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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0378
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Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.

Louvre- Einigkeit und religiöfen Ueberzeugungskraft. Ergreifend in ihrer Art ift dagegen
hiider. feine Darftellung des Gekreuzigten, den Engel umflattern, umknieen, tröffen und
anbeten, nach einem Traume der Königin ausgeführt, ergreifend auch die Kreuzes-
aufrichtung, welche der Meiller 1685 als Gegenftück zu einer Kreuztragung
Mignards für den König gemalt hatte. Die meiften diefer Bilder befinden fleh
jetzt im Louvre zu Paris, deffen Sammlung allein genügt, um Le Brun in feiner
J,LenBrunser Eigenfchaft als Maler kennen zu lernen. Als Jugendbilder des Meifters in diefer
dafeibit. Galerie find noch fein »Mutius Scaevola«, fein »Tod Cato’s« und fein frühes
Selbftbildnifs, als berühmtes Bild feiner mittleren Zeit die heilige Familie mit
dem fchlummernden Chriftkind, »Le silence«, 1655 gemalt, als Werke feiner
Spät-Biider. letzten Zeit feine »Kreuztragung« von 1687 und fein »Einzug Chrifti in Jeru-
falem« von 1689 hervorzuheben.
^libiiderln" Ei auswärtigen Galerien find Gemälde Le Bruns feiten. Die Petersburger
St’bur^ers" Eremitage befltzt unter anderen die mit feinem Namen und der Jahreszahl 1638
bezeichnete Darftellung Chrifli an der Säule, welche als frühes Jugendbild des
in Dresden, Meifters einiges hiftorifche Intereffe hat. In der Dresdner Galerie führt eine
in Berlin, kalte, aber gut gemalte »heilige Familie« feinen Namen. Das Berliner Mufeum
befltzt fein fchönftes Porträtgruppenbild, welches die Familie des bekannten
Kölner Banquiers Jabach darftellt l 2). Hier lernen wir ihn auch als Maler fchätzen.
Alles in Allem aber wird er, trotz der zahllofen Gemälde, welche er ausgeführt
hat, eine gröfsere Stellung in der Gefchichte der decorativen Künfte, als in
derjenigen der Malerei behaupten.
Eusueur Le ^er dritte Hauptmeifter der Schule Vouets und der Academie war Euflache
Le Sueur-\ Er war im November 1616 (nicht 1617)3) zu Paris geboren, in der
Sein Leben. Schule Vouets zum Künftler erzogen und als Meiftermaler der Gilde beigetreten.
Durch das Studium der Stiche nach Werken Raphaels und der Gemälde Poufflns,
die nach Paris gekommen waren, entwickelte fleh fein Schönheitsgefühl im
Sinne diefer Meifter. Er lernte feine Kunft von höheren Geflchtspunkten aus
auffaffen und ging gleich 1648 mit zur Akademie über, zu deren »zwölf
Aelteften« er gehörte. Er wurde von allen Seiten reichlich mit Aufträgen
bedacht, war glücklich verheirathet und mit Kindern gefegnet; aber fein Glück
dauerte nur wenige Jahre mehr. Er ftarb, faft fo jung wie Raphael, fchon am
30. April 1655. Le Sueur wird von einigen Seiten in der That für den
franzöfifchen Raphael und für einen der gröfsten Meifter aller Zeiten und
Sein Stil. Völker gehalten. Wahr ift es, dafs die Schlichtheit feines Schönheitsgefühls,
die ftille Anmuth feiner Compofitionen, die Innigkeit feiner Empfindung und
manchmal fogar die Unmittelbarkeit und Wahrheit feiner Geb erden fp rache fleh
vortheilhaft von dem theatralifchen Pathos vieler feiner Landsleute unterfcheiden;
aber man darf nicht verkennen, dafs auch feine Kunftfprache im Ganzen doch
nur von derjenigen feiner grofsen Vorbilder abgeleitet ift, dafs feiner Schlicht-
heit nicht feiten ein Anflug von Schwächlichkeit beigemilcht ift und dafs leine
1) Beglaubigt als Werk feiner erften Barifer Zeit nach feiner Rückkehr aus Rom in den Memoires
inedits II, p. 8.
2) Befter Auffatz über ihn von Guillet de Saint Georges in den »Memoires inedits« II, pag.
I47 — I73-
3) A. Jal, Dictionnaire critique, pag. 781.
 
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