Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0322
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.

310
Abr. Boffe. Ein echt franzöfifcher Stecher, der fich, nicht ohne bewufste Anlehnung
an Callot, auf einigen Gebieten in ähnlichen Bahnen bewegte, wie diefer,
freilich aber die Radirnadel in manierierter Weife nach Art des Stichels zu
handhaben fuchte, war Abr. Bosse von Tours (1610—1678). Seine achthundert
Blätter find von gröfster Wichtigkeit für die Gefchichte des Coftüms und der
Hoffitten feiner Zeit und werden daher befonders in Frankreich wieder fehr
gefchäzt. Auch gehört er zu den früheften Schriftftellern, welche über die
Technik des Kupferftichs gefchrieben haben.
Valentin. Zu den eigentlichen Realiften des 17. Jahrhunderts zählt ferner der Maler
Valentin; nur dafs die Eigenart diefes Meifters weniger felbftändig, als diejenige
der Le Nain und Callots, vielmehr durchaus durch die Auffaffung Carravaggio’s
(oben S. 171 ff.) bedingt erfcheint, dafür aber freilich auch um fo kräftiger
und packender ift. Valentin (Le Valentin nennen die Franzofen ihn in der
Regel) fcheint nur der Vorname des Meifters gewefen zu fein. Die Fabel,
dafs er Moyse Valentin geheifsen, war durch feine Bezeichnung als Monsü
Sein (für Monsieur) Valentin in einem italienifchen Briefe entftanden. Dafs das
Geburtsort. v . 7
Städtchen Coulommiers (en Brie) feine Heimat gewefen, ergiebt fich aus dem
Sein Leben Vergleiche der Berichte verfchiedener alter Schriftfteller. ') Dafs er jung nach
in Rom. „ . .. . . .
Rom gegangen, wo der Cardinal Barberini fich feiner annahm, berichtet fein
o , ältefter Biograph, durch den wir auch erfahren, was freilich fchon feine Bilder
Ende, beweifen, dafs er fich Caravaggio zum Vorbild genommen und dafs ihn durch
Die Unge- t>i=> fc>
wifsheit kaltes Baden in erhitztem Zuftande ein frühes Ende ereilte1 2). Sein Geburts-
feines Ge-
bm-ts- und und fein Todesjahr werden jedoch verfchieden angegeben, felbft in den neueften
jahres. wiffenfchaftlichen Katalogen3). Als ficher dürfen wir nur anfehen, dafs er

1) G. P. Bellori, Vite etc. (1672, p. 216): «de Brie»; — J. Sandrart, Teutfche Academie
(1678, II, S. 367) «von Colombe».
2) Giov. JSaglione, Vite etc. (1642, p. 337—338): »nel fiore dell’ operare«.
3) Als fein Todesjahr gab Sandrart (a. a. O. S. 367), der ihn perfönlich gekannt, 1634 an.
Dagegen liefs d’ Argensville, (a. a. o. 1745 p. 260—262), der eine handfchriftliche Nachricht darüber
zu befitzen erklärte, ihn 1600 geboren und 1632 geftorben fein; und Mariette (a. a. O. T. V, 1858—■
1859, p. 358) veröffentlicht einen 1632 in Rom gefchriebenen Brief, welcher meldet, dafs Valentin »il
y a environ quinze jours ou un mois» geftorben fei. Die Echtheit diefes Documents vorausgefetzt,
hätte Sandrart ihn alfo zwei Jahre zu fpät fterben laffen. Die Herausgeber des Mariette (a. a. O. p.
359), welche gegen die in Coulommiers gemachten, von Blanc acceptirten archivalifchen Forfchungen,
die Valentin mit einem 1601 geborenen Jean de Boulogne identificiren wollten, mit Recht polemifiren,
halten doch mit Mariette daran feft,-dafs er 1600 oder 1601 geboren fein müffe, dafs er aber 1632,
zweiunddreifsig Jahre alt geftorben fei. Inzwifchen tollen fernere Nachforfchungen in Coulommiers er-
geben haben, dafs im Januar 1591 ein älterer Bruder jenes Jean de Boulogne, der als «Valentinus, filius
Valentini» bezeichnet wird, geboren fei; und mit diefem identificiren einige neuere Forfcher den Maler
Valentin, den fie daher 1591 geboren fein laffen: man fehe z. B. die Artikel in der «Biographie
universelle, Bd. XLII, p. 452 Anm. 1 ; und in der «Biographie generale», Bd. XLV (Paris .1866) p.
858—59; wogegen felbft der Louvrekatalog (1879) dabei bleibt, 1600 als Valentins Geburtsjahr an-
zuerkennen , und ich auch durch briefliche Nachfrage in Paris nicht habe erkunden können, wo jene
neueren Documente publizirt worden. Meines Erachtens hat man nur die Wahl, entweder bei der
Angabe D’Argensville’s und Mariette’s ftehen zu bleiben oder aber, wenn man den von Mariette
publicirten Brief von 1632 verwirft, zu Sandrarts Angabe, Valentin fei 1634 geftorben, zurückzukehren
und dann auch den 1591 geborenen Valentin als den Maler anzuerkennen. Diefer Anficht folgt z. B.
E. v. Engerth in dem »Befchreibenden Verzeichnifs« der kaif. Gern.-Gal. zu Wien, Bd. I (1882) S. 469,
wogegen ich wohl anführen darf, dafs Eng. Müntz, der ausgezeichnete Parifer Forfcher, mir gütigft
 
Annotationen