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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0073
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Die niederländifche Malerei in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 6l
des verlorenen Sohnes im Brüffeler Mufeum mit Eifenmann 1) 1536, ftatt mit m Brüffei,
den belgifchen Forfchern 1556 lefen. Endlich wären noch »der Dorfchirurg»
im Madrider Mufeum und das männliche Porträt der kaiferlichen Galerie zu P ^ednrld’
Wien hervorzuheben.
Hemeffen nahe verwandt, ja, nach Eifenmann1 2) identifch mit ihm, ift ein Der'»Braun-
J . fchweiger
Meifter, welcher uns zunächft als Sittenmaler von naiver Auffaffung, tüchtigen Monogram-
mift«.
perfpektivifchen Kenntniffen und forgfältiger Modellirung bei reicher, wenngleich
ebenfalls ftark ins bräunliche gebrochener Färbung, entgegentritt. Neuerdings
wird er in der Regel der »Braunfchweiger MonogrammifU genannt3), weil fein Seine Bilder
ftattliches Gemälde der »Speifung der Armen« im Braunfchweiger Mufeum ein
Monogramm trägt4). Das Hauptgewicht liegt bei diefem, wie bei den übrigen
mit biblifchen Namen ausgeflatteten Bildern des Meifters, von denen »Juda und
Thamar« in derfelben Sammlung, das »Opfer Ifaacs« im Louvre und der im Louvre,
»Kreuzesweg« im Stuttgarter Mufeum genannt feien, in der fittenbildlichen in Stuttgart,
Auffaffung. Seine Sittenbilder fchlechthin Hellen aber eigentlich fittenlofe Vor-
gänge dar: fo die Bilder im Städel’fchen Inftitut und im Archiv zu Frank- in Frankfurt,
furt a. M. und die intereffante Darftellung einer ausgelaffenen Gefellfchaft im in Benin.
Berliner Mufeum.
In harmloferer, aber noch urwüchfigerer, aufserhalb der italienifchen Modeluft Pieter
A er t feil,
ihre eigenen Wege fuchender Weife entwickelte fich diefe Richtung unter den
Händen Pieter Aertfens, der in der Regel der lange Peter (Lange Pier) genannt
wird. Im Jahre 1507 oder 1508 5) zu Amfterdam geboren, erwarb er 1535 Sein Leben,
das Meifterrecht in Antwerpen, das Bürgerrecht diefer Stadt 1542; und in
diefer Stadt lebte und malte er bis 1566; in diefem Jahre kehrte er nach
Amfterdam zurück, wo er 1573 ftarb. Aertfen fah die Natur mit eigenen Sein Stil.
Augen an, und er gehört zu den früheften Meiftern, welche bewiefen, dafs das
Volksleben gerade nur in volksthümlich nationaler Auffaffung intereffant und
malerifch reizvoll dargeftellt werden kann. Seine Bilder zeigen eine feine,
lebendige, wenn auch noch etwas glatte Modellirung, fchlichte, kräftige, manchmal
noch etwas herbe Formen und befonders in den Gewändern klare, frifche
Localfarben, zu denen die Fleifchtöne trotz ihrer Bläffe recht harmonifch

1) Repert. f. Kunft-Wiffenfchaft VII (1884), S. 209. Das Facfimile im Brüffeler Katalog lieht
allerdings eher nach 1556 aus.
2) A. a. O. S. 10S—110.
3) IV. Bode, Studien zur Gefch. der holländ. Malerei (Braunfchweig 1883), S. 9—10, Anna. —
H. Riegel, Beiträge z. niederl. Kunftgefch. (Berlin, 1882), II, S. 154—156.
4) Beffer noch als in »Jan van Hemeffen« liefse fich diefes Monogramm in »Joannes Mandijn
van Haarlem« auflöfen. Der Träger diefes Namens war ein zeitgenöffifcher Maler, dem merkwürdiger
Weife kein einziges erhaltenes Bild zugefchrieben wird. K. v. Mander (Ausg. von 1764, I, S. 43)
befpricht ihn im Anfchlufs an Hemeffen, weift ihm aber allerdings ein Stoffgebiet zu, welches nicht
recht zu demjenigen des Monogrammiften ftimmt. Urkundliches über ihn bei F. J. v. d. Branden,
a. a. O., p. 159—163. Immerhin dürfte man bei den noch nicht abgefchloffenen Unterfuchungen über
den Monogrammiften neben Eifenmann’s Anficht, für die manches fpricht (z. B. ein Bild in der
Karlsruher Kunfthalle, welches von den einen, auch dem Verfaffer, für ein Werk Hemeffen’s, von den
anderen, auch von Scheibler, für ein Werk des Monogrammiften angefehen wurde), auch die auf
Mandijn gehende Hypothefe im Auge behalten.
5) Nach feiner eigenen Ausfage war er am 20. Juni 1542 34 Jahre alt; z». d. Branden a. a. O.,
S. 160.
 
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