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Wölfflin, Heinrich
Das Erklären von Kunstwerken — Leipzig, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.29065#0011
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rung machen, daß eine gewisse Erziehung dazu
gehört, um die Form so aufzufassen, wie sie auf-
gefaßt sein will. Das Einzelne sieht jeder, die
Schwierigkeit liegt im Zusammensehen des
Ganzen: daß man nicht den einzelnen Lichtfleck
sieht, sondern den Rhythmus des Lichtgangs im
großen; nicht den einzelnen Baum, Teich oder
Hügel, sondern das gesamte Formgefüge, was
für eine Figur Himmel und Erde zusammen
machen und wie diese Figur im Rahmen drin
steht. Auch in bezug auf Farbe versagt zunächst
das Auge vor der Forderung, die Farbengesamt-
heit aufzufassen, das System der gegenseitig sich
stützenden und steigernden Töne, die farbigen
Entsprechungen und Widersprechungen, wie
sie durch das Bild im ganzen durchgehen. Und
nun liegt ja Farbe, Licht und zeichnerischeForm
nicht als etwas Gesondertes nebeneinander, son-
dern alles entspringt aus einem und demselben
Quell, und erst wenn wir die Einheit fühlen, wie
diese Elemente sich gegenseitig bedingen, ha-
ben wir den Standpunkt gewonnen, von dem
aus wir dem Bild in die Augen zu sehen vermö-
gen, so daß nun seine Seele zu uns zu sprechen
anfangen kann.

Das ist ein einfacher Fall, weil uns der male-
rische Stil des XVII. Jahrhunderts vertraut ist,

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