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tischen Regierung nicht übergegangen, sondern überge-
worfen, übergezaubert worden ist“.1)
Dieser stürmischen Entwicklung schreibt es Rebmann
zu, dass die Aufklärung noch nicht in alle Schichten der
Bevölkerung gedrungen ist. Auch über die Gebildeten fällt
er kein günstiges Urteil. Rebmann vermisst bei ihnen den
sittlichen Ernst und die richtige Teilnahme am politischen
Leben.2) Voll Entrüstung schildert er die Vergnügungs-
sucht der bürgerlichen Gesellschaft: „Bälle, Schauspiele,
Konzerte folgen einander . . . Im Mittelpunkt stehen
schöne Frauen, die einen ungeheueren Luxus treiben, . . .
die durch die Revolution reich gewordenen Bourgeois „les
honnets gens“ tragen ihren Reichtum zur Schau . . . „La
jeunesse doree, ohne eigentlich zu wissen, was sie will,
dient dem Royalismus“, meint Rebmann, „und tut alles,
was der Republik schaden kann“ . . . „Tanzlust hatte alle
ergriffen, wer denkt an den Krieg?“ frägt Rebmann ent-
rüstet. Er konstatiert in der Gesellschaft einen vollkom-
menen Mangel an politischem Interesse. — „Vestris tanzt
und man vergisst die Landung in Ireland!“3)
Beim Anblick der durch einen Schwarm von „Incro-
yables“ umringten „Etonnantes“4) gedenkt Rebmann voll
trauriger Hochachtung der Frauen der ersten Revolutions-
zeit, „die sich in ihrem Heldenmut der römischen Repu-
blik würdig zeigten“.5)
Trotz seiner Entrüstung über die sittliche Verderbnis
der französischen Gesellschaft widerlegt Rebmann die durch
1) Zeichnungen zu einem Gemälde von Paris. Bd. I. S. 4.
2) Bardoux, La bourgeoisie franQaise sous le Directoire et le
Consulat. Revue des deux Mondes. 1886. 15 Mars. 307 . . . cette
societe folle de plaisir ... S. 314.
3) Die Landung des Generals Hoche in Bantry Bay während
seiner misslungenen Expedition nach Irland im Winter 1796.
4) So wurden in den zahlreichen Karrikaturen die sich nach
den neuesten Moden richtenden Damen genannt; die Herrn nannte
man les Incroyables.
5) Holland und Frankreich in Briefen. Bd. II. S. 211—214. —
Ibid. S. 209—210. — Zeichnungen zu einem Gemälde von Paris.
Bd. I. S. 40. — Ibid. Bd. II. S. 28.
tischen Regierung nicht übergegangen, sondern überge-
worfen, übergezaubert worden ist“.1)
Dieser stürmischen Entwicklung schreibt es Rebmann
zu, dass die Aufklärung noch nicht in alle Schichten der
Bevölkerung gedrungen ist. Auch über die Gebildeten fällt
er kein günstiges Urteil. Rebmann vermisst bei ihnen den
sittlichen Ernst und die richtige Teilnahme am politischen
Leben.2) Voll Entrüstung schildert er die Vergnügungs-
sucht der bürgerlichen Gesellschaft: „Bälle, Schauspiele,
Konzerte folgen einander . . . Im Mittelpunkt stehen
schöne Frauen, die einen ungeheueren Luxus treiben, . . .
die durch die Revolution reich gewordenen Bourgeois „les
honnets gens“ tragen ihren Reichtum zur Schau . . . „La
jeunesse doree, ohne eigentlich zu wissen, was sie will,
dient dem Royalismus“, meint Rebmann, „und tut alles,
was der Republik schaden kann“ . . . „Tanzlust hatte alle
ergriffen, wer denkt an den Krieg?“ frägt Rebmann ent-
rüstet. Er konstatiert in der Gesellschaft einen vollkom-
menen Mangel an politischem Interesse. — „Vestris tanzt
und man vergisst die Landung in Ireland!“3)
Beim Anblick der durch einen Schwarm von „Incro-
yables“ umringten „Etonnantes“4) gedenkt Rebmann voll
trauriger Hochachtung der Frauen der ersten Revolutions-
zeit, „die sich in ihrem Heldenmut der römischen Repu-
blik würdig zeigten“.5)
Trotz seiner Entrüstung über die sittliche Verderbnis
der französischen Gesellschaft widerlegt Rebmann die durch
1) Zeichnungen zu einem Gemälde von Paris. Bd. I. S. 4.
2) Bardoux, La bourgeoisie franQaise sous le Directoire et le
Consulat. Revue des deux Mondes. 1886. 15 Mars. 307 . . . cette
societe folle de plaisir ... S. 314.
3) Die Landung des Generals Hoche in Bantry Bay während
seiner misslungenen Expedition nach Irland im Winter 1796.
4) So wurden in den zahlreichen Karrikaturen die sich nach
den neuesten Moden richtenden Damen genannt; die Herrn nannte
man les Incroyables.
5) Holland und Frankreich in Briefen. Bd. II. S. 211—214. —
Ibid. S. 209—210. — Zeichnungen zu einem Gemälde von Paris.
Bd. I. S. 40. — Ibid. Bd. II. S. 28.