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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0254
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Sechstes Buch. Zweiter Abfchnitt.

Oeibiider haben der Zeit widerftanden. Im Uebrigen haben wir uns an feine Oelbilder
zu halten, in denen er feiner Technik auch am unbehindertften die Zügel
fchiefsen laffen konnte. Seiner Jugend fcheint fein berühmtes »jüngftes Gericht«
s Bernardo $• Bernardo bei Sevilla anzugehören. Berühmt ift es befonders wegen der
bei Sevilla, wohlverftandenen Behandlung des Nackten der Verdammten. Je feltener es
den Spaniern geftattet war, nackte Körper darzuftellen — gerade bei den
Verdammten der Hölle fcheint es erlaubt gewefen zu fein — defto gröfseres
Auffehen erregten diefe unbekleideten Gruppen Herrera’s noch zu Bermudez’
zu Sevdi'a111 Zeiten. Sein beftes Bild im Mufeum zu Sevilla, zugleich überhaupt fein gröfstes
Meifterwerk, ift die 1624 vollendete Darftellung des Triumphes des hl. Hermen-
gild. Der Weftgothenheilige fchwebt in blauem Stahlpanzer und rothem Mantel
inmitten der goldfchimmernden Engelglorie, die ihn gen Himmel geleitet, wäh-
rend unten die heiligen Leander und Ifidor mit dem Vater und dem Sohne
des Verklärten gruppirt find. Diefes grofsartige Gemälde zeigt nicht nur die
freie, breite Pinfeiführung, fondern auch die ebenfo freie, breite Compofitions-
weife und den eigenartigen, zunächft auf einen entfchiedenen, aber doch nicht
völlig harmonifch durchgebildeten Helldunkel beruhenden Colorismus des
in anderen Meifters. Allen feinen Werken in Sevilla nachzugehen, würde uns hier zu weit
Kirchen zu °
Sevilla, führen; in den Kirchen diefer Stadt find fie nicht feiten; das Mufeum befitzt
ihrer im ganzen zehn; zu den charakteriftifchen gehören noch die vier grofsen,
im erzbifch. vollendeten Gemälde des erzbifchöflichen Palaftes, welche das Mannalefen,
dafeibft, den Dürft der Ifraeliten in der Wüfte, die Hochzeit zu Cana und das Wunder
mit den Broden und Fifchen darftellen. Aufserhalb Spaniens find fie von der
im Louvre gröfsten Seltenheit; doch befitzt z. B. die Louvrefammlung zu Paris eines
feiner Bafiliusbilder (Fig. 479); und befonders intereffant find die kürzlich von
Carl Jufti wiederentdHckten drei Bilder Herrera’s aus dem Leben des hl.
Bonaventura, welche fleh urfprünglich in der Kirche diefes Heiligen zu Sevilla
bciare^don°f befanden, jetzt aber den Landfitz des Earl of Clarendon fchmücken ').
Der bedeutendfte feiner Schüler, abgefehen von Velazqnez, war fein Sohn
F1ei^1ozoia Herrera el mozo (d. h. der jüngere), welcher 1622 in Sevilla geboren wurde,
Sein Leben, bei feinem Vater lernte, nach kaum beendigter Lehrzeit aber dem elterlichen
Hause und der väterlichen Zucht entfloh und in Rom lebte, bis er den Tod
feines Vaters erfuhr, dann nach Sevilla zurückkehrte, 1660 jedoch, da er die
auf ihn gefallene Wahl zum zweiten Director der neu in feiner Vaterftadt
gegründeten Akademie unter Murillo nicht annehmen wollte, nach Madrid zog,
wo er nach und nach mit einer Reihe einträglicher Hofämter bedacht wurde, als
Sein Stil. Maler und Baumeifter wirkte und 1685 ftarb. Er hat fich etwas von der wuchtigen
Compofitionsweife und der breiten Pinfeiführung feines Vaters bewahrt, aber
fein Farbenauftrag ift dünner, feine malerifche Technik verblafener, fein Colorit
flauer; er gehört alles in allem zu der fpanifchen Malergeneration, welche fleh
auf der Grundlage der Errungenfchaften der fünf oder fechs grofsen Haupt-
meifter einem Manierismus eigener Art, der mit der feften Zeichnung zugleich
die Farbengebung in Duft und Dunft aufzulöfen drohte, hingaben. An Werken
Hauptwerk, feiner Hand fehlt es weder in Sevilla noch in Madrid. Sein Hauptwerk in

1) C. Jufti im Jahrbuch der Preufs. Kunstfammlungen IV, 18S3, S. 152—153-
 
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