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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0096
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Fünftes Buch. Dritter Abfchnitt.

Feldzüge in Tunis. Die Teppiche, die nach ihnen mit grofsem Aufwande1) in
Brüffel gewebt wurden, befinden fich in Madrid, Wiederholungen aus dem
inbrunhn.n' 18- Jahrhundert im Schlöffe Schönbrunn bei Wien2 3). Es ift klar, dafs Vermeyen,
Sei"un-deu' was auch fe*ne Bedeutung auf jenen anderen Gebieten gewefen fein mag, doch
in erfter Linie Schlachtenmaler war und dafs er gerade auch in diefem Fache
von bahnbrechender kunftgefchichtlicher Bedeutung gewefen ift. Brüffel können
wir jedoch nicht verlaffen, ohne eines Malers zu gedenken, der in der Regel
j.v.wingen. mit Unrecht überfehen wird. Diefer Meifter ift Joofi van Wingen'J geb. 1544
Seine Art. zu Brüffel, geft. 1603 zu Frankfurt a. M. Er ift zwar ein italifirender Nieder-
Seine Bilder länder der gewöhnlichen Art, aber nicht fchlechter, als die übrigen, ja, in feinen
inDüffeidorf, früheren Bildern, zu denen die Darftellung Simfons und Delilas in der Düffeldorfer
Akademiefammlung gehört, bewahrt er fich in Formen und Farben ein Stück
gut niederländifcher Fettigkeit, das erft fpäter, wie in den beiden Darftellungen
aus der Gefchichte des Apelles und der Pankaspe in der kaiferlichen Galerie
in Wien, zu Wien, in die conventionelle Flauheit der Zeit aufging. Tn Amfterdam befindet
f dam, lieh noch ein Nachtbanket mit Maskerade, im Städel’fchen Inftitut zu PTank-
furt a. M. das gute Bildnifs einer Patrizierdame von feiner Hand, und gerade
alle diefe genannten Bilder hebt fchon van Mander hervor.
Meifteer Auch die Brügger Meifter der Zeit verdienen einige Beachtung. Aus
dem Sinken der Blüthe Brügges im Laufe des 16. Jahrhunderts erklärt es fich,
dafs gerade manche hier geborenen Künftler ins Ausland zogen. Zu ihnen
p. de Witte, gehört P. de Witte (1548 —1628), der früh nach Italien ging, wo er feinen Namen
in Pietro Candido italifirte, dann aber als Baumeifter und Maler am herzoglichen
Seine Ge- Hofe zu München eine hervorragende Rolle fpielte. Seine Gemälde, denen man
in Bayern, hauptfächlich in München, Freifing, Landshut, Schleifsheim u. f. w. nachgehen
mufs4) (die »Himmelfahrt der Jungfrau« in der Frauenkirche zu München gilt
als fein fchönftes Altargemälde) zeigen, dafs ihm eine gröfsere Kraft, den Italis-
mus fich zu affimiliren, innewohnte, als den meiften feiner Zeitgenoffen. Zu
j.v.d.straet. ihnen gehört aber auch Jan van der Straet (1523—1605 5), der feinen Namen
in Italien in Giovanni Stradano (Stradanus) verwandelte, als Schüler und Freund
Vafari’s der an diefen fich anfchliefsenden Akademie in Florenz beitrat6) (oben
S. 6) und nach feinem Tode in der Kirche S. Annunziata dafelbft beigefetzt
wurde. Seine Hauptbefchäftigung beftand im Zeichnen von Vorlagen für die
Seine Ge- Teppiche, welche das toscanifche Fürftenhaus weben liefs. Doch kommen in
in Italien, Italien auch noch Gemälde feiner Hand im florentinifchen Stile jener Tage vor,
in Augsburg, und im Norden befitzt die Augsburger Galerie eine mit feinem Namen bezeichnete
Pietas in lebensgrofsen Figuren, welche ebenfalls auf die Vaterfladt Michel-
angelos zurück weift.
In Brügge anfäffig blieb vor allen Dingen die Künftlerfamilie Claeis oder

1) Eug. Müntz, La Tapisserie (Paris 1883) p. 217—218.
2) Man vgl. A. Ilg in der Kunftchronik 1874 (S. 318—334).
3) K. v. Mander a. a. O. I. p. 345—347.
4) Man vgl. J. Sighart, Gefch. der bild. Künfte im Königreich Bayern (München 1862) S. 710-
5) In der Regel wird 1535—1618 angegeben. Wenn aber feine Grabfchrift bei Baldinucci
(Milano 1S11) VIII. p. 172 richtig wiedergegeben ift, fo hat er unzweifelhaft von I523—I(»O5 gelebt.
6) Vafari-Milanefi VII. p. 611.
 
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