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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0031
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Die italienifchen Meifter. B. Die Malerei des venezianifclien Gebietes.

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viele grofse Decorationsmalereien ausführte, wurde fchliefslich wieder zum Manie-
riften vom reinften Waffer.
Den italienifchen Kupfer flieh diefer Zeit können wir, da er im wefent-Derft?"pfer
liehen reproductiver Natur ift, hier nicht weiter verfolgen, und daher auch auf
fo berühmte Meifter, wie Enea Vico (geb. zu Parma, im erften Viertel des Jahr- Enea vico.
hunderts, geft. in Ferrara 1570), der mit der Nachahmung Marc Anton’s,
alfo mit dem »Cartonftich«, begann, fpäter aber durch engere Strichlagen eine
malerifchere Wirkung erzielte, nicht eingehen. Nur Giulio Bonafone von Bologna, BGil£°
Lor. Sabbatini’s Schüler, deffen Stiche von 1531—1574 datirt find, verdient eine
befondere Erwähnung, weil er nicht nur in feinen zahlreichen Stichen nach
Gemälden berühmter Meifter diefe fo frei copirte, dafs oft ganz neue Werke
herauskamen, fondern auch alle möglichen Gegenftände, oft phantaftifche und
leichtfertige, nach feiner eigenen Erfindung flach. Gerade deshalb gehört er
felbftändig der Kunftgefchichte an; fchade nur, dafs feine Stiche oft fo fchlecht
gezeichnet und oberflächlich geftochen find. Es giebt gegen 400 Blätter
feiner Hand.])

B. Die Malerei des venezianifchen Gebietes.
Unter den Gründen, aus denen die venezianifche Kunft fich länger frifch Urfachen
. der Höhe
und fpontan erhielt, als die Kunft des übrigen Italiens, mag an die confervative dervenezian.
Ader der ariftokratifchen Republik, an die Langlebigkeit ihres klaffifchen
Hauptmeifters Tizian, aber auch an den ruhigen, der Entartung weniger aus-
gefetzten Charakter der venezianifchen Malerei felbft erinnert werden, an ihr
flüffigeres, Variationen und Abwandlungen ohne Gefahr zugängliches coloriftifches
Princip und an ihre realiftifchere, ftets leichter durch die Natur zu controllirende
Formenauffaffung. Doch werden wir fehen, dafs auf diefem letzteren Gebiete der
Michelangelismus keineswegs fpurlos an Venedig vorüberging.
An grofsen Aufgaben fehlte es in der Lagunenftadt fo wenig, wie in Rom Gr|JjeJuf‘
und Florenz. Die Kirchen und Klöfter wetteiferten in der Beftellung von Ge-
mälden nach wie vor mit den reichen Befitzern der Privatpaläfle in der Infel-
Hauptftadt und der Villen auf dem Feftlande; von Rathswegen aber nahm die
Neudecorirung der durch die Brände von 1574 und 1377, bei denen eine Reihe Neue
ö z- Arbeiten im
werthvoller Oelgemälde älterer Meifter zu Grunde ging, ftark befchädigten Säle Dogen-
des Dogenpalaftes alle beften künftlerifchen Kräfte des Staates während des
letzten Viertels des Jahrhunderts in Anfpruch. Diefe Säle werden wir faft mit
jedem der im Folgenden zu befprechenden Künftler zu betreten haben. Den
architektonifch-decorativen Theil ihrer Ausfchmückung leitete der Baumeifter
Antonio Contini, da Ponte genannt. Von wenigen, al fresco gemalten Aus-
nahmen abgefehen, wurden die riefigen Wandbilder und coloffalen Deckengemälde
in flache Goldrahmen eingefpannt, die an den Wänden oft hart in die Ecken
gedrängt werden, an den Decken aber in der Regel kleinere Felder mit ein-
farbigen Darftellungen neben fich dulden. Die Auswahl der darzuftellenden alle-
gorifchen und hiftorifchen Scenen, welche natürlich alle der Verherrlichung

1) Bartfeh, Peintre-Graveur XV, p. 103—178.
 
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