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Wundram, Manfred; Wundram, Manfred [Hrsg.]; Lochner, Stephan [Ill.]
Stefan Lochner - Madonna im Rosenhag — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 106: Stuttgart: Philipp Reclam jun., 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.62837#0036
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Diesem repräsentativen Werk lassen sich eine Reihe
von Bildern anschließen, die insgesamt durch so enge
künstlerische Beziehungen untereinander verbunden sind,
daß an ein und derselben ausführenden Hand nicht ge-
zweifelt werden kann, obwohl Lochner - hierin noch
ganz Vertreter des ausklingenden Mittelalters - kein
einziges Werk signiert hat, und obwohl keine der auf-
gefundenen Urkunden auf ein Bild Bezug nimmt.
Ganz offenbar war Lochner nicht Kölner von Geburt:
In einer Urkunde des Jahres 1448 wird er als „Steffain
Lochener von Konstanz“ genannt, 1451 sind seine Eltern
in Meersburg gestorben. Ob nun Konstanz oder Meers-
burg seine Heimat ist - jedenfalls dürfte Lochner vom
Bodensee stammen. So erklärt sich nicht zuletzt jene
realistische Komponente in seinem Werk, die als das
Erbteil seiner allemannischen Herkunft verständlich
wird - freilich in jener spezifisch „seeschwäbischen“ Ab-
wandlung, deren lyrischer Klang ihn für das künstle-
rische „Klima“ seiner Wahlheimat Köln besonders emp-
fänglich machen mußte.
Das Geburtsdatum ist unbekannt. Da die Eltern 1451
starben, wird man es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht
vor 1400, eher in der Zeit um 1410 ansetzen dürfen.
Desgleichen bleiben die Lehr- und Wanderjahre im Dun-
kel. Doch liegt es naturgemäß nahe, Lehrjahre in der
engeren Heimat anzunehmen. Lochners Vorliebe für die
malerische Wiedergabe kostbaren Geschmeides und
prachtvoller Goldsdimiedearbeiten, ja überhaupt seine
ausgesprochene Begabung für das minutiös gestaltete
Detail weisen unter Umständen darauf, daß er seine
Ausbildung nicht ausschließlich in dem Atelier eines
Malers, sondern auch in der Werkstatt eines Goldschmie-
des absolvierte. Daß der junge Maler anschließend in den
Niederlanden war, ist so gut wie sicher: Vor den Werken
der Brüder van Eyck und des „Meisters von Flemalle“
mag er seinen Sinn für das realistisch beobachtete Detail
geschult haben, seine von keinem zweiten deutschen Ma-
ler der Zeit erreichte Kunst in der Wiedergabe kostbarer
Stoffe deutet unmittelbar auf niederländische Vorbilder,
wie Brigitte Klesse jüngst nachwies.

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