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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0466
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454

Sechstes Buch. II. Abteilung. Erfter Abfchnitt.

in
Panshanger.
Van Dyck's
»Icono-
graphie«.

Van Dyck
als Radirer.

Van Dyck's
Selbftbild-
niffe.

Mufeum gemalt haben; und dasfelbe gilt von einem feiner berühmteren Gruppen-
bildniffe, welches die Jahreszahl 1634 trägt, von dem grofsartigen Familienbilde
des Herzogs Johann von Naffau, feiner Gemahlin und ihrer drei Töchter, jetzt
zu Panshanger in England. Der tiefe warme Ton diefes herrlichen Bildes erinnert
noch gar nicht an die Bläffe der letzten Zeit des Meifters.
Hier ift auch die befte Gelegenheit, von van Dycks berühmter »Icono-
graphie« zu reden. Schon in Italien hatte er angefangen, die Bildniffe feiner
Fachgenoffen, die ihm begegneten, zu fkizziren, theils grau in Grau in Oel, theils
getufcht auf Papier. In feiner Heimath und in England vervollftändigte er fpäter
diefe Sammlung und fügte noch die Bildniffe von Fünften, Gelehrten und Staats-
männern hinzu. Von den kleinen Oellkizzen diefer Folge, bei deren An-
fertigung er offenbar von Anfang an die Vervielfältigung durch den Kupfer-
ftich im Auge gehabt hat, befindet fich eine, welche die Bildniffe der Brüder
Lucas und Cornelis de Wael darftellt, in der Caffeler Galerie; ihrer zehn be-
fitzt die Münchener Pinakothek; eine gröfsere Anzahl foll fich im Montague
House beim Duke of Buccleugh in London befinden *); fie wurden von den
beften Stechern der Zeit auf van Dycks eigene Koften geftochen, aber vom
Antwerpener Kunfthändler Marten van Enden vertrieben; und ihrer hundert
erfchienen nach feinem Tode, zu einer Sammlung vereinigt, bei Gillis Hendricx
zu Antwerpen -).
Aber auch felbft hat van Dyck zu verfchiedenen Zeiten feines Lebens die
Radirnadel zugleich leicht und kräftig, geiftvoll und natürlich gehandhabt. Im
Ganzen find 24 Blätter feiner Hand bekannt3): eine »Dornenkrönung Chrifti«,
eine »Büfte Senecas«, eine »heilige Familie« , eine »Darftellung Tizians mit
feiner Geliebten« und zwanzig feiner Künftlerbildniffe, unter ihnen fein eigenes.
Sein eigenes Bildnifs, welches fo edle, feine Züge und einen fo vornehmen
und zugleich geiftvollen Ausdruck zeigt, dafs wir begreifen, welches Glück er
überall bei den Frauen machte, hat er übrigens auch wiederholt gemalt. Die
fchönften und bekannteren Exemplare find diejenigen der Uffizien zu Florenz,
der Londoner National - Gallery, der Münchener Pinakothek und des Louvre

zu Paris.

kmfLon3 Ende 1635 war van Dyck, wie gefagt, wieder in London; und fünf Jahre
doner Zeit, lang lag er hier nun wieder fo gut wie ausfchliefslich der Bildnifsmalerei ob;
zugleich fammelten fich zahlreiche Schüler, Niederländer, Deutfche und Eng-
länder, in feinem Atelier; und theils, weil er der Fülle der Beftellungen, wie
Rubens, nicht mehr allein Herr werden konnte, theils um feine Schüler zu
Die Mitwir- befchäftUen, überliefs er ihren Händen nunmehr einen wefentlichen Theil der
Schüler. Ausführung vieler bei ihm beftellten Bilder; befonders der Wiederholungen der
Bildniffe der Mitglieder der königlichen Familie, die in grofser Anzahl von ihm
verlangt wurden. Diefe Werkftattsbilder find von den eigenhändigen Werken

1) Dem Verfaffer gelang es zu feinem Bedauern nicht, Zutritt zu der Sammlung diefes Kaufes
zu erhalten.
2) Icones Principum etc., numero centum: ab Ant. Van Dyck pictore ad vivum expressae etc.
Antverpiae 1645. — Dazu: II. Weber, Catalogue raisonne etc. Bonn 1852; und Fr. Wibiral,
L’iconographie d’Ant. van Dyck. Leipzig 1877.
3) Befte Katalogifirung von Carpenter a. a. O. Franz. Ausgabe, p. 95—I51 2-
 
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