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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0072
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6o

Fünftes Buch. Dritter Abfchnitt.

in Wien,
in Stock-
holm.

Cornelis
Mafsys.
Seine
Radirungen.

Darftellungen keineswegs ganz entfagte und dafs er in diefen bei demfelben
unangenehmen Grundton und bei grofser Derbheit der Auffaffung doch reali-
ftifcher in der Formenfprache blieb, zeigen feine luftige Gefellfchaft von 1564 in
der kaiferlichen Galerie zu Wien und feine 1566 gemalte Darftellung des ver-
buhlten Alten mit der Kupplerin und dem Mädchen im Stockholmer National-
mufeum. Jan Mafsys ftarb 1575 zu Antwerpen.
Sein Bruder Cornelis Mafsys. der fich felbft Metsys fchrieb, war um 1511
in Antwerpen geboren, wurde 1531 Freimeifter und lebte noch 1580. Er er-
fcheint in feinen älteren Radirungen nach eigenen Erfindungen (die ringenden
Bauern, die vier Blinden, der Trunkenbold, der Lautenmacher, die tanzenden

Krüppel u. f. w.), als ein frifcher, urfp Dinglicher, aber zugleich lehrhaft-finniger,
Seine P. Brueghel verwandter Meifter; und auch feine fehr feltenen Gemälde, wie die
Landfchaft mit der Fuhrmannsfcene von 1542 im Berliner Mufeum, gehören diefer
Seinfpäterer nationalen Richtung an, Dafs aber auch er fich fchliefslich dem allmächtigen
Italismus gefangen gab, zeigen z. B. feine Blätter mit der Gefchichte Samfons
von 1562.
jan van He- In einigen Beziehungen mit Jan Mafsys verwandt erfcheint Jan Sanders
van Hemishem (in der Regel Heineff en genannt, wie er fich felbft zu unter -
Sein Leben. zeichnen pflegte). Hemishem ift ein Dorf bei Antwerpen, in dem fchon Guicci-
ardini ihn geboren werden läfst; und in der Antwerpener Gilde1) wurde er
1519 auch Lehrjunge. Die Angaben, die ihn zum Haarlemer machen, find
daher falfch; aber allerdings, zog er um 1550 nach Haarlem, wo er vor 1566
ftarb. Hemeffen liebte die Darftellung kräftiger Volkstypen in lebensgrofsen
Halbfiguren; wollte er biblifche Scenen darftellen, fo wählte er Stoffe, die diefer
Seine Bilder Neigung entfprachen. Sein Lieblingsgegenftand war die Berufung des hl.
Matthäus, den der Heiland unter den Zöllnern fand. Dafs er dabei von den

Typen der Maffys-Schule ausging, beweift fein von 15 3b2) datirtes Bild in der
in München, Münchner Pinakothek, welches diefen Gegenftand darftellt; nur der Heiland ift
hier fchon abfichtlich idealifirt, und die unwahren bräunlichen Fleischtöne, zu
denen die grauen, rothen und braunen Gewänder geftimmt find, geben diefem
Bilde zwar keinen fonderlich feinen, aber doch noch ziemlich fatten Gefammt-
ton3), ihm fchliefsen die beiden von 1537 datirten, verfchieden componirten
in Wien, Darftellungen desfelben Gegenftandes in der kaif. Galerie zu Wien fich an.
Ganz italifirt in der kalten, glatten Formengebung und unangenehm in der
nicht minder kalten, bräunlichen Färbung erfcheint der Meifter in der heiligen
in München, Familie von 1541 in der Münchner Pinakothek, in der derben, mit ihren weifsen
Lichtern und braunen Schatten charakteriftifchen Verfpottung Chrifti von 1544
in Schieifs- in der Schleifsheimer Galerie und in der von 1 5 5 5 datirten Darftellung der
in Paris. Heilung des Tobias im Louvre, einem Gemälde, welches das fpätefle Datum
von der Hand des Meifters trägt, wenn wir die Jahreszahl auf der Darftellung

1) Ph. Kombouts en Th. van Lerius: De Liggeren en andere Hiftorifche Archieven der
Antwerpfche St. Lucasgilde (Antw. 1864—1872) I. p. 93.
2) In den früheren Katalogen irrthümlich 1526 gelefen.
3) Die unter fich übereinftimmenden beiden Bilder im Antwerpner und Genter Mufeum, von
denen jenes nur eine Namenszeichnung von zweifelhafter Echtheit, diefes nur die Jahreszahl 1536 trägt»
laffen fich ihrem Stile und ihrer Malweife nach den Bildern Hemeffen’s nicht einfügen.
 
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