Fünftes Buch. Dritter Abfchnitt.
70
wo er 1539 in die Lucasgilde eintrat, mit dem Beinamen des »vlämifchen
Raphael« beehrt und bald mit Aufträgen überhäuft und in den Hofdienft ge-
Seine Zeich- zogen wurde. Vielfeitig gebildet, wie er war, fchuf er für Karl V. und andere
nungen.
F ürlten die Zeichnungen für die herrlichen Glasfenfter der Brüffeler Kathedrale *),
fchuf er für Philipp II. die Cartons zu den Tapeten, mit denen der Escorial
gefchmückt werden follte, zeichnete er für italienifche Kupferftecher1 2 3) feiner Zeit
jene 32 Blätter mit dem Leben Amors und Pfyche’s, die feine reinften und
Seine Ge- liebenswürdigften Schöpfungen find. In erfler Linie aber blieb Michael Maler,
mälde.
und wenn uns der abfichtliche und in der Regel doch nur vermeintliche Raphae-
lismus feiner Umriffe auch kalt läfst, fo dürfen wir ihm ein bedeutendes Formen-
ihr Stil, verftändnifs und in feinen bellen Bildern auch einen Reit altniederländifcher
■ ,Bilder. Farbenwärme doch nicht abfprechen. In der Kathedrale von Mecheln haben fich
in Mecheln, . . x
noch ein Triptychon mit dem Martyrium des heiligen Sebaftian von 1587 und ein
in Brüffei, Martyrium des heiligen Georg von 1588, in der Brüffeler Kathedrale hat fich das
dreitheilige Leben der heiligen Gudula von 1592 (alfo aus dem 93. Lebensjahre
des Meillers) erhalten, welches in der That matt und altersfchwach erfcheint.
Zu feinen fchönflen Werken dagegen gehört das Martyrium des heiligen
ln-^wer_ Sebaftian von 1575 im Antwerpner Mufeum, welches aufserdem noch vier
Flügel mit Heiligen und eine Darftellung des Triumphes Chrifti von feiner Hand
in Brüffei, befitzt, während das Brüffeler Mufeum ein gefchickt componirtes, aber in der
Färbung buntes, im geiftigen Ausdruck leeres »Abendmahl« des Meillers, eine
Darftellung des Todes Mariae, die als eins feiner guten Durchfchnittsbilder zu
bezeichnen ift, und eine Dornenkrönung Chrifti von feiner Hand bewahrt. Be-
in Madrid, deutender ift die Darftellung des Todes Mariae mit ihren beiden Flügeln (Geburt
der Jungfrau und ihr Tempelgang) im Madrider Meufeum, in dem man auch
noch eine hübfehe heilige Cäcilie feiner Hand fieht.
nie Schüler Im Anfchlufs an den fpäten Stil Jan Goffaerts (Mabufe’s, oben Bd. II.
Lambert S' 51/ ff’) entwickelte fich deffen Schüler Lambert Lombard''1'}, der 1505 411
Lüttich geborene Meifter, welcher Mabufe’s Unterricht in Middelburg genofs, dann
mit dem englifchen Cardinal Pole nach Italien reifte, 15 39 als reifer, archäologifch
Seine Ent- hunfttheoretifch und literarifch gebildeter Künftler nach Lüttich zurückkehrte und
hier eine reiche Kunft- und Lehrthätigkeit entfaltete, bis er 1566 ftarb. Hand-
Seine Zeici - Zeichnungen, die er mit feinem Namen bezeichnet, haben fich in verfchiedenen
nungen. ö ... . . n 1
Sammlungen erhalten, und Blätter, die nach feinen Compofitionen geftochen
Smäki?e_ worden, giebt es zu Dutzenden. Seine ausgeführten Oelgemälde find dagegen
aufserordentlich feiten. Van Mander nennt nur ein Abendmahl feiner Hand
und kennt auch diefes offenbar nur nach den alten Stichen4); urkundlich oder
1) H. Riegel, Beiträge S. 20—21.
2) Ihrer Mehrzahl nach find fie von dem »Meifter mit dem Würfel« geftochen; nur drei
Blätter, die Nummern 4, 7 und 13 der Folge, rühren von Agostno Veneziano her. Man vgl. Bartßch
XIV. und XV. mit Pajßavant VI. p. 57 und p. 100. Ueber andere Kupferftiche nach ihm: W. Schmidt
in A. v. Zahn’s Jahrbüchern V. 1873, $• 263—266.
3) Dom. Lampsonius: Lamberti Lombardi apud Eburones pictoris celeberrima vita. Brügge,
Hub. Goltzius, 1565. — Jules Helbig, Histoire de la peinture au pays de Liege. Liege 1873,
p. 122—140. — Der Name »Sußermann ift dem Meifter mifsverftändlich beigelegt worden.
4) Stich von Giorgio GhiR, 1551. Herr Fr. Amory in Boßon berichtet, dafs er das bezeichnete
Originalbild zu diefem Stiche befitze.
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wo er 1539 in die Lucasgilde eintrat, mit dem Beinamen des »vlämifchen
Raphael« beehrt und bald mit Aufträgen überhäuft und in den Hofdienft ge-
Seine Zeich- zogen wurde. Vielfeitig gebildet, wie er war, fchuf er für Karl V. und andere
nungen.
F ürlten die Zeichnungen für die herrlichen Glasfenfter der Brüffeler Kathedrale *),
fchuf er für Philipp II. die Cartons zu den Tapeten, mit denen der Escorial
gefchmückt werden follte, zeichnete er für italienifche Kupferftecher1 2 3) feiner Zeit
jene 32 Blätter mit dem Leben Amors und Pfyche’s, die feine reinften und
Seine Ge- liebenswürdigften Schöpfungen find. In erfler Linie aber blieb Michael Maler,
mälde.
und wenn uns der abfichtliche und in der Regel doch nur vermeintliche Raphae-
lismus feiner Umriffe auch kalt läfst, fo dürfen wir ihm ein bedeutendes Formen-
ihr Stil, verftändnifs und in feinen bellen Bildern auch einen Reit altniederländifcher
■ ,Bilder. Farbenwärme doch nicht abfprechen. In der Kathedrale von Mecheln haben fich
in Mecheln, . . x
noch ein Triptychon mit dem Martyrium des heiligen Sebaftian von 1587 und ein
in Brüffei, Martyrium des heiligen Georg von 1588, in der Brüffeler Kathedrale hat fich das
dreitheilige Leben der heiligen Gudula von 1592 (alfo aus dem 93. Lebensjahre
des Meillers) erhalten, welches in der That matt und altersfchwach erfcheint.
Zu feinen fchönflen Werken dagegen gehört das Martyrium des heiligen
ln-^wer_ Sebaftian von 1575 im Antwerpner Mufeum, welches aufserdem noch vier
Flügel mit Heiligen und eine Darftellung des Triumphes Chrifti von feiner Hand
in Brüffei, befitzt, während das Brüffeler Mufeum ein gefchickt componirtes, aber in der
Färbung buntes, im geiftigen Ausdruck leeres »Abendmahl« des Meillers, eine
Darftellung des Todes Mariae, die als eins feiner guten Durchfchnittsbilder zu
bezeichnen ift, und eine Dornenkrönung Chrifti von feiner Hand bewahrt. Be-
in Madrid, deutender ift die Darftellung des Todes Mariae mit ihren beiden Flügeln (Geburt
der Jungfrau und ihr Tempelgang) im Madrider Meufeum, in dem man auch
noch eine hübfehe heilige Cäcilie feiner Hand fieht.
nie Schüler Im Anfchlufs an den fpäten Stil Jan Goffaerts (Mabufe’s, oben Bd. II.
Lambert S' 51/ ff’) entwickelte fich deffen Schüler Lambert Lombard''1'}, der 1505 411
Lüttich geborene Meifter, welcher Mabufe’s Unterricht in Middelburg genofs, dann
mit dem englifchen Cardinal Pole nach Italien reifte, 15 39 als reifer, archäologifch
Seine Ent- hunfttheoretifch und literarifch gebildeter Künftler nach Lüttich zurückkehrte und
hier eine reiche Kunft- und Lehrthätigkeit entfaltete, bis er 1566 ftarb. Hand-
Seine Zeici - Zeichnungen, die er mit feinem Namen bezeichnet, haben fich in verfchiedenen
nungen. ö ... . . n 1
Sammlungen erhalten, und Blätter, die nach feinen Compofitionen geftochen
Smäki?e_ worden, giebt es zu Dutzenden. Seine ausgeführten Oelgemälde find dagegen
aufserordentlich feiten. Van Mander nennt nur ein Abendmahl feiner Hand
und kennt auch diefes offenbar nur nach den alten Stichen4); urkundlich oder
1) H. Riegel, Beiträge S. 20—21.
2) Ihrer Mehrzahl nach find fie von dem »Meifter mit dem Würfel« geftochen; nur drei
Blätter, die Nummern 4, 7 und 13 der Folge, rühren von Agostno Veneziano her. Man vgl. Bartßch
XIV. und XV. mit Pajßavant VI. p. 57 und p. 100. Ueber andere Kupferftiche nach ihm: W. Schmidt
in A. v. Zahn’s Jahrbüchern V. 1873, $• 263—266.
3) Dom. Lampsonius: Lamberti Lombardi apud Eburones pictoris celeberrima vita. Brügge,
Hub. Goltzius, 1565. — Jules Helbig, Histoire de la peinture au pays de Liege. Liege 1873,
p. 122—140. — Der Name »Sußermann ift dem Meifter mifsverftändlich beigelegt worden.
4) Stich von Giorgio GhiR, 1551. Herr Fr. Amory in Boßon berichtet, dafs er das bezeichnete
Originalbild zu diefem Stiche befitze.