Die italienifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Die Schule der Carracci und ihre Ausläufer. 14g
zeichnend für die genrehafte Auffaffung, die der Meifter manchmal bevorzugt,
ift es, dafs auf dem grofsartigften diefer Bilder, welches jene Begegnung zu
Gaeta darftellt, der Blick doch weniger durch die Hauptperfonen und die
Haupthandlung, die noch einige Härten in der Linienführung zeigt, als durch
die Nebenfiguren gefeffelt wird, befonders durch die kräftigen jungen Männer,
welche mit vollen Backen ihre Fanfaren blafen. Hier pulfirt volles Augen-
blicksleben in reiner und doch ungemein individuell empfundener Schönheit.
Auf diefen Frescocyklus folgten Domenichino’s mythologifche Darftellungen Dom^nichi-
in Baffano zwifchen Rom und Viterbo (vgl. oben S. 144), fodann feine be- in Baffano,
rühmten Wandgemälde aus dem Leben der hl. Cäcilia in der Kirche S. Luigi d*£, y^gi
de’ Francesi in Rom, von denen die Gefchichte, wie die Heilige ihre Kleider zu Rom-
unter die Armen vertheilt, mit der packendften und lebendigften Natürlich-
keit erzählt, die Darftellung des Todes der Heiligen aber durch ihre edle
Anordnung und ihr feelifches Leben ausgezeichnet ift. Natürlich hatte Dome-
nichino, von fo zahlreichen monumentalen Werken in Anfpruch genommen,
keine Zeit, viele Oelbilder zu malen; doch fällt, um eines zu nennen, fein berühm- Seine Oei-
’ 1 , bilder diefer
teftes Altarbild, die letzte Communion des hl. Hieronymus, jetzt in der vatikani- Zeit
Der hl.
fchen Galerie (Fig. 458), fchon in die Tage feines erften römifchen Aufenthaltes; Hieronymus
diefes Bild ift offenbar von demjenigen Agoftmo Carracci s, welches demelben
Gegenftand darftellt, (oben S. 130) abgeleitet; aber es ift auch ebenfo offenbar
eine vor allen Dingen in der klareren, überfichtlicheren Anordnung verbefferte
Auflage jenes Bildes; und wenn dem Meifter auch der Vorwurf, dafs er fich
enger, als erlaubt, an fein Vorbild gehalten habe, nicht erfpart blieb, fo
verbreitete fich doch fchon im 17. Jahrhundert die öffentliche Meinung in Rom,
die auch während des 18. Jahrhunderts herrfchend blieb, dafs Domenichino’s
hl. Hieronymus nächft der Transfiguration Raphaels das fchönfte Gemälde in
in der heiligen Stadt fei. In der That zeigt es eine aufserordentlich kräftige
und forgfältige Durchbildung der Compofition und der Modellirung und eine
nicht minder eindringende Beobachtung der Abftufung des geiftigen Aus-
drucks ; doch fehlt ihm für unteren heutigen Gefchmack die Unmittelbarkeit
und Wärme, die wir von Schöpfungen allererften Ranges verlangen.
Um 1617 finden wir Domenichino wieder in Bologna, wo er fich 1619 Domeni-
vermählte und einige feiner hauptfächlichften Altarblätter, wie die etwas überfüllte in'ß’oDgna6.1
Darftellung der »Madonna del Rofario« und die treffliche, von grofser Baum- Altarblätter
landfchaft fich abhebende Gruppe der Ermordung des Märtyrers Petrus malte,
welche fich jetzt in der dortigen Pinakothek befinden. Auch die prächtige,
lebensgrofse Geftalt Davids mit dem Haupte Goliaths im Collegio Folfi zu Fano in Fano.
mufs diefem Bolognefer Aufenthalte des Meifters zugefchrieben werden; und in
Fano felbft malte er, feine Arbeit an der Madonna del Rofario unterbrechend,
damals die ihrer Zeit viel bewunderten, in ihrem jetzigen Zuftande aber freilich
nur noch zu beklagenden Fresken aus der Geburts- und Kindheitsgefchichte Fresken
des Heilands im Dome S. Fortunato. In Fan0,
Im Jahre 1621 nach Rom zurückgekehrt, wurde er nicht nur von Gregor XV. pomeni-
(einem Ludovifi aus Bologna) als Baumeifter in Anfpruch genommen, fondern in Rom
auch von allen Seiten auf’s neue mit Gemäldeaufträgen bedacht. Jetzt ent- Das Decken-
ftand das wenig anziehende, grofse allegorifche Deckenbild Domenichino’s im Cofta^utt '
zeichnend für die genrehafte Auffaffung, die der Meifter manchmal bevorzugt,
ift es, dafs auf dem grofsartigften diefer Bilder, welches jene Begegnung zu
Gaeta darftellt, der Blick doch weniger durch die Hauptperfonen und die
Haupthandlung, die noch einige Härten in der Linienführung zeigt, als durch
die Nebenfiguren gefeffelt wird, befonders durch die kräftigen jungen Männer,
welche mit vollen Backen ihre Fanfaren blafen. Hier pulfirt volles Augen-
blicksleben in reiner und doch ungemein individuell empfundener Schönheit.
Auf diefen Frescocyklus folgten Domenichino’s mythologifche Darftellungen Dom^nichi-
in Baffano zwifchen Rom und Viterbo (vgl. oben S. 144), fodann feine be- in Baffano,
rühmten Wandgemälde aus dem Leben der hl. Cäcilia in der Kirche S. Luigi d*£, y^gi
de’ Francesi in Rom, von denen die Gefchichte, wie die Heilige ihre Kleider zu Rom-
unter die Armen vertheilt, mit der packendften und lebendigften Natürlich-
keit erzählt, die Darftellung des Todes der Heiligen aber durch ihre edle
Anordnung und ihr feelifches Leben ausgezeichnet ift. Natürlich hatte Dome-
nichino, von fo zahlreichen monumentalen Werken in Anfpruch genommen,
keine Zeit, viele Oelbilder zu malen; doch fällt, um eines zu nennen, fein berühm- Seine Oei-
’ 1 , bilder diefer
teftes Altarbild, die letzte Communion des hl. Hieronymus, jetzt in der vatikani- Zeit
Der hl.
fchen Galerie (Fig. 458), fchon in die Tage feines erften römifchen Aufenthaltes; Hieronymus
diefes Bild ift offenbar von demjenigen Agoftmo Carracci s, welches demelben
Gegenftand darftellt, (oben S. 130) abgeleitet; aber es ift auch ebenfo offenbar
eine vor allen Dingen in der klareren, überfichtlicheren Anordnung verbefferte
Auflage jenes Bildes; und wenn dem Meifter auch der Vorwurf, dafs er fich
enger, als erlaubt, an fein Vorbild gehalten habe, nicht erfpart blieb, fo
verbreitete fich doch fchon im 17. Jahrhundert die öffentliche Meinung in Rom,
die auch während des 18. Jahrhunderts herrfchend blieb, dafs Domenichino’s
hl. Hieronymus nächft der Transfiguration Raphaels das fchönfte Gemälde in
in der heiligen Stadt fei. In der That zeigt es eine aufserordentlich kräftige
und forgfältige Durchbildung der Compofition und der Modellirung und eine
nicht minder eindringende Beobachtung der Abftufung des geiftigen Aus-
drucks ; doch fehlt ihm für unteren heutigen Gefchmack die Unmittelbarkeit
und Wärme, die wir von Schöpfungen allererften Ranges verlangen.
Um 1617 finden wir Domenichino wieder in Bologna, wo er fich 1619 Domeni-
vermählte und einige feiner hauptfächlichften Altarblätter, wie die etwas überfüllte in'ß’oDgna6.1
Darftellung der »Madonna del Rofario« und die treffliche, von grofser Baum- Altarblätter
landfchaft fich abhebende Gruppe der Ermordung des Märtyrers Petrus malte,
welche fich jetzt in der dortigen Pinakothek befinden. Auch die prächtige,
lebensgrofse Geftalt Davids mit dem Haupte Goliaths im Collegio Folfi zu Fano in Fano.
mufs diefem Bolognefer Aufenthalte des Meifters zugefchrieben werden; und in
Fano felbft malte er, feine Arbeit an der Madonna del Rofario unterbrechend,
damals die ihrer Zeit viel bewunderten, in ihrem jetzigen Zuftande aber freilich
nur noch zu beklagenden Fresken aus der Geburts- und Kindheitsgefchichte Fresken
des Heilands im Dome S. Fortunato. In Fan0,
Im Jahre 1621 nach Rom zurückgekehrt, wurde er nicht nur von Gregor XV. pomeni-
(einem Ludovifi aus Bologna) als Baumeifter in Anfpruch genommen, fondern in Rom
auch von allen Seiten auf’s neue mit Gemäldeaufträgen bedacht. Jetzt ent- Das Decken-
ftand das wenig anziehende, grofse allegorifche Deckenbild Domenichino’s im Cofta^utt '