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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 10.1915

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Hamann, Richard: Zur Begründung der Ästhetik
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https://doi.org/10.11588/diglit.3818#0164
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ZUR BEGRÜNDUNG DER ÄSTHETIK. 157

Geschehnisse in seinem Zusammenhang gestört und unterbrochen
wurde, wird in Worten unmittelbar verknüpft. Durch Gliederung der
°gischen Zusammenhänge in wahrnehmbare Zeiteinheiten (oder zu-
gleich auch Raumeinheiten, sichtbare Abschnitte im Buch), durch Ent-
sprechung und Gruppierung, rhythmische Ordnung solcher Abschnitte
kann die konzentrierende Verknüpfung geschaffen werden, die der
gerade in Worten besonders stark wirkenden kausierenden Verknüp-
fung entgegenwirkt, denn die Worte wandeln ja doch selbst die
konzentrische Einheit gleichzeitig sehbarer Inhalte, z. B. der Wechsel-
wirkung des Kampfes, in das einseitig gerichtete zeitliche Nacheinander
um. Im gesprochenen Wort kann zu der Konzentration der inhalt-
.'cnen Bedeutungsordnung noch die Rückbeziehung von Gleichklängen
•m Reim kommen.

Die Intensivierung kann am wenigsten durch direkte Steigerung
oer klanglichen oder optischen Wortgebilde erfolgen. Das Hervor-
neben gewisser Worte durch lauter und leiser, kontrastierende Ton-
starken, klangartiges Sprechen, kurz alle Mittel der Deklamation
wirken wohl eigenbedeutungsteigernd, aber doch nur im Zusammen-
hang mit der begrifflichen Bedeutung der Worte, sollen sie nicht sinn-
widrig wirken. Denn man kennt ja die falsche Betonung von Herz und
cnmerz und Tod in Sätzen, deren Sinn eine solche Betonung nicht
erlangt. Im wesentlichen wird also die Intensivierung der Einzel-
nen auf eine Bedeutungssteigerung der Begriffe hinauslaufen, diese
oer wird, da sie ja auf Fremdbedeutung zurückgeht, im wesentlichen in
er Intensivierung der Neuigkeit, des Aktuellen und Sensationellen be-
ruhen; letzteres besonders pflegt den eigenbedeutsamen Inhalten eigen zu
^'n, die gesteigerte Lebensbedeutung des Inhalts im Guten oder Bösen,
■e Intensivierung ist also indirekt, daher aber auch immer in Gefahr, in
d,e Fremdbedeutung hinüberzuführen, unästhetisch zu werden, wörtlich
glommen zu werden. Auch hier ist nun die Darstellung ethisch
'genbedeutsamer, isolierter Lebenssituationen und Personen vor jeder
'ngbeschreibung im Vorteil, indem sie durch Erzählung der Erlebnisse
innerlich erregter Menschen jene direkte psychische Steigerung und
ntensivierung der Gefühlswahrnehmungen herbeizuführen vermag, da
Ja die reproduktiven Faktoren dem Wort genau so eigen sein können
w,e dem direkten Wahrnehmungsinhalt. Dadurch wird das eigentliche
R ment direkter Intensitätssteigerung von Wortgebilden die seelische
e'ebung. Und hier ist nun auch das Mittel der Steigerung eines
gefühlsbedeutsamen Wortsinnes durch Zerlegung in eine Mehrheit ver-
miedener Worte möglich, ähnlich der Verlebendigung eines Klanges
. e!nen gebrochenen Akkord, indem durch Vergleiche, Metaphern eine
e|nem Sinn konzentrierte Häufung psychischer Andeutungen erzeugt
 
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