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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 16.1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.3618#0537
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BESPRECHUNGEN.

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Wahlprinzip der Größe ergibt sich ohne Hinzunahme eines weiteren Gesichtspunktes,
daß historisch bedeutsam sein muß, was große Wirkungen ausübt. Die Ursache
einer solchen Wirkung ist vielfach selbst groß und schon wegen ihrer eigenen Größe
historisch wichtig; oder sie ist bedeutsam zur Erklärung der großen Wirkung, sie
gehört zu einem großen Ursache-Wirkungszusammenhang und nimmt an dessen
historischer Bedeutung teil. So kann auch ein Etwas, das an sich in das Stoffgebiet
einer bestimmten historischen Disziplin, z. B. der politischen Geschichte, nicht hinein-
gehören würde, in dieser Disziplin bedeutsam werden, indem es in ihrem Stoff-
gebiet große Wirkungen ausübt. Ein Seesturm gehört an sich nicht zum Stoff der
Politischen Geschichte, wird aber für diese wichtig, wenn er eine meerbeherrschende
Armada vernichtet. Für eine historische Disziplin ist wesentlich, was in ihrem Stoff-
gebiet hinreichende Größe aufweist und was mit Großem zusammenhängt, so daß
seine Erforschung zur Erkenntnis des Großen beiträgt.

Mit einem Ausblick auf die Metaphysik als die auf das Gesamtwirkliche einge-
stellte Realwissenschaft schließt das inhaltreiche und wertvolle Werk.

Rostock. Emil Utitz.

Arbeiten des kunsthistorischen Institutes der Universität Wien
(Lehrkanzel Strzygowski). Bd. XXII. Inhaltsproblem und Kunstgeschichte.
Einleitende Studien von Coriolan Petranu. Wien, Verlag von Halm und
Goldmann, 1921.
Die Bemühungen J. Strzygowskis um eine Systematik der Kunstwissenschaft
haben zu dem vorliegenden Bande wohl die meiste Anregung gegeben. Doch lassen
die kunsthistorischen Schriften der letzten Jahre erkennen, daß gerade die Beschäfti-
gung mit dem Inhaltsproblem, die Erfassung des Seelischen, das in der Form sein
sinnlich faßbares Gewand gefunden hat, allerorten an Bedeutung gewinnt. Wir
Werden also ein Buch, das sich methodisch mit dem Begriffe »Inhalt« auseinander-
setzt, schon vom grundsätzlichen Standpunkte begrüßen. Der Verfasser gibt be-
scheiden — oder vorsichtig — den Untertitel »Einleitende Studien« und wir können
vorweg betonen, daß der Wert seiner Abhandlung vor allem in der Sichtung und
Zusammenfassung der vorhandenen Literatur beschlossen liegt.

Im ersten Teil wird zunächst festgestellt, daß seit den Tagen des klassischen
Altertums dem Inhaltsproblem Beachtung geschenkt wurde. Hierauf wird im An-
schlüsse an J. Strzygowski der Begriff selbst geklärt und es werden Vorfragen der
Methodik erörtert. Der zweite Teil bringt zehn kritische Untersuchungen über die
Stellung, welche anerkannte Kunstgelehrte zu diesen Fragen eingenommen haben.
Nach der Meinung des Verfassers sind dafür besonders Winkelmann, Rumohr,
Waagen, Kugler, Burckhardt und Justi von Bedeutung. Der dritte Teil bringt in
ständiger Auseinandersetzung mit vorhandenen Ansichten Beiträge zu wichtigen
methodischen Fragen. Die Kapitelüberschriften: Das Kunstwerk und der Beschauer,
die künstlerische Persönlichkeit, die allgemeinen Faktoren, weisen auf ein ganzes
Fragenbündel.

Wir glauben nicht, daß dem Verfasser die Definition des Begriffes »Inhalt«
Unbestritten bleibt. Die Feststellung der einzelnen Merkmale ist zu sehr dem sub-
jektiven Empfinden des Einzelnen ausgesetzt. Wir können Beispiele dafür dem
Autor selbst entnehmen. Es ist fraglich, ob er auf einstimmige Anerkennung rechnen
kann, wenn er Bernini oder gar Donatello seelischen Gehalt abspricht. In vveit-
■äufige Erörterungen kann sich ja diese Besprechung nicht einlassen. Bei Problemen
welche noch so im Flusse und dabei dem persönlichen Eindruck sehr stark unter-
 
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