3°4
Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.
uns als Künftlerindividuen von einiger Bedeutung zu intereffiren. Welches
Gewicht man auch auf dem Gebiete der Malerei auf die geiftige Verbindung mit
der »Antike« legte, zugleich jedoch auch auf das Studium Raphaels und Michel-
Acadlmie angelo’s, fpricht fich deutlich in der Gründung einer Filialakademie (Academie
dzuRomCe de France) R°m aus, deren erfte Statuten, von Colbert erlaffen, vom u.
Februar 1666 datirt find1); und in der That werden wir fehen, dafs die fran-
zöfifche Schule in Rom, welcher Meifter, wie Nie. Poussin und der grofse Land-
fehafter Claude Lorrain, lange vor Gründung der römifch-franzöfifchen Akademie
Glanz verliehen hatten, neben der Parifer Schule eine gewiffe felbftändige Rolle
im franzöfifchen Kunftleben des fiebzehnten Jahrhunderts fpielt. Die meiften
franzöfifchen Künftler zog es nach der Beendigung ihrer römifchen Studien
aber doch nach Paris zurück, wo die ganze Hofgefellfchaft mit dem Könige
wetteiferte, ihnen Arbeit und Auszeichnungen zu verfchaffen. Gab es im fieb-
Sammterund zehnten Jahrhundert doch nirgends fo viele Sammler und Liebhaber, als in
Liebhaber. paris- unj waren die bedeutendften derfelben, wie der Cardinal Richelieu2),
wie Mazarin, wie der fo unglücklich endende Surintendant Fouquet3 * *), doch
zugleich die einflufsreichften Männer im Hof- und Staatsleben Frankreichs!
derfranlr Dafs die franzöfifche Kunft des fiebzehnten Jahrhunderts auf allen Gebieten
Kunft des einerfeits nach Hofluft, andererfeits nach Akademieftaub fchmeckt, wird
17. Jahr- 7
hunderts. man nach allem Getagten felbftverftändlich finden. Volksthümlich war fie in
der That nicht oder doch nur in einzelnen ihrer Lebensäufserungen; aber
national war fie darum in ihrer Art nicht minder; diefe Art höfifchen und
akademischen Einfluffes konnte fich eben nur in Frankreich auf feiner damaligen
gefellfchaftlichen Entwickelungsftufe geltend machen; und was wir von unterem
heutigen Standpunkte aus auch an diefer franzöfifchen Kunft des fiebzehnten
Jahrhunderts auszufetzen haben mögen, eine Reihe guter nationalfranzöfifcher
Geifteseigenfchaften, vor allen Dingen Klarheit, Folgerichtigkeit und Einheitlich-
keit, aber auch eine gewiffe theatralifche Pracht im ganzen und einen gewiffen
feinen Gefchmack im einzelnen, wird man ihr nicht abfprechen.
Die franz.
Realiften des
17. Jahr-
hunderts.
Die bedeutendften der felbftändigen Realiften, die wir in diefem Capitel
kennen zu lernen haben, find die Brüder Le Nain und Jacques Callot; die
wichtigften der unter dem unmittelbarem Einflufs der Italiener flehenden Meifter,
deren Betrachtung wir in diefem Capitel vorwegnehmen müffen, find Valentin,
Vouet und Courtois.
A. Die franzöfifchen Realiften in der erften Hälfte des
Jahrhunderts und Simon V ouet.
1) A. Lecoy de la Marche'% Auffätze in der Gaz. des Beaux Arts, 1369, I, p. 128 — 1872,
II, p. 403 »L’ academie de France ä Rome«.
2) Edm. Eonnaje: »Notes sur les collections des Richelieu«, in der Gaz. d. B. A., 1S82, II,
p. 5, p. 96, p. 206.
3) Edm. ßonnafe: Les amateurs de l’ancienne France. Le surintendant Foucquet; in «LArt»
1881, 111, p. 217, 1881, IV, pp. 57, 97, 121, 141. Auch in Buchform. Vgl. Clem. de Riz in der
Gaz. d. B. A. 1882 I, p. 292.
Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.
uns als Künftlerindividuen von einiger Bedeutung zu intereffiren. Welches
Gewicht man auch auf dem Gebiete der Malerei auf die geiftige Verbindung mit
der »Antike« legte, zugleich jedoch auch auf das Studium Raphaels und Michel-
Acadlmie angelo’s, fpricht fich deutlich in der Gründung einer Filialakademie (Academie
dzuRomCe de France) R°m aus, deren erfte Statuten, von Colbert erlaffen, vom u.
Februar 1666 datirt find1); und in der That werden wir fehen, dafs die fran-
zöfifche Schule in Rom, welcher Meifter, wie Nie. Poussin und der grofse Land-
fehafter Claude Lorrain, lange vor Gründung der römifch-franzöfifchen Akademie
Glanz verliehen hatten, neben der Parifer Schule eine gewiffe felbftändige Rolle
im franzöfifchen Kunftleben des fiebzehnten Jahrhunderts fpielt. Die meiften
franzöfifchen Künftler zog es nach der Beendigung ihrer römifchen Studien
aber doch nach Paris zurück, wo die ganze Hofgefellfchaft mit dem Könige
wetteiferte, ihnen Arbeit und Auszeichnungen zu verfchaffen. Gab es im fieb-
Sammterund zehnten Jahrhundert doch nirgends fo viele Sammler und Liebhaber, als in
Liebhaber. paris- unj waren die bedeutendften derfelben, wie der Cardinal Richelieu2),
wie Mazarin, wie der fo unglücklich endende Surintendant Fouquet3 * *), doch
zugleich die einflufsreichften Männer im Hof- und Staatsleben Frankreichs!
derfranlr Dafs die franzöfifche Kunft des fiebzehnten Jahrhunderts auf allen Gebieten
Kunft des einerfeits nach Hofluft, andererfeits nach Akademieftaub fchmeckt, wird
17. Jahr- 7
hunderts. man nach allem Getagten felbftverftändlich finden. Volksthümlich war fie in
der That nicht oder doch nur in einzelnen ihrer Lebensäufserungen; aber
national war fie darum in ihrer Art nicht minder; diefe Art höfifchen und
akademischen Einfluffes konnte fich eben nur in Frankreich auf feiner damaligen
gefellfchaftlichen Entwickelungsftufe geltend machen; und was wir von unterem
heutigen Standpunkte aus auch an diefer franzöfifchen Kunft des fiebzehnten
Jahrhunderts auszufetzen haben mögen, eine Reihe guter nationalfranzöfifcher
Geifteseigenfchaften, vor allen Dingen Klarheit, Folgerichtigkeit und Einheitlich-
keit, aber auch eine gewiffe theatralifche Pracht im ganzen und einen gewiffen
feinen Gefchmack im einzelnen, wird man ihr nicht abfprechen.
Die franz.
Realiften des
17. Jahr-
hunderts.
Die bedeutendften der felbftändigen Realiften, die wir in diefem Capitel
kennen zu lernen haben, find die Brüder Le Nain und Jacques Callot; die
wichtigften der unter dem unmittelbarem Einflufs der Italiener flehenden Meifter,
deren Betrachtung wir in diefem Capitel vorwegnehmen müffen, find Valentin,
Vouet und Courtois.
A. Die franzöfifchen Realiften in der erften Hälfte des
Jahrhunderts und Simon V ouet.
1) A. Lecoy de la Marche'% Auffätze in der Gaz. des Beaux Arts, 1369, I, p. 128 — 1872,
II, p. 403 »L’ academie de France ä Rome«.
2) Edm. Eonnaje: »Notes sur les collections des Richelieu«, in der Gaz. d. B. A., 1S82, II,
p. 5, p. 96, p. 206.
3) Edm. ßonnafe: Les amateurs de l’ancienne France. Le surintendant Foucquet; in «LArt»
1881, 111, p. 217, 1881, IV, pp. 57, 97, 121, 141. Auch in Buchform. Vgl. Clem. de Riz in der
Gaz. d. B. A. 1882 I, p. 292.