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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0089
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Die niederländifche Malerei in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 77
Wege weift: kühn und lebendig in den Umriffen, frifch und plaftifch in der Sein Stil.
Modellirung des goldwarmen Fleifches mit freilich etwas bläulichen Schatten,
voll und feurig in der Behandlung der blühenden Farben; und in der That
ift es, fchon weil Meifter wie Rubens und Jordaens zu ihm in die Schule ge-
fchickt wurden, wahrfcheinlich, dafs er keineswegs der rohe Meifter war, als
welcher er hier und da verfchrien worden ift. Beffer durch beglaubigte Werke
einsreführt tritt uns der andere diefer Meifter, der Rubens Lehrer wurde, Otto °“°
van Veen (latinifirt Vaenius genannt), entgegen. Er war 1558 als Sohn des Sein Leben.
Bürgermeifters von Leiden geboren und erhielt eine vornehme und gelehrte
Bildung, wie fie feinem Geburtsftande entfprach. Im Jahre 1572 entfloh er mit
feinem confervativen Vater feiner der Sache der Freiheit ergebenen Vaterftadt,
fetzte darauf in Lüttich unter Lampfonius feine fchon in Leiden begonnenen
Kunftftudien fort und vollendete diefelben fpäter in Rom unter Fed. Zuccaro
(oben S. 12). Nach feiner Heimkehr wurde er Hofmaler des Landvogts
Alexander Farnefe, fiedelte jedoch nach deffen Tode, 1592, nach Antwerpen
über, wo er 1593 als Meifter in die Gilde aufgenommen wurde und über ein
Vierteljahrhundert anfäffig blieb. Im Jahre 1620 aber ernannten der Erzherzog-
Albrecht und die Infantin Ifabella ihn zu ihrem Hofmaler in Brüffel, und hier
ftarb er 1629. Otto van Veen ift im Wefentlichen ein Vertreter des Italismus Sein Stil,
in der Malerei; wenn er auch zu gefchmackvoll war, um alle Sprünge des
Manierismus mitzumachen, fo war er doch nicht eigenartig genug, um fleh zu
einem neuen Stile hindurchzuarbeiten; nur leicht und leife klingt in der Natür-
lichkeit feiner Formen und Bewegungen und in der Frifche feiner im Ganzen
etwas bunten Farben die Vorahnung der heileren Zeit hindurch. Gewiffenhaft,
verftändig und vornehm ift er immer; aber die Flauheit, die mit diefen Eigen-
fchaften verbunden fein kann, macht ihn uns langweilig. Seine Bilder find in Seine Bilder
Belgien keineswegs feiten. In der Genter Kathedrale befindet fleh noch feine Gent,m
Auferweckung des Lazarus, die manches Schöne enthält, in der Andreaskirche
zu Antwerpen fein Martyrium des heiligen Andreas; befonders reich an Bildern Antwerpen,
feiner Hand find das Antwerpner und das Brüffeler Mufeum; dort betrachte Brüffel,
man zum Beifpiel die Berufung des Apoftels Matthäus, hier die Vermählung
der heiligen Katharina. Doch befitzen auch andere Sammlungen (Wien, Wien,
Amfterdam, Braunfchweig) Hiftorien - Bilder des Meifters, und in der Louvre- Amfterdam,
Galerie zu Faris befindet fleh das intereffante grofse Forträtftück, auf dem er fchweig,
fleh felbft und feine ganze Familie dargeftellt hat.
Während eine Reihe diefer Antwerpner Meifter aus anderen Gegenden im Ausland
der Niederlande in die Scheldeftadt eingewandert waren, fehen wir, umgekehrt, werpne"
auch einige Antwerpner von Geburt den Schwerpunkt ihrer Thätigkeit ins
Ausland verlegen. Von Denijs (Dionys) Calvaert ift fchon (oben S. 16) die d. Caivaert.
Rede gewefen, weil diefer Meifter als Bolognefer Schulhaupt ganz zum Italiener
geworden war. Dagegen haben uns hier noch zwei Antwerpner Figurenmaler
zu befchäftigen, welche eine bedeutende Rolle im deutfehen Kunftleben jener
Tage fpielten. Der eine von ihnen, Joris (Georg) Hoefnagel (1545 bis nach 1618 '), J°nlgdOef’
1) K. v. Mander (I. p. 334 u. 339) fcheint fich geirrt zu haben, als er annahm, diefer Meifter
fei 1600 geftorben und alfo, als er fein Schilderboek herausgab, nicht mehr am Leben gewefen. Vgl.
E. Fetis: Les artistes beiges ä l’etranger (Bruxelles 1857) I, p. 116. Der Meifter Hoefnagel fHouf-
 
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