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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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Heft 3
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Paret, Hans: Konrad Fiedler
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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0356
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350 HANS PARET.

fahrung bedingt ist durch unsere eigentümliche psychophysische Organi-
sation, in welcher Raum und Zeit wie auch der Kausalitätsbegriff
wurzeln, während für eine andere Organisation die Welt sich ganz
anders ausnehmen mag, so nennt auch Fiedler die Dinge Produkte
der menschlich-geistigen Organisation, die eben als solche sinnlich-
geistigen Produkte nirgends anders als in den Formen menschlich-
geistiger Produktion erfaßt werden können (II, 70/71). Die geistig-
körperliche Organisation des Menschen ist das Werkzeug, durch
welches aus dem in der Sinnesempfindung empfangenen Stoff das
gebildet wird, was für den Menschen die Wirklichkeit ist. Unmöglich
ist es dann, die Eigenschaften der Dinge als bestehend auch abge-
sehen von ihren Wirkungen auf den menschlichen Organismus auf-
zufassen (II, 193), und es verschwindet jetzt endgültig alle Trennung
von Wesen und Erscheinung; denn »in Wahrheit kann die Wirklich-
keit ihrem Wesen nach nur eine sein und diese eine ist eben so ge-
artet, daß zu ihrem Wesen notwendig die sinnlich-geistige Organi-
sation des Menschen gehört, daß sie ohne diese letztere nicht nur ihre
Erscheinung, sondern auch ihr Wesen verliert, überhaupt zu sein auf-
hört. Der Mensch kann gar keinen Anspruch auf eine andere Wirk-
lichkeit haben« (II, 202).

Es kann sich hier nun nicht darum handeln, die Unzulänglichkeit
einer solchen Lösung des erkenntnistheoretischen Problems ausführ-
lich nachzuweisen. Das ist ja schon oft zur Genüge geschehen; liegt
doch auch der Zirkel deutlich genug vor Augen: nicht das Faktum
der wissenschaftlichen Erkenntnis und1* des in dieser liegenden Wahr-
heitsanspruchs bildet den eindeutigen Ausgangspunkt, nicht ein System
von Grundsätzen, von bestimmten Verknüpfungsweisen bildet die letzte
Grundlage alles Seins, alles Denkens, aller Naturerkenntnis, sondern
Raum, Zeit und Kausalität sollen abgeleitet werden aus der psycho-
physischen Organisation, von der doch selbst nur auf Grund des
ganzen angeblich aus ihr erst abzuleitenden Kategorien-Systems die
Rede sein kann, und das Subjekt, dem diese sinnlich-geistige Organi-
sation eignen soll, hat nichts mehr zu tun mit der Subjektivität der
transzendentalen Untersuchung, sondern wird zum einzelnen erkennen-
den Individuum. Nur darum kann es sich im vorliegenden Zusammen-
hang handeln, die eigentümlichen Auswirkungen einer solchen Er-
kenntnistheorie auf die Kunsttheorie Fiedlers zu verfolgen und zu
zeigen, wie ihm die Begründung der Erkenntnis auf die psychophysi-
sche Organisation die Möglichkeit einer Rechtfertigung der Kunst bietet,
sich dann aber sofort in ihrer Unzulänglichkeit auch für die Fragen
der Kunst bemerkbar macht.

Es ist bezeichnend, wie Helmholtz von seinen Prämissen aus zu
 
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