Vorbemerkungen.
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zu thun. Die monumentale Wand- und Deckenmalerei nahm in den Kirchen
und öffentlichen Paläften Italiens —• man denke nur an die Sala regia des
Vaticans, an die Rathhausfäle zu Florenz, an den Dogenpalaft zu Venedig —
immer gröfsere Ausdehnungen an; die Dürften und reichen Privatleute fuchten
in Ober- wie in Mittelitalien, ja zum Theil felbft in Deutfchland, ihren Stolz
darin, ihre Häufer und Villen ganz von Künftlerhand ausmalen zu laffen; die
Kirche aber hatte in diefem Zeitalter der »Gegenreformation« in allen katho- Die Schnell-
. . maleret,
lifchen Ländern ein gröfseres Bedürfnifs, als je, ihre Altäre mit Andachtsbildern
zu fchmücken; und wie die Architektur der Altäre, fo nahm natürlich auch die
Bildfläche, welche fie zur Verfügung ftellten, an äufserem Umfange zu. Gerade
in Folge der räumlichen Ausdehnung der Aufgaben, welche den Malern diefer
Zeit geftellt wurden, gewöhnten diefe fich nun aber auch eine Schnellmalerei
an, die eine Verinnerlichung in geiftiger und technifcher Beziehung von vorn-
herein ausfchlofs und Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit zu felbftverftändlichen
Begleitern des Schaltens mit ererbten Ueberlieferungen machte.
Wann diefer Zuftand der Dinge einer befferen Einficht und einer Art Wendung
zweiter Wiedergeburt Platz machte, läfst fleh auf Tag und Stunde natürlich Befferen.
ebenfowenig angeben, wie, wann er begann. Es ift faft nur eine mnemotech-
nifche Fiction, wenn wir die Epochen der Kunft- und Kulturgefchichte mit den
Säcularabfchnitten unterer Zeitrechnung zufammenfallen laffen. Das halbe Jahr-
hundert des Manierismus z. B. würde richtiger durch die Jahreszahlen 1535
und 1585, als 1550 und 1600 begrenzt werden; und doch leben manche Ma-
nieriften, die als folche fchon an diefer Stelle befprochen werden müffen, vor
allen Dingen Hiftorienmaler in den Niederlanden wie in Italien, auch bis tief
ins fiebzehnte Jahrhundert hinein und find jünger, als einige der bahnbrechenden
Meifter der neuen Aera, die erft im nächften Abfchnitte betrachtet werden können.
Der Umfchwung vollzieht fleh eben nicht überall zu gleicher Zeit. Bald geht
diefes, bald jenes Territorium voran; im ganzen aber fallen die gemeinfamen Züge
der an den verfchiedenften Stätten entftandenen Kunftwerke desfelben Zeitraums
leichter in die Augen, als ihre örtlich und individuell bedingten Unterfchiede;
und gerade die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entftandenen Ge-
mälde find überall unfehwer als folche zu erkennen.
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zu thun. Die monumentale Wand- und Deckenmalerei nahm in den Kirchen
und öffentlichen Paläften Italiens —• man denke nur an die Sala regia des
Vaticans, an die Rathhausfäle zu Florenz, an den Dogenpalaft zu Venedig —
immer gröfsere Ausdehnungen an; die Dürften und reichen Privatleute fuchten
in Ober- wie in Mittelitalien, ja zum Theil felbft in Deutfchland, ihren Stolz
darin, ihre Häufer und Villen ganz von Künftlerhand ausmalen zu laffen; die
Kirche aber hatte in diefem Zeitalter der »Gegenreformation« in allen katho- Die Schnell-
. . maleret,
lifchen Ländern ein gröfseres Bedürfnifs, als je, ihre Altäre mit Andachtsbildern
zu fchmücken; und wie die Architektur der Altäre, fo nahm natürlich auch die
Bildfläche, welche fie zur Verfügung ftellten, an äufserem Umfange zu. Gerade
in Folge der räumlichen Ausdehnung der Aufgaben, welche den Malern diefer
Zeit geftellt wurden, gewöhnten diefe fich nun aber auch eine Schnellmalerei
an, die eine Verinnerlichung in geiftiger und technifcher Beziehung von vorn-
herein ausfchlofs und Flüchtigkeit und Oberflächlichkeit zu felbftverftändlichen
Begleitern des Schaltens mit ererbten Ueberlieferungen machte.
Wann diefer Zuftand der Dinge einer befferen Einficht und einer Art Wendung
zweiter Wiedergeburt Platz machte, läfst fleh auf Tag und Stunde natürlich Befferen.
ebenfowenig angeben, wie, wann er begann. Es ift faft nur eine mnemotech-
nifche Fiction, wenn wir die Epochen der Kunft- und Kulturgefchichte mit den
Säcularabfchnitten unterer Zeitrechnung zufammenfallen laffen. Das halbe Jahr-
hundert des Manierismus z. B. würde richtiger durch die Jahreszahlen 1535
und 1585, als 1550 und 1600 begrenzt werden; und doch leben manche Ma-
nieriften, die als folche fchon an diefer Stelle befprochen werden müffen, vor
allen Dingen Hiftorienmaler in den Niederlanden wie in Italien, auch bis tief
ins fiebzehnte Jahrhundert hinein und find jünger, als einige der bahnbrechenden
Meifter der neuen Aera, die erft im nächften Abfchnitte betrachtet werden können.
Der Umfchwung vollzieht fleh eben nicht überall zu gleicher Zeit. Bald geht
diefes, bald jenes Territorium voran; im ganzen aber fallen die gemeinfamen Züge
der an den verfchiedenften Stätten entftandenen Kunftwerke desfelben Zeitraums
leichter in die Augen, als ihre örtlich und individuell bedingten Unterfchiede;
und gerade die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entftandenen Ge-
mälde find überall unfehwer als folche zu erkennen.