
Unsere Wohltäter.
Drum wenden dankbar sich die Blicke
Den Kräften zu, die ungestört
Und unbeirrt durch Nörglerwarnen
Uns dieses hohe Glück beschert:
i, Ohr, die ihr forsch und welterobernd
Die Zunge und die Zeder schwangt,
Kn blutigenphrasen euch berauschtet -
Seht euer Werk und seid bedankt!
Alldeutsche ihr von Wodans Gnaden,
Om Herzen haß, im Hirne Spreu!
Ohr Kriegsgewinnler, Schachrer, Schieber!
Und du, o Vaterlandspartei,
Die jeden neuen Zeind begrüßte
Mit Jubelrufen, laut und froh -
heil euch, ihr landetet am Ziele!
heil tkirpitz, ^raub und Reventlow!
Und du nicht minder fei gepriesen
Mit letztem hauch von Mann und Roß,
Du Gönnerin des U-Bootkrieges,
Du neunmalweise ^tante voß!
Durch die Jahrtausende wird währen
Das Denkmal, das ihr euch gesetzt - -
Drum spar' ich weitre Huldigungen
Und frage bloß: Wie wird euch jetzt?
Sulla.
.Herbstzeitlose.
Schön ist ein Zplinderhut,
Wenn man ihn gebrauchen tut.
Weltenwende.
Über die Erde donnert das Leid,
Aber die Erve rasen die Schmerzen,
Tief im Elend schmachten die Kerzen,
Ohne Grenzen das Weh der Zeit!
Staaten stürzen und schmettern zugrund,
Völker lösen uralte Bande
Neue Völker und neue Lande
Finden sich wieder zu neuem Bund.
Angstvoll hält den Atem die Welt,
Stockend lauschen rings die Nationen,
Denn noch klingt das Gebrüll der Kanonen,
Und vom Blute noch dampft das Feld.
Aus dem gärenden Zeitenschoß,
Aus der Angst und Qual dieser Tage
Lebt gigantisch sich eine Frage,
Ringt sich zagend ein Neues los.
Gierig heftet der starre Blick
Sich an dieses Werden und Wehen,
Dies Versinken und Neuerstehen,
Loffend keimendes Zukunftsglück.
Keine gellend lauten Iuhus
Brechen wild aus brünstiger Kehle,
Zitternd nur fragt die hoffende Seelen
„Völkersreiheit — Friede — bist du's?" E.Kl.
Deutschlands Errettung.
Ein finanzpolitischer Coup. Von Friedrich Wagner.
Langsam schlendere ich vor dem Portal des
Finanzministeriums auf und ab und starre
sinnend zu den hohen Bogenfenstern empor,
hinter denen ich meinen Kollegen von der
Feder vermute,! dessen Erscheinen ich erwarte.
Wird er Neuigkeiten bringen? Neuigkeiten,
die geeignet sino, die rpelterschülternden Ge-
schehnisse unserer Tage, die alle Phantasie
armseliger Zeitungsschreiber weit hinter sich
lassen, zu überragen? Ach, es sind jetzt schlechte
Zeiten, auch für uns Journalisten! Die Zeit
erfindet den Stoff und schreibt die Geschichte
ohne uns!
So gedankenschaukelnd, die Hände auf dem
Rücken, stelze ich von einem Bein auf das
andere. Endlich höre ich hinter mir ein
Knarren. Wie der Blitz fahre ich herum. Er
ist's! Aber was ist mit ihm los? Er ist außer
Rand und Band! „Servus!" schreie ich ihm
entgegen. Er rennt auf mich zu, packt meine
Hand und zieht mich hinter sich her. „Mensch-
Freund, komm schnell, rasch - ich habe phä-
nomenale Neuigkeiten!"
J>n Nu sind wir unter der Erde verschwun-
den und betreten die Untergrundbahnstation.
Mich quält die Neugierde wie ein Hund den
Knochen. „Freund, sag' doch bloß, ivas du
erfahren hast!"
„Halt's Maul, i»> Cafö Größenwahn ge-
steh' ich dir alles, eher nicht!"
Endlich saßen wir hinter dem Tisch, den der
Ober für uns um diese Zeit immer frei hält.
Ich lasse den dampfenden Kornkaffee stehen
und lausche deni Freund nach den Lippen.
Endlich tröpfelten die Worte aus den sonst
so lebhaften Sprachmitteln. „Also hör' mal!"
sprach mein Freund, „du weißt doch, daß wir
Großbetriebe haben mit riesigen Gewinnen?"
„Ja, freilich weiß ich das!"
„Und daß diese ihre Gewinne verstecken?"
„Jawohl! Auch das weiß ich!"
„Zu diesem Ziveck machen sie Abschrei-
bungen an Fabrikationsmitteln, Maschinen,
Inventar, Gebäulichkeiten!"
„Ja . - --?!"
„So hat zum Beispiel die Firma (er flüstert
mir den Namen einer bekannten Grotzfirma ins Ohr)
den Wert ihres gesamten Inventars bis auf
eine Mark abgeschrieben und so in die Bilanz
gesetzt! Und eine andere (ein zweiter Name
wirb geflüstert) auf fünf Mark!"
„Das ist Betrug!"
„Eine andere auf hundert Mark!"
„Aber deine Neuigkeit, Freund! .Das wissen
doch schon die Spatzen!"
„Nun höre — der Finanzminister hat durch
Bücherrevisoren Einblick in tausend solche Be-
lriebsbilanzen bekommen — er — er — wird
— mit Hilfe des Handelsministers sänitliches
Inventar dieser tausend und noch mehr Be-
triebe zum Bnchivert für den Staat an-
kaufen! Für lumpige 10000 Mark kann er so
die ganzen Industriebauten mit Maschinen
und Patente» haben —!"
„Donnerwetter — das ist eine feine Idee!"
Wir lachen beide spitzbübisch.
„Und^>ann wird er sie den Inhabern gegen
jährliche Pachtsummen wieder überlassen —!"
„Und die Höhe der Pachtsumme?"
„25 Prozent der Bruttoeinnahmen!"
„Au —! Autsch! Das bringt Geld! "
„Der Finanzminister rechnet nach vorheriger
Zusammenlegung der einzelnen Fabrikations-
zweige mit tausend Betrieben mit mindestens
40 Millionen Umsatz."
„Das wären 1000 mal 10 Millionen Mark
Pacht oder gleich 10 Milliarden - das wäre ja
genug zur Deckung unserer Zinsenschuld—?!"
Ich fahre auf und stecke zitternd den Blei-
stift in die Westentasche und renne, renne in
die Redaktion. Endlich mal was ganz uner-
hört Neues!
Guter Rat.
Schreib niemals einen Brief, mein Lohn,
Doch wenn's nicht anders geht,
5o merk dir wenigstens genau,
Ivas in demselben steht.
Venn schriebst du gestern jo, mein Lohn
Und sprichst du anders heut -
1 So krittelt, nörgelt, zweifelt man
Kn deiner Ehrlichkeit.
Orum dürfte es das beste sein,
Und dieses rat ich dir:
Halt sorglich schon als Rind dich fern
von Tinte und Papier!
Beherz'ge diesen guten Uat,
Mein Sohn, eh es zu spät:
Bewahre deine Unschuld dir
Und bleib Knalphabet! Tobias.
Nun scheint -er Augenblick gekommen:
Zu Ende geht die große Zeit,
Die unser Deutschland fünfzig Monde
Mit ihren Segnungen erfreut/
Nun gibt's kein hadern mehr und Strei
Klar liegt zu ^ag das Resultat,
Nnö wir genießen jetzt die Zrüchte
Der weise ausgestreuten Saat.
Unsere Wohltäter.
Drum wenden dankbar sich die Blicke
Den Kräften zu, die ungestört
Und unbeirrt durch Nörglerwarnen
Uns dieses hohe Glück beschert:
i, Ohr, die ihr forsch und welterobernd
Die Zunge und die Zeder schwangt,
Kn blutigenphrasen euch berauschtet -
Seht euer Werk und seid bedankt!
Alldeutsche ihr von Wodans Gnaden,
Om Herzen haß, im Hirne Spreu!
Ohr Kriegsgewinnler, Schachrer, Schieber!
Und du, o Vaterlandspartei,
Die jeden neuen Zeind begrüßte
Mit Jubelrufen, laut und froh -
heil euch, ihr landetet am Ziele!
heil tkirpitz, ^raub und Reventlow!
Und du nicht minder fei gepriesen
Mit letztem hauch von Mann und Roß,
Du Gönnerin des U-Bootkrieges,
Du neunmalweise ^tante voß!
Durch die Jahrtausende wird währen
Das Denkmal, das ihr euch gesetzt - -
Drum spar' ich weitre Huldigungen
Und frage bloß: Wie wird euch jetzt?
Sulla.
.Herbstzeitlose.
Schön ist ein Zplinderhut,
Wenn man ihn gebrauchen tut.
Weltenwende.
Über die Erde donnert das Leid,
Aber die Erve rasen die Schmerzen,
Tief im Elend schmachten die Kerzen,
Ohne Grenzen das Weh der Zeit!
Staaten stürzen und schmettern zugrund,
Völker lösen uralte Bande
Neue Völker und neue Lande
Finden sich wieder zu neuem Bund.
Angstvoll hält den Atem die Welt,
Stockend lauschen rings die Nationen,
Denn noch klingt das Gebrüll der Kanonen,
Und vom Blute noch dampft das Feld.
Aus dem gärenden Zeitenschoß,
Aus der Angst und Qual dieser Tage
Lebt gigantisch sich eine Frage,
Ringt sich zagend ein Neues los.
Gierig heftet der starre Blick
Sich an dieses Werden und Wehen,
Dies Versinken und Neuerstehen,
Loffend keimendes Zukunftsglück.
Keine gellend lauten Iuhus
Brechen wild aus brünstiger Kehle,
Zitternd nur fragt die hoffende Seelen
„Völkersreiheit — Friede — bist du's?" E.Kl.
Deutschlands Errettung.
Ein finanzpolitischer Coup. Von Friedrich Wagner.
Langsam schlendere ich vor dem Portal des
Finanzministeriums auf und ab und starre
sinnend zu den hohen Bogenfenstern empor,
hinter denen ich meinen Kollegen von der
Feder vermute,! dessen Erscheinen ich erwarte.
Wird er Neuigkeiten bringen? Neuigkeiten,
die geeignet sino, die rpelterschülternden Ge-
schehnisse unserer Tage, die alle Phantasie
armseliger Zeitungsschreiber weit hinter sich
lassen, zu überragen? Ach, es sind jetzt schlechte
Zeiten, auch für uns Journalisten! Die Zeit
erfindet den Stoff und schreibt die Geschichte
ohne uns!
So gedankenschaukelnd, die Hände auf dem
Rücken, stelze ich von einem Bein auf das
andere. Endlich höre ich hinter mir ein
Knarren. Wie der Blitz fahre ich herum. Er
ist's! Aber was ist mit ihm los? Er ist außer
Rand und Band! „Servus!" schreie ich ihm
entgegen. Er rennt auf mich zu, packt meine
Hand und zieht mich hinter sich her. „Mensch-
Freund, komm schnell, rasch - ich habe phä-
nomenale Neuigkeiten!"
J>n Nu sind wir unter der Erde verschwun-
den und betreten die Untergrundbahnstation.
Mich quält die Neugierde wie ein Hund den
Knochen. „Freund, sag' doch bloß, ivas du
erfahren hast!"
„Halt's Maul, i»> Cafö Größenwahn ge-
steh' ich dir alles, eher nicht!"
Endlich saßen wir hinter dem Tisch, den der
Ober für uns um diese Zeit immer frei hält.
Ich lasse den dampfenden Kornkaffee stehen
und lausche deni Freund nach den Lippen.
Endlich tröpfelten die Worte aus den sonst
so lebhaften Sprachmitteln. „Also hör' mal!"
sprach mein Freund, „du weißt doch, daß wir
Großbetriebe haben mit riesigen Gewinnen?"
„Ja, freilich weiß ich das!"
„Und daß diese ihre Gewinne verstecken?"
„Jawohl! Auch das weiß ich!"
„Zu diesem Ziveck machen sie Abschrei-
bungen an Fabrikationsmitteln, Maschinen,
Inventar, Gebäulichkeiten!"
„Ja . - --?!"
„So hat zum Beispiel die Firma (er flüstert
mir den Namen einer bekannten Grotzfirma ins Ohr)
den Wert ihres gesamten Inventars bis auf
eine Mark abgeschrieben und so in die Bilanz
gesetzt! Und eine andere (ein zweiter Name
wirb geflüstert) auf fünf Mark!"
„Das ist Betrug!"
„Eine andere auf hundert Mark!"
„Aber deine Neuigkeit, Freund! .Das wissen
doch schon die Spatzen!"
„Nun höre — der Finanzminister hat durch
Bücherrevisoren Einblick in tausend solche Be-
lriebsbilanzen bekommen — er — er — wird
— mit Hilfe des Handelsministers sänitliches
Inventar dieser tausend und noch mehr Be-
triebe zum Bnchivert für den Staat an-
kaufen! Für lumpige 10000 Mark kann er so
die ganzen Industriebauten mit Maschinen
und Patente» haben —!"
„Donnerwetter — das ist eine feine Idee!"
Wir lachen beide spitzbübisch.
„Und^>ann wird er sie den Inhabern gegen
jährliche Pachtsummen wieder überlassen —!"
„Und die Höhe der Pachtsumme?"
„25 Prozent der Bruttoeinnahmen!"
„Au —! Autsch! Das bringt Geld! "
„Der Finanzminister rechnet nach vorheriger
Zusammenlegung der einzelnen Fabrikations-
zweige mit tausend Betrieben mit mindestens
40 Millionen Umsatz."
„Das wären 1000 mal 10 Millionen Mark
Pacht oder gleich 10 Milliarden - das wäre ja
genug zur Deckung unserer Zinsenschuld—?!"
Ich fahre auf und stecke zitternd den Blei-
stift in die Westentasche und renne, renne in
die Redaktion. Endlich mal was ganz uner-
hört Neues!
Guter Rat.
Schreib niemals einen Brief, mein Lohn,
Doch wenn's nicht anders geht,
5o merk dir wenigstens genau,
Ivas in demselben steht.
Venn schriebst du gestern jo, mein Lohn
Und sprichst du anders heut -
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Kn deiner Ehrlichkeit.
Orum dürfte es das beste sein,
Und dieses rat ich dir:
Halt sorglich schon als Rind dich fern
von Tinte und Papier!
Beherz'ge diesen guten Uat,
Mein Sohn, eh es zu spät:
Bewahre deine Unschuld dir
Und bleib Knalphabet! Tobias.