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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,1) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48521#0540
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528 Sechstes Buch. II. Abtheilung. Erfter Abfchnitt.
crArtiwis Der bedeutende Meifter diefer Reihe aber ift Jacques d’ArthoisJ Seine
fe?nerBiiderr Bilder Did üppiger im Baumwuchs, feder und gefchloffener in der Compofition,
fatter und tiefer in der natürlichen Farbe, forgfältiger und gediegener in der
Durchbildung, als diejenigen de Vadders und Achtfchellincks, mit denen fie im
Uebrigen nahe verwandt find. Die grofse Waldnatur der Umgebung Brüffels
fpiegelt fleh in keinen andern Bildern fo frifch und lebendig wieder, wie in
den feinen1 2). Man hat ihn daher fogar den belgifchen Ruisdael genannt \ nicht
ganz mit Unrecht, wenn man in Betracht zieht, dafs die belgifche Kunft über-
haupt äufserlicher und decorativer ift als die holländifche; denn fo innerlich
und »intim«, wie Ruisdaels Waldbilder find diejenigen Arthois’ allerdings lange
nicht: vielmehr fchliefsen die majeftätifchen Baumgruppen und gelben Sandwege
der Vordergründe fich mit den in der Regel tiefer gelegenen fonnigen Flufs-
thälern der Mittelgründe und den blauen Hügelreihen der Hintergründe feiner
Landfchaften zu Bildern von mehr decorativer Pracht, als zartem Einzelreize
zufammen. Die Neigung zum Verallgemeinern, welche die meiften Belgier von
den meiften Holländern unterfcheidet, findet fich auch bei ihm. Aber ein tüch-
tiger, erfrifchender Meifter ift er in feiner Art in der That; und die Beliebtheit,
der er fich in unferem wie im fiebzehnten Jahrhundert erfreute, beweifen die
Stiche, die damals, wie in der neueren Zeit nach feinen Gemälden gefertigt
worden, find3). Leider haben manche feiner Bilder durch Nachdunkelung einen
Theil ihrer Frifche eirigebüfst.
Sein Leben. Jacques d’Arthois wurde 1613 in Brüffel geboren. Sein Todesjahr ift un-
bekannt. Doch war er 1683 noch am Leben4).
Seine Auch er malte für Kirchen und Klöfter viele Landfchaften, deren biblifche
Kirchen-
büder Staffage befreundete Brüffeler Figurenmaler hineinfetzten. Erhalten haben fich
in Brüffel, z. B. die heben Landfchaften aus der Liebfrauenkapelle der Brüffeler Kathe-
drale. Der Verfaffer fah fie 1878 in der Sakriftei diefer Kirche. Ihre Staffage
ftellt Scenen aus der Flucht nach Aegypten und von der Heimkehr Jofephs,
Marias und des Kindes aus der Fremde dar; ihre landfchaftlichen Motive find
zumeift der heimifchen Waldnatur entlehnt; doch nehmen zwei von ihnen
auch den »heroifcheren« Charakter wilderer, kahlerer Berggegenden an. Manche
feiner Bilder aus Kirchen und Klöftern find aber auch in die Mufeen über-
gegangen: fo die beiden grofsen, mit Heiligenlegenden ausgeftatteten Wald-
landfchaften, deren eine feine Namenszeichnung trägt, aus dem Jefuitenkolleg
(ka"f'oainu zu Brügge, jetzt in der Kaiferlichen Galerie zu Wien; fo eine Riefenlandfchaft
^eniuin)11 ^er Ruhe auf der Flucht nach Aegypten in der Galerie Liechtenftein eben-
Gaie'rTe cDfdbft. Die meiften und anfprechendften feiner Galeriebilder find jedoch kleiner
büder Und zeigen eine einfach dem Landleben oder dem Treiben der Städter in
Wald und Flur entlehnte Staffage. Er hat auch genug von ihnen mit feinem
Namen bezeichnet, um der Nachwelt fichere Kunde von feiner Malweife zu
in Brüffel, hinterlaffen. Von feinen drei bezeichneten Bildern des Brüffeler Mufeums ftellt
1) Alfr. Michiels Hiftoire de la peinture flamande. 2. ed. IX (1874)- P- I27—T33- ~
A. Pinchart in Meyers Kiinftlerlexikon II (1878). p. 310—313.
2) Vgl. des Verfaffers «Kunft und Naturfkizzen«. I. S. 16 —19-
3) ü'gl. W. Schmidt in Meyers Kiinftlerlexikon a. a. O. S. 313—314.
4) Pinchart a. a. O. S. 311.
 
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