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Rebmann kann auch der Aufklärung der Erlanger
Bürger keine besondere Lobrede halten und gibt eine spöt-
tische Schilderung ihrer Gespräche, die er als „politische
Kannegiessereien“ bezeichnet. Die Ereignisse in Frankreich
stehen im Mittelpunkt dieser lebhaften Diskussionen.1)
Rebmanns Aufmerksamkeit war auch auf die „Taten
der Neufranken“ gerichtet, aber der junge Publizist wagte
noch nicht, mit seinen Ideen offen aufzutreten. Die wach-
sende Gefahr eines Krieges zwischen den deutschen Mäch-
ten und Frankreich im Anfang des Jahres 1792 erfüllt ihn
mit Besorgnis und Entrüstung zugleich.
In Rebmanns „Nelkenblättern“ 2) stellt sein Held fol-
gende Fragen auf: „Frankreichs Boden soll mit teutschen
Blut gefärbt werden . . ., dass keine Erde mehr ist, die
nicht das Blut von einigen Teutschen röthet, die gegen die
Freiheit fochten!“ . . . „Die krampfhafte Auflehnung
der Menschheit gegen den Despotismus soll unterdrückt
werden“.3)
Es sind die ersten leisen Andeutungen der späteren
Stellungnahme Rebmanns zu der französischen Revolution.
Sonst enthalten die „Nelkenblätter“4) das alte beliebte
1) „Gewöhnlich tritt ein Sprecher dieser Parlamentarier auf,
liest eine oder mehrere Zeitungen vor und illustriert jede Zeile mit
hochweisen Bemerkungen. Dies ist nur Feuer ins Pulver. Im Augen-
blick ergreift die Wut zu kannegiessern die ganze ehrsame Gesell-
schaft. Es wird berechnet, wieviel die National-Versammlung alle
Tage koste, wieviel der König von Frankreich alle Minuten zu ver-
zehren habe etc. . . . Leidenschaftlich schwellen die Adern der
Streiter, eine schwere Rauchwolke steigt aus ihren Pfeifen. Aristo-
kraten und Demokraten, Royalisten und Konstitualisten stehen Mann
für Mann und nicht selten müssen die Köpfe der Gegenpartei das
politische Gleichgewicht von Europa sehr handgreiflich empfinden.“
Briefe . . . S. 139.
2) „Nelkenblätter“, von G. F. Rebmann. Bd. I. Leipzig 1792,
bey J. F. Heinsius und Sohn. Die „Nelkenblätter“ sind im Februar
1792 geschrieben; der Krieg wurde am 18. April 1792 durch Frank-
reich erklärt.
3) „Nelkenblätter“, Fragment aus einer Art empfindsamer Reise.
S. 108.
4) „Nelkenblätter“, ist eine Sammlung von Gedichten, kleinen
Erzählungen, Reisebeschreibungen. Rebmann publizierte 4 Bände.
 
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