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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Editor]; Woermann, Karl [Editor]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0386
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Sechstes Buch. Dritter Abfchnitt.

LaLgiililre. Eines gröfseren Beifalls bei der Männerwelt, als de Troy, erfreute fich Nie. de
Largilliere. Diefer war 1656 in Paris geboren, hatte feine Jugend aber theils in
Antwerpen, theils in London verbracht. In Antwerpen war er Schüler des Sitten-
malers Ant. Goubau, in London Schüler des Sir Peter Lely gewefen. Nach Paris
zurückgekehrt, wurde er hier 1686 in die Akademie aufgenommen. Sein Recep-
tionsbild, welches den Maler Ch. Le Brun darftellt, befindet fich im Louvre. Er
warf fich jetzt faft ganz auf die Bildnifsmalerei und malte auch einige grofse
Gruppen- und Ceremonienbilder, wie das Feftmahl, welches die Stadt Paris 1687
dem Hofe zur Feier der Genefung Ludwigs XIV. gab, wie die Hochzeit, welche der
Herzog von Burgund 1697 mit einer favoyifchen Prinzeffin feierte, wie das Gebet,
welches die Väter der Stadt Paris 1694 wegen der Hungersnoth gen Himmel
fchickten. Diefes letztere Bild, urfprünglich für Sainte - Genevieve gemalt,
befindet fich jetzt in Saint-Etienne-du-Mont. Largilliere ftarb neunzigjährig 1 746
zu Paris Er foll gegen 1500 Bildniffe gemalt haben. Liefe zeichnen fich durch
kräftige, plailifche Modellirung, durch frifche, natürliche Färbung aus und fpiegeln
die Mienen, welche alle Welt in der Zeit der Allongeperrücken aufzufetzen
wufste, keck und lebendig wieder. Einzelne Bilder feiner Hand finden fich in
den meiften namhaften Galerien: aufserhalb Frankreichs z. B. in denjenigen
von Dresden, Berlin, München, St. Petersburg, Florenz und Madrid; in gröfserer
Zahl zugänglich find fie in den Stichen, welche die erften Steeher der Zeit,
die Edelinck, Drevet, van Schuppen u. f. w. nach ihnen gefchaffen haben.
Hyac. Der Dritte im Bunde diefer Bildnifsmaler, die in freundfchaftlicher Neben-
Rigau d.
buhlerfchaft mit einander wetteiferten, war Hyacinthe Rigand, welcher 1659 zu
wdekhung1' Perpignan geboren wurde und 1743 in Paris ftarb. Seinen erften Unterricht
hatte er bei verfchiedenen Malern Südfrankreichs erhalten, dann war er Schüler
der Parifer Akademie gewefen, hatte fich durch das Studium der Werke van
Dycks weitergebildet und fchlofs fich an Francois de Troy und an N. de Lar-
$eine p-jlliere an. Hiftorienbilder hat er nur feiten gemalt. Doch malte er 1687 eine
Hiftonen- ° ° .
bilder- Anbetung der Hirten, um fich in die Akademie aufnehmen zu laffen, was ihm
jedoch erft 1700 mit feinem hl Andreas, der jetzt im Louvre hängt, gelang;
und im Louvre befindet fich auch die »Darftellung im Tempel«, welche als
Seine fejn letztes Werk gilt. Um fo zahlreicher find feine Bildniffe. Er hat fünf
Bildniffe. ,
Könige, viele Prinzen von Geblüt und zahllofe Würdenträger ganz Europas
ihr Stil, gemalt. In der That galt er um 1700 als der bedeutendfte Bildnifsmaler feiner
Zeit; und die Nachwelt beftätigt in diefem Falle das Urtheil der Mitwelt.
Noch in weit höherem Mafse, als in den Werken Largilliere’s, fpiegelt die ganze
baufchige Vornehmheit, die ganze perrückengefchmückte Blafirtheit, die ganze
theatralifche Eleganz der grofsen Welt jener Tage fich in feinen Bildniffen
wieder. In feltener Weife weifs Rigaud alle diefe Eigenfchaften von ihrer
malerifchen Seite zu erfaffen, die Züge der Dargeftellten mit der gröfsten Treue
wiederzugeben und, indem er ftark mit Vorhängen, Tüchern, Mänteln und
Drapirungen jeder Art fchaltete, zugleich eine harmonifch abgerundete Bildwirkung
zu erzielen. Dabei malt er feft und doch weich verfchmolzen, klar in den L m-
riffen und doch einheitlich coloriftifch geftimmt; kurz er ift nicht nur der
charakteriftifchfte Bildnifsmaler feiner Zeit, fondern auch einer der bedeutendften
aller Zeiten. Seine Gemälde aufzuzählen, würde uns hier viel zu weit führen.
 
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