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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 8 (22. Februar)
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WELTKUNST

3

Nr. 8 vom 22. Februar 1931

Vnn Schreibpult des Erzherzogs Ferdinand
nDT>rol zählt.
kun azu kommen noch geschlossene Gruppen
^»gewerblicher Gegenstände alter Zeit:
Fo Urne, Gläser, Fingerringe, Pulverhörner,
nij^^odelle, Bestecke, Kacheln, astrono-
pke und chirurgische Instrumente.
D e lne Sammlung für sich bilden die Vien-
^sia. Hier finden sich einige der schön¬

sten M i niatur en von Füger, Daffinger,
Kreußinger und dem älteren Lieder, Bilder
der Angelika Kauffmann, von J. B. Lanyoi d. Ä.
und Waldmüller, Andenken an Beethoven
und Fanny Elßler, Wiener Goldschmiede-
arbeiten und Bronzemörser, Gläser von
Mildner und Kofhgasser und noch so manches
andere, was aufzuzählen zu weit führen
würde. St. P.-N.

Das Pergamon-Museum
Ein Schlußwort*)
Von
Dr. Wilhelm von Massow
Kustos am Pergamon- Museum, Berlin

Gedanke kommt ihm gar

^f.Prof. v. Schöfer halte in der „Weli-
eine sachlich wenig fundierte,
Ausdrücke wie „Kuriositäten-

■ 'ier
Sst“ Nr. ”2
durch _ .... „_
‘ unnötig zugespißte Kritik an der
br-VF^ung des Pergamon-Museums ge-
hgrr|t worauf ich in Nr. 5 scharf erwidert
denF:. We,il seine Darlegungen in höchst be-
^chen Änderungsvorschlägen gipfelten,
br bei seiner Stellung als Architekt und
Ve. . Sor für Baugeschichte geeignet waren,
ge Kirrung anzurichten. In seiner Ent-
j^unung jn Nr. 7 der „Weltkunst“ hat er sich
'.°n der Polemik derart vergessen, daß
ty. Sle auf sich selbst beruhen lassen würde,
er n'ch* nachdrücklich versuchte, seine
Glücklichen Änderungen weiter zu
fehlen.
.Nach Herrn v. Schöfer sollte ich einen
hSentlichen Teil meiner Pflichten als
Seurnsbeamter „besser den Architekten
prer'assen“. Des guten Rates bedarf es in
bjpGen des Bauens um so weniger, als wir
|<r, die Freude haben, mit Herren dieses
es zusammenzuarbeiten, die ihrer Auf-
ipil volles Verständnis entgegenbringen und
§ . uns die Probleme wirklich nach allen
Vq en hin durchdenken. Die Ausführungen
tg ? Herrn v. Schöfer dagegen haben mich
flü\* . davon überzeugt, daß er über ober-
ü etliches Theoretisieren hinauskommt. Einen
^.ersten Grundsäße, die der angehende
q uhilekt lernt, nämlich mit dem vorhandenen
Qüi^dratmeter zu rechnen, scheint ihm gleich-
ug zu sein. Er verficht weiter seinen Vor-
a9 eines Oberlichtsaales im Ehrenhof
? Museumsneubaus, hütet sich aber wohl-
ß ‘such, auf die Ausführbarkeit einzugehen.
Ü ,S nebenbei durch einen solchen Saal sämt-
jtj’e nach dem Hof zu gelegenen Räume ihrer
i-Qi^ier und damit des Lichts und der Luft be-
bichii würden- der

nahe unlöslich verbunden wurden, und das gilt
museumsiechnisch doch als recht anfechtbare
Befestigungsari.“ Wer den Fries kennt,
weiß, daß der größte Teil seiner Platten der
ursprünglichen Standfläche entbehrt. Im
Altertum wurden die Friesblöcke im Roh-
zustand verseßt, nach allen Seiten stark ver-
klammert und dann erst sikulpiert. Jeßt wür-
den fast sämtliche Platten nach vorn über-
kippen, wenn sie nicht ganz fest in der Wand
verankert worden wären. Sein Geheimnis,
wie er die Aufgabe gemeistert hätte, verrät
uns Herr Professor v. Schöfer nicht. Es bleibt
ihm unbenommen, ex cathedra zu dozieren,
daß man Steinplatten von 2000 Kilo Gewicht
mit Fischleim oder Gummi arabicum an Wän-
den zu befestigen habe. Er braucht sich aber
nicht zu wundern, daß wir wohlgemeinte Rat-
schläge auf ihren Wert und ihre Ausführbar-
keit prüfen und uns gegen solche zur Wehr
seßen, die nichts als eine überflüssige Beun-
ruhigung der Öffentlichkeit bedeuten.
Neue zentral¬
asiatische Funde
Galerie der Nouvelle Revue
Frangaise, Paris
Von
Dr. Fritz Neugass, Paris
Die große Verlagsanstalt der N. R. F., dies
ist die geläufige Abkürzung für „Nouvelle
Revue F r a n g a i s e", hat in ihrem neuen
Hause eine Galerie eröffnet, um ihrem
Publikum besonders die Äußerungen fremder
Kulturen vorzustellen. Das Programm, das

Es sind immer religiöse Motive — denn
eine profane Kunst gab es zu dieser Zeit
nicht —, und zwar vorwiegend Boddhisatva’s,
das ist die Darstellung des Prinzen Buddha
vor der Vergottung. Dazu kommen noch
Buddhaköpfe, die schon den vergöttlichten
Buddha zeigen und die bereits den Kreis auf
der Stirne tragen. Frauen- und Mäd-
chenköpfe (Abbildung unten rechts), deren
Bedeutung nicht festzulegen ist, fand man
noch bei den Tempelresten, wo die Grabungen
unternommen worden sind. Man nimmt an,
daß dies Stifterfiguren sind, die als fromme
gläubige Menschen ihr Ebenbild neben dem
des Gottes aufgestellt wissen wollten.
Erschwert wird die Einordnung noch durch
den seltsamen Schmuck, den Kronen und Ge-
wändern, welche diese kleinen Statuen auf-
zeigen. Es sind ganz fremde Formen, die bis
jeßt in keiner der entdeckten Kulturen nach-
gewiesen werden konnten.
Der seelische Ausdruck dieser Köpfe
mutet geradezu modern an. Es ist für uns
Westeuropäer darin die ganze Gefühlswelt

der frühgotischen Skulpturen von Mois-
sac, Chartres und Reims erhalten (Abbildung
unten links) und bisweilen — in der technischen
Behandlung — glauben wir in ihnen Stuck-
Kopien nach griechisch-archaischen Bronze-
köpfen zu erkennen.
Daß zumeist nur die Köpfe — und nur ganz
selten auch die Körper — gefunden wurden,
ist wahrscheinlich auf die Ursprünge der
Völkerwanderung zurückzuführen, wobei die
zentralasiatischen Stämme nach Westen vor-
gedrungen sind und die Köpfe von diesen
Statuen abgeschlagen haben. Sie fielen in
den Sand und wurden dort durch Wüsten-
stürme überdeckt. Als dann später bei Aus-
breitung des Islams die Muselmanen nach
Osten vordrangen, um das Wort des Pro-
pheten zu verkünden, vernichteten sie alles,
was ihnen noch an buddhistischen Denkmälern
begegnet ist. So kommt es, daß diese klei-
nen Köpfe, die — im Sande versteckt — sich
vorzüglich erhalten haben, heute als einziges
Denkmal einer hohen vergangenen Kultur auf
uns gekommen sind.

D ie Persische Ausstellung
Londoner Brief
von
Werner Grote-Hasenbalg

Eine große, gewaltige Schau, auf der die
schimmernde orientalische Pracht vergange-
ner Jahrhunderte ein gewichtiges Wort redet.
Wie sich die Kunst des Islams die ihr zu-
kommende Würdigung in den leßten 50 Jahren
erringen mußte, hat uns Prof. Sarre in Nr. 4
der WELTKUNST in anschaulicher Weise ge-
schildert. Er feilt mit Wilhelm v. Bode das
große Verdienst, daß dieser Kunstzweig zu
seiner heutigen Anerkennung kam und wissen-
schaftlich behandelt wurde.
Wenn man heute auch das Wichtigste über
islamische Kunst wissenschaftlich fixiert hat,
so zeigt gerade wieder diese Ausstellung,
wieviel Lücken noch klaffen und welche
Probleme noch offen sind. So wissen wir
heute über die Teppiche des 16. und 17. Jahr-
hunderts, um nur ein Beispiel zu nennen,
besser Bescheid, als über Stücke der Periode,
die wir als 18. Jahrhundert bezeichnen, besser
gesagt, die Zeit, wo Vereinfachung und zu-
nehmender Verfall der persischen Kunst sich
in den Teppichen ausdrückt. Das sind eigent-
lich zwei Abschnitte, von 1680 bis 1736, dem
Staatsstreich Nadir Schahs, und von diesem
Zeitpunkt bis 1840, wo die persische Kunst

Hand in Hand zu arbeiten und über rein ge-
schäftliche Interessen heraus die Arbeit auf
diesem Gebiet zu fördern. Zu lange hat der
Handel mit orientalischem Kunstgewerbe in
den Händen von tüchtigen Geschäftsleuten ge-
legen, denen weniger an der Qualität des
Objekts vom kunsthistorischen Standpunkt
aus, als an seiner Absaßfähigkeit für breite
Massen und ihrer Verwendung für den prak-
tischen Gebrauch lag. So wie bei der Kunst
Chinas ist hier eine Spezialisierung auf dies
Gebiet wichtig und angezeigt. Was wir in
London in reicher Fülle zu sehen bekommen,
sind meistens Objekte, die heute im Kunsi-
handel nur noch ganz vereinzelt vorkommen.
China scheint unermeßlich zu sein an
seinen Beständen historischer Kunstobjekte,
im Gegensaß zu Persien, wo in einem dünn
bevölkerten Land viel weniger Gegenstände
auf bewahrt bleiben konnten und Grabbei-
gaben nur bei den Allerobersten des Landes
üblich waren. Heute wird man nur an diesen
Stätten in reicherer Anzahl an Geweben noch
unveräußerliche Werte finden, sonst sind alle
Schäße gehoben. Wirkliche Qualität findet
man heute fast nur noch im Abendland, wenig

einer

Herr
Ver-

vom
vor-
Er
von

ü Andere, ernster zu nehmende Vorschläge,
Q Raum zu f'
Santenfries r
i,dern ießigen Saal „unreizuomigen wäre,
t|pp man vergeblich. Wie ich früher schrieb,
fhehlL
k011'
Sä'
>.urch rv

finden, in dem der
nach seiner Entfernung
l „unterzubringen“ wäre,
v. Schöfer weiß ja selbst, daß der Raum
, Aber der Gedanke, den ganzen Fries
einmal umzuseßen, war wohl zu wert-
Uni ihn unterdrücken zu können. In dem
~cn, diesen fahrlässigen Vorschlag
rch Dick uncj Dänn zu verteidigen, enthüllt
'ich v' Schöfer eine Einstellung zu den frag-
y. ,1'-n Problemen, die ein eigentümliches Licht
ß 1 den Wert seines Urteils werfen. Er hätte
hySser getan, sich vor seinen Beiträgen über-
Ofjübt erst einmal über den Pergamonalfar zu
q ?ütieren_ yon der Unkenntnis der
g^’ginale und unserer Magazinbesiände ab-
AuSetlen, scheint ihm der dritte Band der
hj- eHümer von Pergamon noch nicht in die
Sq?de geraten zu sein. Er würde sonst den
„Angesichts der Tatsache, daß
h^öau so gut wie keine Originalstücke
Sef?den sind“ errötend korrigieren.
reibf ferner: „Glaubt denn Herr
hhnS?°w- daß die Öffentlichkeit nicht auch
tjg» daß diese zerbrechlichen Friesstücke
ßa verhältnismäßig beschwerlichen Weg vom
g^döerg von Pergamon bis Berlin zurück-
0Ü e9t haben?“ Ich glaube, die Öffentlichkeit
V rl etwas anderes, nämlich daß Herr
Iri?chöfer gar nicht gemerkt hat, welch einen
Al ‘^schied es bedeutet, ob man einzelne
bcrJüorfragmente transportiert oder große
5^’en von 40 bis 50 Zentnern Gewicht, die
einer Unzahl von zerbrechlichen, mor-
en und oft nur an schmalen Bruchstellen
W^eseßfen Stücken zusammengestellt sind.
Abzug des Westfrieses, der ja wohl an
Alfaraufbau verbleiben dürfte, wären
ty'1'1 neunzig Platten zu verseßen. Das An-
nderfügen im jeßigen Zustand erfordert
ü-fviel Sorgfalt und damit Zeit und Arbeits-
l\ü?’e> daß schon eine reichliche Unbe-
i’ÖH ertheit um praktische Fragen dazu ge-
um sich über die erforderlichen Riesen-
Fen zu wundern. Das können auch
bg.^eleien über die früher für den Gesamt-
ßj,/Verausgabten Summen nicht vertuschen.
dJ’en diese Bedenken gegen ein Umseßen
Frieses nicht genügen, so sei noch be-
9ejrM, daß vor einem Menschenalter aus Man-
',ri Erfahrung Kitt- und Dübelarten ver-
h5rndet worden sind, die sich als schädlich
^Ausgestellt haben. So sind lroß aller er-
ßrül'uehen Vorsicht beim leßlen Aufstellen
\\'l(.y e vorgekommen, die sich bei
(5*erholung vervielfachen würden.
V. ^Zeichnend für die Art, wie
UnJFhöfer seinen Gegner durch
ttiük'ltnPfung zu treffen sucht, ist sein Be-
MfCen> ihm eine Pflichtvenleßung anzuhängen.
iißf' liest: „Im übrigen könnte das Enfseßen
l6s r Gefahren und riesige Kosten des Los-
kQ(11ns der Friesplatten die Vermutung auf-
\^enjassen, daß sie mit den Wänden bei-
F>ie bisherige P >lemik über das Pergamon-
>'•fsat01 begann in Nr. 2 der „Weltkunst“ mit einem
ri von Prof. v. Schöfer, Aachen, brachte
M.' ® eine Entgegnung von Dr. v. M a s s o w und
‘ eine Replik von Prof. v. Schöfer.


Gotisch-buddhistischer Männer-Kopf aus Zentral-Asien. IV. Jahrh.
Sculpture Gothico-Bouddhique de l’Asie centrale, IVe siede
Gothico-Buddhist sculpture of Central-Asia, IVth Century
Stuck — stuc — stucco
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie de la Nouvelle Revue Franqaise, Paris

Gotisch-buddhistischer Frauen-Kopf aus Zentral-Asien, IV. Jahrh.
Sculpture Gothico-Bouddhique de l’Asie centrale, IVe siede
Gothico-Buddhist sculpture of Central-Asia, IVth Century
Stuck — stuc — stucco
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Galerie de la Nouvelle Revue Franfaise, Paris

die neue Galerie sich vorgenommen hat, ist
höchst interessant und zeugt von einer star-
ken Initiative, welche die Leitung der N. R. F.
mit diesem Unternehmen äußert.
Die Eröffnungsausstellung zeigte in Paris
zum ersten Male die Ausgrabungsergebnisse,
die Andre M a I r a u x im Sommer 1930 in
Zentralasien, im Grenzgebiet von
Afghanistan und Chinesisch-Turkestan bei
Tash-Kougan und Pamir erzielt hat. Es
sind dies über 100 Köpfe in Stuck — bis-
weilen getönt , die alle aus dem buddhisti-
schen Kulturkreise, ungefähr aus dem 4. Jahr-
hundert n. Chr., stammen. Da die zentral-
asiatische Archäologie noch völlig unentwickelt
ist, so wird es uns schwer sein, genaue Zeit-
und Schulbestimmungen, ja sogar die ikono-
graphische Bedeutung dieser Köpfe zu finden.

durch verstärkte europäische Einflüsse so
stark erschüttert wurde, daß sie von
1840 ab ihre Selbständigkeit fast voll-
kommen verloren hat.
Einem anderen orientalischen Kunstzweig,
der Kunst Chinas, ist in den leßten Jahr-
zehnten durch die islamische Kunst ein großer
Konkurrent entstanden. Wie sehr der Kunst-
handel die Arbeit des Wissenschaftlers in
bezug auf die chinesische Kunst untersiüßt
hat, hat erst vor kurzem Kümmel anerkannt.
Das kann man von der islamischen Kunst, und
im engeren Sinn der persischen, nicht ohne
weiteres behaupten. Eigentlich erst in leßter
Zeit — wenn man von einigen großen Samm-
lern und Kunsthändlern in Konstantinopel,
Paris und London absieht —, beginnen einige
wenige Kunsthändler, mit dem Wissenschaftler

in Konstantinopel, fast nichts in Persien
selbst. Dazu kommt, daß man bei Einge-
borenen in China eine Menge Kenner und
Sammler dieser Kunst findet, nicht aber im
nahen Orient.
Daß das Land Persien in seinen künst-
lerischen islamischen Erzeugnissen dominieren
mußte, ist schon dadurch bedingt, daß es
schon vordem — viele Jahrhunderte vor
Christus — ein hohes Niveau seines Kunst-
schaffens erreicht hat, was uns diese Aus-
stellung in eindringlicher Weise zeigt.
Die Lurisian-Bronzen des 8. bis
5. Jahrhunderts vor Christus, die hier auf dieser
Ausstellung zum ersten Male in einer
größeren Anzahl der Öffentlichkeit gezeigt
werden, bilden ebenso sehr eine Sensation,
(Fortsetzung auf Seite 8)
 
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