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PSYCHOLOGISCHE UND FORMALE ANALYSE DER ARCHITEKTUR

Rimini hier Köpfe in runden Medaillons gibt1 und später bekanntlich dieser
Platz für schwebende Viktorien bestimmt wird. Ein Füllungsmotiv bringen da-
gegen die Intercolumnienflächen, wenigstens an der Seite nach der Stadt zu:
nischenähnliche schmale Höhlungen zeigen, daß hier ein trophäenartiger
Schmuck aufgestellt war. Andern Orts, wie zum Beispiel in S. Remy, gibt man
auch Statuen, an die glatte Wand geheftet. Stilistisch bedeutsam ist dabei, daß
in allen älteren Beispielen die Füllung dieser Flächen in vertikalem Sinn ge-
schieht, während man später eine horizontale Teilungsform bevorzugt.

Die Attica, wie gesagt, fehlt. Es ist wahrscheinlich, daß sie an der Gliederung
des FTnterbaues (breites Mittelfeld, schmale Seitenfelder) teilgenommen habe;
wenigstens gibt es keine Gegenbeispiele. Dagegen kommt auch eine Auflösung
der Attica in lauter Einzelpostamente (für Statuen) bei besonders reichen Denk-
mälern älteren Stils vor. In kleinen Verhältnissen gibt der Sergierbogen von
Pola2 dafür ein Beispiel3, in großen der pompöse Bogen von Orange. Von dem
Motiv eines Vorgesetzten Giebels, der auch bei Aosta vermutet werden kann,
wird beim nächsten Bogen die Rede sein.

Zwischen dem Bogen von Aosta und dem Titusbogen liegen mehr als hun-
dert Jahre. Es muß dringend wünschbar scheinen, diese lange Zeit noch durch
ein Zwischenglied auszufüllen. Gräfs Zusammenstellung bietet dieses nicht; es
ist aber vorhanden und zwar in dem Gavierbogen von Verona, der nicht - wie
Gräf annimmt - trajanisch ist, sondern dem augusteischen oder wenigstens dem
julischen Zeitalter angehört. Es wird das aus der stilistischen Analyse mit Not-
wendigkeit hervorgehen. Wenn dem Bogen überhaupt aber eine geringere Be-
achtung bisher zuteil geworden ist, so mag daran schuld sein, daß er nur noch
in Zeichnungen und alten Publikationen studiert werden kann, indem er 1805
demoliert wurde. Rossini gibt eine Abbildung nach einer unedierten Zeichnung
des Palladio, der seinerseits einst eine Sammlung von Triumphbogen zur Ver-
öffentlichung vorbereitet hatte4 5. Man kann damit den Holzschnitt bei Serlio
vergleichen im dritten Buche seiner «Architettura»0 (s. Fig. 2).

Der Bogen der Gavier ist schon viel feiner als der von Aosta. Wenn auch
gerade hinsichtlich der Proportionen alte Zeichnungen nicht als zuverlässige
Urkunden gelten können, so ist doch deutlich wahrnehmbar, daß der Bogen
eine schlankere Bildung empfangen hat und daß die Seitenteile zum Mittelteil
in besseres Verhältnis gebracht sind, indem ihnen eine größere Bedeutung zu-

1 An den noch älteren Toren von Perugia sind es Köpfe ohne Medaillonfassung.

2 Rossini, tav. 7, 8. - Baumeister, Abb. 308.

3 Es ist ein Irrtum, diesen Bau in trajanische Zeit hinabzurücken, wie Gräf es tut. Die Inschrift
bestimmt zweifellos die augusteische Epoche als Entstehungszeit.

4 Rossini, tav. 19.

5 Ausgabe in 40. Venezia, 1566, fol. 112.

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