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Woermann, Karl; Woltmann, Alfred [Hrsg.]; Woermann, Karl [Hrsg.]
Geschichte der Malerei (Band 3,2) — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.48522#0213
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Die holländifche Malerei des 17. Jahrhunderts. C. Die Amfterdamer Schule.

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St. Petersburg (zwei, eins von 1667), das Haager Mufeum (von 1670), das
Dulwich College bei London (von 1670), der Louvre zu Paris, die Dresdener
Galerie, die kaif. Galerie zu Wien. Ihnen fchliefsen fich »Seefchlachten«, wie fchl|^’ten
diejenigen des Braunfchweiger Mufeums und der Kopenhagener Galerie, aber
auch andere gefchichtliche Darftellungen an, wie »der Marfch des Statthalters
Wilhelm II. auf Amfterdam« und »die Abreife Karls II. von Scheveningen,«
beide im Haager Mufeum.
Für den König aller Thiermaler gilt bekanntlich Paul Potter1}, den wir, Paul Potter,
wenn er auch nur fein letztes Lebensjahr in Amfterdam zubrachte, doch, weil
wir feinen Vater (oben S. 672) in diefer Schule befprechen mufsten und weil
er gerade in Amfterdam einen grofsen Einflufs ausgeübt hat, fchon an diefer Sein Leben.
Stelle einreihen. Er wurde am 20. November 1625 zu Enkhuyzen getauft
und am 17. Januar 1654 zu Amfterdam begraben. Seine Lehrer waren fein
Vater Pieter Potter und der Haarlemer Jacob de Wet. Von 1646—1648
arbeitete er in Delft, von 1649 —1652 im Haag. Am 2. Januar 1653 machte
er fchon in Amfterdam fein Teftament.2)
Paul Potters Hauptgebiet find die flachen Weiden feines Vaterlandes mit St0ffgenb:et
ihren grafenden Rolfen, Schafen, Ziegen, vor allen Dingen aber ihren Rindern,
ihren Stieren und Kühen, deren ruhig in fich befriedigtes, behäbiges Dafein er
fo künftlerifch aufgefafst hat, wie kein zweiter Maler. Dabei ift er Realift, wie
kaum ein Zweiter; und zwar fieht er die Natur nicht, wie van Goyen und die
Seinen, kurzfichtig, alfo nur in ihren grofsen Gefammtzügen, fondern weitfichtig,
alfo mit allen ihren Einzelheiten. Er fieht jedes Blatt am Baum, jedes Kraut,
jeden Grashalm am Boden, jedes Haar im Fell feiner »breitgeftirnten, glatten
Schaaren«; aber er fieht zugleich auch die Luft in ihrer körperlichen Maffe,
das Licht in feiner warmen Wefenheit; und eben deshalb machen feine betten
Bilder, in denen die Dinge lebenswahr in der Luft und im Lichte flehen, doch
keinen kleinlich getiftelten, fondern einen wahren, grofsen, ganzen Eindruck.
Doch bewegt er fich in diefer Beziehung in auffleigender Linie. Die Bilder
feiner früheren Zeit könnten in der That manchmal einen etwas trockenen
Eindruck, den Eindruck einer allzu ängftlich auf die Einzelheiten bedachten Kunft-
weife machen. Seine fpäteren Bilder find freier, breiter, einheitlicher. Und doch
hat der jung geftorbene Meifter nur knapp zehn Jahr gemalt. Was er in
ihnen geleiftet, ift gerade bei der Sorgfalt feiner Malweife erftaunlich.
Gelegentlich hat er fich auch in anderen Gegenftänden als in feinen ßä^1^
heimifchen Viehweiden verfocht; aber folche Verfuche feiner Hand pflegten fein °/Pheus
nicht befonders glücklich auszufallen. Wer fände an feiner lebensgrofsen, un- Amfterdam.
unbändig und hart bewegten »Bärenjagd« von 1649 im Amfterdamer Reichs-
mufeum Gefallen? Wer vermöchte fleh für feinen »Orpheus, der die Thierwelt
um fich zufammenfpielt« von 1650 in derfelben Sammlung zu erwärmen? Wer
müfste fein Jagdftück mit der wüthenden Hundemeute von 1649 im Haager Ja^ück
Gemeindemufeum nicht für wüft und unerquicklich erklären ? Selbft fein lebens-im Haa§’
1) T. van Westrheene: Paulus Potter. Sa vie et son oeuvre. Haag 1867. Vorher: John
Smith, Catalogue V (1834) p. 113—165; Suppl. (1842) p. 620—628. — Smith zählt 131, Westrheene
106 Bilder des Meifters.
2) Oud Holland III p. 308.
 
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