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Woermann, Karl
Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker (Band 1): Die Kunst der Urzeit, die alte Kunst Ägyptens, Westasiens und der Mittelmeerländer — Leipzig: Bibliograph. Inst., 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.66389#0211
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Die paphlagoniſchen und phrygiſchen Felſengräber. 163

zu den jüngſten das von Karakojunlu, deſſen Giebel bereits palmettenartige Mittel- und Eck-
aufſätze (Akroterien) trug, während ſeine nur in Bruchſtücken erhaltenen drei Säulen (Abb. 172)
mit ihrem plumpen Wulſtfuß und ihrem Kelchkapitell, das dünne, eingerollte Seitenblätter
ſchmücken, ſo ungriechiſch dreinblickt wie möglich. Von den giebelloſen Anlagen dieſer Art
ſeien noch die zweiſäulige von Kalekapu wegen ihrer Tier⸗ .
kapitelle und Tierreliefs, die dreiſäulige von Terelik wegen „
ihres Reliefs des Löwenwürgers, die vierſäulige von Aſſarkbi
wegen ihrer derben Würfelkapitelle hervorgehoben. Von den
paphlagoniſchen Faſſaden mit Giebeln fällt die des Felſen-
grabes bei Korgun durch ihre Einſäuligkeit und die un-
gewöhnliche Höhe ihres Giebels (45 m) auf, feſſelt das zwei-
ſäulige Felſengrab von Kaſtamuni durch ſein Giebelrelief
einer menſchlichen Geſtalt zwiſchen Sphinxen, wirkt die drei-
ſäulige Grabhalle von Hambarkaja (Abb. 173) durch die in
freier Rundbildung vor ihr lagernden drei Löwen. Eine
der vier Grabfaſſaden zu Iskelib trägt Säulen mit Löwen-
köpfen ſtatt der Kapitelle. Leonhard hebt die hettitiſche
Technik der meiſten paphlagoniſchen Bildwerke hervor. 2 15
Der phrygiſchen Felſengräber hat ſich nach den Er— e ee 8 100%
örterungen Ramſays, Rebers und Körtes namentlich Bran-
denburg angenommen. Wir haben uns die älteren von ihnen, die uns hier allein angehen,
zwiſchen 1000 und 800 v. Chr., alſo entſchieden vor jedem griechiſchen Einfluſſe, entſtanden zu
denken. Die phrygiſchen Felſenfaſſaden ſind über einen Flächenraum zerſtreut, der von Nord-
oſten nach Südweſten 40 km lang iſt. Die Säulen-
vorhallen der paphlagoniſchen Felſengräber fehlen
ihnen vollſtändig. Man pflegt zwiſchen phrygiſchen
„Bildwerkfaſſaden“ und „Quadratmuſterfaſſaden“
zu unterſcheiden. Von den giebelloſen Bildfaſſaden
iſt die berühmteſte und wohl auch älteſte der Arslan-
Taſch, der „Löwenſtein“ unweit Ajaſins. Die
wirkungsvolle Schauſeite (Abb. 174), in deren Mitte
ſich eine nachgeahmte Holztür öffnet, wird ganz von
zwei mächtigen, lebendig durchgearbeiteten Löwen
ausgefüllt, die ſich zu beiden Seiten eines koloſſalen
Phallus auf ihren Hinterpranken emporrichten.
Das „zerbrochene Löwengrab“ in der Nähe des
eben beſprochenen läßt im Inneren die Nachah-
mung hölzerner Deckbalken und eine Reliefſäule (Zu S. 167.
mit orientaliſchem Palmettenkapitell erkennen. Das 5
„Löwengrab“ von Jaſilikaja iſt mit recht verwaſchenen Bildwerken geſchmückt, unter denen
ein Löwenreiter auffällt. Der „Löwenfels“ Arslan⸗Kaja trägt, an drei Seiten ausge-
arbeitet, die Holzdachnachahmung an ſeiner Giebelſeite ſchon offen zur Schau, während ſeine
beiden Nebenſeiten von einem mächtigen Greifen und einem aufgerichteten Löwen bewacht werden.
Die ganze Vorderſeite iſt, wie mit einem Teppich, mit einem mäanderartigen Muſter, die
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