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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 11.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.3817#0207
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202 BESPRECHUNGEN.

an allem Konkreten, wie dieses in bestimmter Ausbildung in den religiösen, sitt-
lichen, rechtlichen Lebensformen einer Zeit wirkt und gilt. Und auf der anderen
Seite kann und darf keine Metaphysik bei ihrer Aufsaugung und Verabsolutierung
des Empirisch-Geschichtlichen bis zum Äußersten gehen. Denn sie hat ihre mate-
rielle Orundlage eben in diesem Empirisch-Geschichtlichen, und ihre Aufgabe einer
spekulativen Deutung des Lebens wäre in demselben Augenblick unlösbar gemacht,
in dem das Leben restlos dem uniformierenden und uniformen Wert des Absoluten
unterstellt wäre. Ohne auf das Ganze der geschichtlichen Kultur in immanenter
Form bezogen zu sein, hätte der Begriff des Absoluten keine tiefere Bedeutung,
keinen tieferen Gehalt, er wäre lediglich ein reines Konstruktionsschema, er hätte
nichts von jenen umfassenden Intentionen, die er in der Systematik der Metaphysik
begrifflich zu entwickeln hat; es fehlte ihm geradezu seine metaphysische Tiefe und
damit die ihm eigentümliche Inkommensurabilität und Problematik. Auf eine kri-
tische Auseinandersetzung muß ich verzichten, weil sie fast alle Grundprobleme der
Philosophie aufrollen müßte; meine Absicht ist erreicht, wenn es mir glückte, den
Leser nachdrücklich auf diesen Vortrag hinzuweisen.

Rostock. Emil Utitz.

Deutsche Werkkunst, Arbeiten deutscher und österreichischer Künstler auf der
»Werkbundausstellung« Cöln a. Rh. Herausgegeben von Alexander Koch.
Verlagsanstalt Alexander Koch, Darmstadt-Leipzig, 1916.
Jahrbuch des deutschen Werkbundes 1915. Deutsche Form im Kriegs-
jahr, Die Ausstellung Köln 1914. Verlegt bei F. Bruckmann A.-G. in Mün-
chen 1915.
Die Kölner Werkbundausstellung hatte Unglück: als sie eröffnet wurde, war
sie nicht fertig; und als sie fertig war, mußte sie des Krieges wegen geschlossen
werden. Die besten Erzeugnisse, die sie enthielt, werden uns nun in zwei Büchern
vorgeführt: der deutsche Werkbund hat seinen Jahresband ganz der Würdigung
jener Ausstellung gewidmet. Peter Jessen schrieb den Text. Es ist eine schlichte,
aber würdige Veröffentlichung, deren geringer Preis — drei Mark — ihr sicherlich
den Eingang in weitere Volksschichten ermöglichen wird. In weit vornehmerem
Gewände tritt das andere Werk auf, als dessen Herausgeber Alexander Koch
zeichnet. Einband, Papier, Druckspiegel sind einfach vollkommen, die Abbildungen
von schlechthin unübertrefflicher Schärfe und technisch einwandfreier Wirkung. Das
stattliche Werk ist selbst ein edles Stück deutscher Werkkunst, das sicherlich den
Beifall aller Kenner finden wird. Es ist ein reines Vergnügen, langsam Blatt für
Blatt zu wenden. Läßt man die reiche Fülle der in den beiden Büchern dar-
gebotenen Abbildungen vorübergleiten, so erwächst der starke, freudige und stolze
Eindruck: das macht uns kein Volk nach! Ich meine nicht die einzelnen Gegen-
stände, so köstlich auch manche sind, sondern das geschlossene, ernste und ge-
diegene Formwollen, das sich aller Dinge bemächtigt hat, unzählige Probleme auf-
warf und bereits auch viele vortreffliche Lösungen gab.

Was die Auswahl des Abbildungsmaterials anbelangt, ist es erfreulich, daß die zwei
Werke sich nicht decken, sondern einander geradezu ergänzen. Als erste Einführung
eignet sich der Werkbundband besser, denn er strebt nach einer möglichst ge-
rechten Übersicht; Kochs Buch erscheint dem flüchtigen Blick subjektiver. Aber in
dieser Subjektivität liegt keine Willkür. Wir gehen nicht die ganze Ausstellung ab,
sondern verweilen eingehend bei erlesenen Kostbarkeiten: bei dem österreichischen
Haus mit seinem Reichtum an vorbildlichen Erzeugnissen, bei den Vitrinen-
puppen Lotte Pritzels, bei den Schmuckarbeiten von Emil Lettre usw. Der Quali-
 
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