164 Zweites Buch. Die alte Kunſt des Morgenlandes.
Seitenpfoſten der Giebelfaſſade aber ſind mit übereinandergeſtellten Quadraten geſchmückt, wie
ſie den urſprünglichen Lehmbauten eingedrückt, den auf ſie folgenden Holzbauten eingeſtemmt
wurden. In ſeiner Niſche endlich iſt das Kultbild der großen Göttermutter zwiſchen Löwen dar-
geſtellt. Gerade dieſes Denkmal, das Grab und Heiligtum zugleich iſt, bildet auch die Brücke von
den Bildfaſſaden zu den gemuſterten Schauſeiten. Verwandt ſind die Faſſaden zu Maltaſch und
des ſogenannten Gordiosgrabes, vor allem aber des berühmten Midasgrabes (Abb. 175) am
Nordabhang der „Midasſtadt“, deſſen Seitenpfoſten und Giebel-
balken ebenfalls mit Quadraten geſchmückt ſind, während ſeine
Vorderfläche mit einem ausdrucksvollen, aus Kreuzen, Quadraten und
eckig ſtiliſierten Schleifen zuſammengeſetzten geometriſchen Teppich-
muſter bedeckt iſt. Am deutlichſten erkennt man die Nachahmung
eines Holzhauſes im ſogenannten „Hausgrab“ bei Bakſchiſch. Hier
tritt das ganze Vorderſtück des Giebelhauſes, deſſen Faſſade neben
und über der Scheintür mit einem breiten Holzſchnitzmuſter gefüllt
2 8 10 iſt, aus der Felswand hervor. Überall zeigt ſich, daß der Schmuck
der Pfoſten und Balken mit übereinandergeſtellten Quadraten der
Holzſchnitztechnik entlehnt iſt, wogegen die ſogenannten „Mäandermuſter“, die die ganzen
Flächen füllen, aus der Webetechnik hervorgegangen ſein mögen.
Auf den Trümmern des um 69s durch die kimmeriſchen Kriegszüge zugrunde gegangenen
indogermaniſchen Phrygerreiches gründete der Lyder Gyges das neue lydiſche Reich, das, wie
Meſſerſchmidt meint, noch hettitiſchen Urſprungs war. Die alten Gräber dieſer Gegend bleiben
Tumulusgräber, wie die Brüder Körte ſie auch im
weſtlichen Phrygien an der Stätte der alten Hauptſtadt
Gordion ausgegraben und unterſucht haben. Gerade in
Lydien, in deſſen Reſidenzſtadt Sardes ſeit dem Anfang
des 7. Jahrhunderts in geſchloſſener Reihe die Könige
Gyges, Ardys, Alyattes und Kroiſos aufeinander folg-
ten, feſſeln zunächſt die Erdhügelgräber unſere Aufmerk-
ſamkeit. Das Tumulusfeld bei Sardes wird überragt
von dem Hügel des Grabes des Alyattes, das Herodot
den ägyptiſchen Pyramiden an die Seite ſetzte. Der
mächtige Erdhügel, von deſſen teilweiſer Bedeckung mit
Steinlagen nur ſpärliche Reſte erhalten ſind, barg eine
55 8 _ 5 . Rechteckkammer, die mit langen Marmorplatten flach be-
3 dach genen. deckt war, und einen Gang, der ein rohes, aber rich-
tiges Tonnengewölbe trug. Zugleich in der Geſchichte des
Handelsverkehrs wie der Kleinkunſt aber haben die Könige Lydiens ſich durch die Erfindung und
Verbreitung des Münzens unſterblich gemacht. Die älteſten Münzen aus der Zeit des Gyges
und Ardys beſtehen aus Elektron, einer Miſchung von Gold und Silber, zeigen eiförmige Geſtalt
und nur auf einer Seite eine vertiefte Einprägung von Sinnbildern, unter denen der Fuchs
eine Rolle ſpielt. Eine lydiſche Münze dieſer Art aus dem Britiſh Muſeum gibt unſere Abbil-
dung 176 wieder. Die Verbeſſerung, daß die Münze aus reinem Gold und ihr Bild wenigſtens
auf einer Seite in erhabener Arbeit dargeſtellt wurde, ſoll von den benachbarten ioniſchen
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S —
Seitenpfoſten der Giebelfaſſade aber ſind mit übereinandergeſtellten Quadraten geſchmückt, wie
ſie den urſprünglichen Lehmbauten eingedrückt, den auf ſie folgenden Holzbauten eingeſtemmt
wurden. In ſeiner Niſche endlich iſt das Kultbild der großen Göttermutter zwiſchen Löwen dar-
geſtellt. Gerade dieſes Denkmal, das Grab und Heiligtum zugleich iſt, bildet auch die Brücke von
den Bildfaſſaden zu den gemuſterten Schauſeiten. Verwandt ſind die Faſſaden zu Maltaſch und
des ſogenannten Gordiosgrabes, vor allem aber des berühmten Midasgrabes (Abb. 175) am
Nordabhang der „Midasſtadt“, deſſen Seitenpfoſten und Giebel-
balken ebenfalls mit Quadraten geſchmückt ſind, während ſeine
Vorderfläche mit einem ausdrucksvollen, aus Kreuzen, Quadraten und
eckig ſtiliſierten Schleifen zuſammengeſetzten geometriſchen Teppich-
muſter bedeckt iſt. Am deutlichſten erkennt man die Nachahmung
eines Holzhauſes im ſogenannten „Hausgrab“ bei Bakſchiſch. Hier
tritt das ganze Vorderſtück des Giebelhauſes, deſſen Faſſade neben
und über der Scheintür mit einem breiten Holzſchnitzmuſter gefüllt
2 8 10 iſt, aus der Felswand hervor. Überall zeigt ſich, daß der Schmuck
der Pfoſten und Balken mit übereinandergeſtellten Quadraten der
Holzſchnitztechnik entlehnt iſt, wogegen die ſogenannten „Mäandermuſter“, die die ganzen
Flächen füllen, aus der Webetechnik hervorgegangen ſein mögen.
Auf den Trümmern des um 69s durch die kimmeriſchen Kriegszüge zugrunde gegangenen
indogermaniſchen Phrygerreiches gründete der Lyder Gyges das neue lydiſche Reich, das, wie
Meſſerſchmidt meint, noch hettitiſchen Urſprungs war. Die alten Gräber dieſer Gegend bleiben
Tumulusgräber, wie die Brüder Körte ſie auch im
weſtlichen Phrygien an der Stätte der alten Hauptſtadt
Gordion ausgegraben und unterſucht haben. Gerade in
Lydien, in deſſen Reſidenzſtadt Sardes ſeit dem Anfang
des 7. Jahrhunderts in geſchloſſener Reihe die Könige
Gyges, Ardys, Alyattes und Kroiſos aufeinander folg-
ten, feſſeln zunächſt die Erdhügelgräber unſere Aufmerk-
ſamkeit. Das Tumulusfeld bei Sardes wird überragt
von dem Hügel des Grabes des Alyattes, das Herodot
den ägyptiſchen Pyramiden an die Seite ſetzte. Der
mächtige Erdhügel, von deſſen teilweiſer Bedeckung mit
Steinlagen nur ſpärliche Reſte erhalten ſind, barg eine
55 8 _ 5 . Rechteckkammer, die mit langen Marmorplatten flach be-
3 dach genen. deckt war, und einen Gang, der ein rohes, aber rich-
tiges Tonnengewölbe trug. Zugleich in der Geſchichte des
Handelsverkehrs wie der Kleinkunſt aber haben die Könige Lydiens ſich durch die Erfindung und
Verbreitung des Münzens unſterblich gemacht. Die älteſten Münzen aus der Zeit des Gyges
und Ardys beſtehen aus Elektron, einer Miſchung von Gold und Silber, zeigen eiförmige Geſtalt
und nur auf einer Seite eine vertiefte Einprägung von Sinnbildern, unter denen der Fuchs
eine Rolle ſpielt. Eine lydiſche Münze dieſer Art aus dem Britiſh Muſeum gibt unſere Abbil-
dung 176 wieder. Die Verbeſſerung, daß die Münze aus reinem Gold und ihr Bild wenigſtens
auf einer Seite in erhabener Arbeit dargeſtellt wurde, ſoll von den benachbarten ioniſchen
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