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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0335
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Die franzöfifche Malerei des 17. Jahrhunderts. B. Nicolas Pouffin.

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Im Jahre 1639 wurde Pouffin unter vortheilhaften Bedingungen nach Paris R°^f^’snRceh
zurückberufen. Die Verhandlungen zogen fich jedoch in die Lange. Erft An- Paris-
fang 1641 traf der Meifter, welcher feine Gattin in Rom zurückgelaffen hatte, Asnek‘JJft
in Paris ein, wo er aufs glänzendfte empfangen wurde. Richelieu umarmte dafelbft-
ihn; Ludwig XIII. unterhielt fich lange mit ihm; im Tuileriengarten wurde ihm
eine behagliche Wohnung eingerichtet. Der König beftellte fofort zwei Altar-
blätter für die Schlofskapeilen zu St. Germain en Laye und zu Fontainebleau kon!f1-
bei ihm. Dasjenige von St. Germain hat fich erhalten. Es ftellt die Einfetzung
des Abendmahls (Chriftus fleht inmitten der um ihn flehenden und knieenden
Jünger) in lebensgrofsen Figuren dar, läfst aber gerade wegen feiner Gröfse
die religiöfe Wärme, die der Gegenftand erheifchte, doppelt vermiffen. Auch
die Jefuiten wandten fich fofort wieder mit einem Auftrag an den Meifter.
Für ihr Novizenhaus malte er, ebenfalls in lebensgrofsen Figuren, den heiligen
Fr. Xaverius, im Begriffe eine junge Japanerin zum Leben zurückzurufen: ein wir-
kungsvolles, feierliches Bild, welches trotz der für Pouffin ungewohnten Gröfse
intereffant und geiflvoll durchgeführt ift. Es gehört ebenfalls zu den Schätzen
des Louvre. Gleichzeitig verlangte man Gartons mit Darftellungen aus dem feine Cartons
alten Teftamente für die Teppichfabrik, verlangte man decorative Arbeiten Tfeapbpiikh'
verfchiedener Art von Poussin; vor allen Dingen füllte die gröfse Galerie, für die gröfse
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welche die Tuilerien mit dem Louvre verband, unter feiner Leitung mit neuen gaierie.
Gemälden gefchmückt werden. An den oberen Wandtheilen füllten die Arbeiten
des Herakles grau in grau ausgeführt werden. Pouffin lieferte vierzig Zeich-
nungen dazu, welche zum Theil durch das Stichwerk J. Pesne’s ') erhalten find.
Aber er hatte fchon gerade genug in Paris geleiftet, um den Neid der dortigen „ Gegen-
Künftler zu erregen. Sim. Vouet (oben S. 312) Fand an der Spitze der Ränke,
die gegen ihn gefchmiedet wurden. Pouffin fühlte durchaus nicht das Bedürfnifs,
fich in den Kampf einzulaffen. Er fehnte fich nach Rom, nach feinem Haufe
auf dem Monte Pincio, nach feiner Gattin, nach feinen Freunden zurück. Noch

ein Bild, welches fich jetzt ebenfalls im Louvre befindet, malte er in Paris, Seite letzten
gegen feine Gewohnheit eine Allegorie, eine Allegorie aber, die offenbar fein Bilder.
Abfchiedswort an feine Gegner fein füllte: »Die Zeit bringt die Wahrheit an
den Tag«. Dann nahm er rafch entfchloffen Urlaub und kehrte fchon im T1..s?1.ne,
September 1642 nach Rom zurück, um Paris nie wieder zu betreten. Doch nach Rom-
behielt er eine franzöfifche Penfion von 1000 Thalern, die ihn in den Stand
fetzte, feiner Kunft zu leben, ohne fich zu überarbeiten; und nun waren ihm s.ejT ?e_
noch 23 Jahre eines äufserlich ruhigen und ereignifslofen, aber angeregten und viJJbl|er
arbeitfamen Lebens in der Stadt feiner Wahl befchieden. Die Gemälde, welche
er in dem erften Decennium nach feiner Rückkehr fchuf, find Alles in Allem

genommen feine reifften und edelften Leiftungen. Eins der erfien (1643) war
feine, offenbar durch Raphaels Vifion des Ezechiel (oben Bd. II, S. 670) ein-
gegebene »Verzückung des hl. Paulus«, ein fein gezeichnetes, warm getöntes
Bild, welches nunmehr dem Louvre zu Paris gehört. Im folgenden Jahre
begann er feine zweite Folge der »Sieben Sacramente« (1644—1648), welche
gegenwärtig die Bridgewater Gallery zu London fchmückt. Das gröfste Auf-

im Louvre,
in der
Bridgewater
Gallery zu
London
(zweite
Folge der
Sacramente),

1) Andrefen, Nie. Pouffin, a. a. O. No. 396.

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