Die deutfche Malerei des 18. Jahrhunderts. B. Die hervorragenderen Meifter.
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geführt, von wo 1886 nur zwei der landfchaftlich reizvollften, welche »den
Kyfthäufer« und »die Zeche Kurprinz Friedrich bei Freiburg« darftellen, zur
Galerie zurückgegeben wurden. Die im mecklenburgifchen Befitze befindlichen
Bilder des Meifters befinden fich zum gröfseren Theile in den Zimmern des Ludwigsiuft,
Schloffes zu Ludwigsluft; ihrer 22 aber fleht man im Schweriner Mufeum, unter in Schwerin,
ihnen auch einige freiere Landfchaften von weniger ausgebildetem Profpekten-
charakter.
Als dritter reiht fich dem berühmten Bildnifsmaler und dem tüchtigen Land-
fchafter ein ausgezeichneter Darfleller des Thierlebens, Johann Elias Ridinger ’) an. R^inger S
Geboren war er zu Ulm den 16. Febr. 1698; erlernt hatte er feine Kunft anfangs ^d^ne
bei verfchiedenen unbedeutenden Meillern, dann unter Rugendas an der Augsburger En1tl^gke’
Akademie; Director diefer Anflalt wurde er 1759; und er ftarb in der fchwäbifchen
Reichsfladt den 10. April 1767. Dafs Ridinger Maler gewefen, wird ausdrücklich
bezeugt; doch ift dem Verfaffer niemals ein unzweifelhaft echtes Bild feiner
Hand vorgekommen1 2). Sein Ruhm beruht auf feinen Zeichnungen, nach denen
andere flachen, feinen Kupferftichen, bezw. Radirungen und Schwarzkunflblättern.
Die letzteren find technifch nicht von gleicher Feinheit, wie feine Radirungen linEagcr^b
und Stiche. Inhaltlich hat er ab und zu alles Mögliche dargeflellt, biblifche künftier.
Vorgänge, allegorifche Geflalten und Gruppen, Bildniffe, Sittenbilder in Watteau’s Stoffgebiet,
und in holländifcher Art; aber fein eigenfies Gebiet, zu dem er immer wieder
zurückkehrte, war die Thierwelt. Keiner vor ihm hat diefe in annähernd gleicher
Fülle und Vielfeitigkeit dargeflellt. Von den Hausthieren intereffiren ihn nur
Hunde (Fig. 673) und Pferde. Letztere hat er in der Reitfchule, auf der
Weide, bei Jagden, von kühnen Jägern geritten, vor Schmieden und in allen
erdenklichen Stellungen beobachtet. Faft mehr noch aber intereffiren ihn die
Thiere der Wildnifs, nicht nur Hirfche, Rehe, Steinböcke, Wildfehweine, Gemfen, deMvüi'dmf?
Bären, Luchfe und andere jagdbare Thiere des Nordens, fondern auch Löwen,
Tiger, Panther, Elephanten, Nilpferde, Rhinoceroffe und alle übrigen Thiere
des Südens. Jagend oder gejagt, in ftolzer Ruhe oder in den verfchiedenften
»Affecten« Hellt er fie dar. Was er ausdrücken will, liebt er durch erläuternde
Unterfchriften in deutfeher, lateinifcher und franzöfifcher Sprache, manchmal
in Profa, öfter in Verfen, die ihm nicht feiten der Hamburger Naturdichter
Berth. Heinr. Brockes (1680—-747) lieferte, in das zweifellofefle Licht zu fetzen.
Sein Gefammtwerk Hellt fich, abgefehen von feinem mehr in der Lebendigkeit
der Gefammtauffaffung, als in der Feinheit des Einzelnen beruhenden künftlerifchen
Werth, einerfeits als treuer, praktifcher Rathgeber für Jäger und Reiter, anderer-
feits als grofsartiger zoologifcher Anfchauungsunterricht für die ganze Welt dar.
Dafs er fich auch Darftellungen des Erdenparadiefes nicht hat entgehen laffen,
verlieht fich dabei fall von felbft. Die »Erfchaffung des Menfchen« in feiner
aus zwölf Blatt beliebenden Paradiefesfolge gehört zu den poefievollften und
malerifchften Vorllellungen diefer Art. Im Uebrigen ift es fchwer, aus der Fülle Seifoei^nUpt'
feiner oft mit befonderem Titel in Heft- oder Buchform erfchienenen Folgen
1) Georg Aug. Wilh. Thienemann: Leben und Wirken des etc. Johann Elias Ridinger etc.
Leipzig 1856. Dritter Nachtrag dazu von Heinrich Graf Stillfried. Leipzig 1876.
2) Ueber die beiden Bilder, die im Schweriner Mufeum feinen Namen tragen, vgl. Schlie’'s
grofsen Katalog 1882, S. 523.
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geführt, von wo 1886 nur zwei der landfchaftlich reizvollften, welche »den
Kyfthäufer« und »die Zeche Kurprinz Friedrich bei Freiburg« darftellen, zur
Galerie zurückgegeben wurden. Die im mecklenburgifchen Befitze befindlichen
Bilder des Meifters befinden fich zum gröfseren Theile in den Zimmern des Ludwigsiuft,
Schloffes zu Ludwigsluft; ihrer 22 aber fleht man im Schweriner Mufeum, unter in Schwerin,
ihnen auch einige freiere Landfchaften von weniger ausgebildetem Profpekten-
charakter.
Als dritter reiht fich dem berühmten Bildnifsmaler und dem tüchtigen Land-
fchafter ein ausgezeichneter Darfleller des Thierlebens, Johann Elias Ridinger ’) an. R^inger S
Geboren war er zu Ulm den 16. Febr. 1698; erlernt hatte er feine Kunft anfangs ^d^ne
bei verfchiedenen unbedeutenden Meillern, dann unter Rugendas an der Augsburger En1tl^gke’
Akademie; Director diefer Anflalt wurde er 1759; und er ftarb in der fchwäbifchen
Reichsfladt den 10. April 1767. Dafs Ridinger Maler gewefen, wird ausdrücklich
bezeugt; doch ift dem Verfaffer niemals ein unzweifelhaft echtes Bild feiner
Hand vorgekommen1 2). Sein Ruhm beruht auf feinen Zeichnungen, nach denen
andere flachen, feinen Kupferftichen, bezw. Radirungen und Schwarzkunflblättern.
Die letzteren find technifch nicht von gleicher Feinheit, wie feine Radirungen linEagcr^b
und Stiche. Inhaltlich hat er ab und zu alles Mögliche dargeflellt, biblifche künftier.
Vorgänge, allegorifche Geflalten und Gruppen, Bildniffe, Sittenbilder in Watteau’s Stoffgebiet,
und in holländifcher Art; aber fein eigenfies Gebiet, zu dem er immer wieder
zurückkehrte, war die Thierwelt. Keiner vor ihm hat diefe in annähernd gleicher
Fülle und Vielfeitigkeit dargeflellt. Von den Hausthieren intereffiren ihn nur
Hunde (Fig. 673) und Pferde. Letztere hat er in der Reitfchule, auf der
Weide, bei Jagden, von kühnen Jägern geritten, vor Schmieden und in allen
erdenklichen Stellungen beobachtet. Faft mehr noch aber intereffiren ihn die
Thiere der Wildnifs, nicht nur Hirfche, Rehe, Steinböcke, Wildfehweine, Gemfen, deMvüi'dmf?
Bären, Luchfe und andere jagdbare Thiere des Nordens, fondern auch Löwen,
Tiger, Panther, Elephanten, Nilpferde, Rhinoceroffe und alle übrigen Thiere
des Südens. Jagend oder gejagt, in ftolzer Ruhe oder in den verfchiedenften
»Affecten« Hellt er fie dar. Was er ausdrücken will, liebt er durch erläuternde
Unterfchriften in deutfeher, lateinifcher und franzöfifcher Sprache, manchmal
in Profa, öfter in Verfen, die ihm nicht feiten der Hamburger Naturdichter
Berth. Heinr. Brockes (1680—-747) lieferte, in das zweifellofefle Licht zu fetzen.
Sein Gefammtwerk Hellt fich, abgefehen von feinem mehr in der Lebendigkeit
der Gefammtauffaffung, als in der Feinheit des Einzelnen beruhenden künftlerifchen
Werth, einerfeits als treuer, praktifcher Rathgeber für Jäger und Reiter, anderer-
feits als grofsartiger zoologifcher Anfchauungsunterricht für die ganze Welt dar.
Dafs er fich auch Darftellungen des Erdenparadiefes nicht hat entgehen laffen,
verlieht fich dabei fall von felbft. Die »Erfchaffung des Menfchen« in feiner
aus zwölf Blatt beliebenden Paradiefesfolge gehört zu den poefievollften und
malerifchften Vorllellungen diefer Art. Im Uebrigen ift es fchwer, aus der Fülle Seifoei^nUpt'
feiner oft mit befonderem Titel in Heft- oder Buchform erfchienenen Folgen
1) Georg Aug. Wilh. Thienemann: Leben und Wirken des etc. Johann Elias Ridinger etc.
Leipzig 1856. Dritter Nachtrag dazu von Heinrich Graf Stillfried. Leipzig 1876.
2) Ueber die beiden Bilder, die im Schweriner Mufeum feinen Namen tragen, vgl. Schlie’'s
grofsen Katalog 1882, S. 523.