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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0132
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Sechstes Buch. Erfter Abfchnitt.

den Erzählungsmotiven.1) Sie brachten die Angriffe der Neider der Carracci
wenigftens theilweife zum Schweigen.
PaLMagnaS Ge§‘en Ende der achtziger Jahre erhielten die Künftler den Auftrag, einen
zu Bologna. Fries im Palazzo Magnani zu Bologna gemeinfam mit ähnlichen, ähnlich an-
geordneten Bildern zu fchmücken.2) Diefes Werk, welches die Gefchichten
des Romulus und des Remus in vierzehn Einzelbildern darftellt, war 1589
vollendet und zeigt in der That die grofsen Fortfehritte, welche die inzwifchen
einzeln mit vielen Arbeiten befchäftigt gewefenen Meifter gemacht hatten.
Einige der Darftellungen beflehen aus grofsen figürlichen Gruppen von fefter
Haltung, andere wirken in erfter Linie als Landfchaften von ruhiger Linien-
wirkung und fchönem decorativen Schwünge. Die Carracci hatten jetzt bereits
alle Einfichtigen auf ihrer Seite.
Die Decken- Einige Jahre fpäter (um 1593) finden wir die drei Meifter im Palazzo
und Kamin- . . . . .
bilder im Pai. Sampieri in Bologna, m dem fie drei der fünf Säle des Erdgefchoffes mit
Bologna. Decken- und Kaminbildern von wenigen, wuchtigen, muskelkräftigen, ftark
bewegten Gehalten fchmückten; und wenn die Meifter felbft bei allen diefen
Werken auch Einfprache gegen eine Scheidung ihres Antheils an jedem der-
felben erhoben, vielmehr verlangten, dafs nur von den Arbeiten »der Carracci«
geredet werde, fo geben die offenkundigen Einzelwerke eines jeden von ihnen
der Stilkritik doch Anhalt genug, ihre Hände einigermafsen von einander zu
unterfcheiden, und wir gehen daher vielleicht nicht fehl, wenn wir in Ueber-
einftimmung mit anderen Kritikern die Gemälde des zweiten Saales (Decken-
bild : Zeus und fein Adler empfangen Herakles zum Kampfe gegen die
Giganten3); Kaminbild: Demeter fucht Perfephone) ihrer ftark ausladenden
Formen und wuchtigen Kraft wegen dem Ludovico,. die Bilder des dritten
Saales (Deckenbild: Die Tugend ermuntert Herakles; Kaminbild: Zeus zer-
fchmettert einen Giganten) ihrer naturaliftifchen Kraft und flüffigen Malweife
wegen dem Annibale, die Darftellungen des vierten Saales aber (Deckenbild:
Herakles nimmt dem Atlas die Himmelskugel ab; Kaminbild: Herakles’ Kampf
mit Cacus) ihrer feineren Formenfprache wegen dem Agoftino zufchreiben.
Uebrigens zeigen alle diefe Bilder die mächtige Beherrfchung der menfchlichen
Formen, welche die Carracci fich nunmehr angeeignet hatten. Ihr Ruhm ver-
breitete fich jetzt rafch über ganz Italien.
Die Gemälde Auch nach Rom4) drang er. Der Cardinal Farnefe beauftragte Ludovico,
im Palazzo °
Farnefe zu einige Räume feines Palaftes mit Fresken zu fchmücken. Im Jahre 1597
reiften Ludovico und Annibale nach der ewigen Stadt ab. Es war ihr erfter

1) Stichwerk von Gius. Mar. Mitelli, Bologna 1663.
2) Stichwerk, von verfchiedenen franz. Stechern nach Zeichnungen Fr. Tortebal's, d. ä, 1659-
3) Diefer Gegenftand fcheint mir dargeftellt zu fein, nicht »Zeus Kampf mit einem Giganten«
oder der mythologifch unmögliche »Kampf des Zeus mit Herakles«, zwifchen welchen beiden Gegen-
ftänden die Angaben zu fchwanken pflegen.
4) Aelter als Malvaßa’s Berichte über die römifchen Arbeiten der Meifter find diejenigen von
G. B. Baglione, Le vite de Pittori etc. dal 1572 fino al 1642. (Erfte Ausg. Rom 1644: Ausg. von
Neapel 1733) und von G. Pie. Bellori: Vite dei pittori, scultori ed architetti moderni. (Erfte Ausg.
Rom 1672; Ausg. von Pifa 1821.) Hier follen in Zukunft nur die erften Auflagen diefer Schriftfteller
citirt werden.
 
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