DIE WELTANSCHAUUNG BEETHOVENS.
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Fünften eine bedeutsame Steigerung ins rein Geistige. Die Themen und
ihre Verarbeitungen wirken nicht so sehr körperhaft-plastisch, als viel-
mehr in weit höherem Grad vergeistigt. Das ist kein Wertunterschied.
Vielmehr erschließt dieser Gegensatz die verschiedenen Seelenzustände
und inneren Motive, die jeweils Ursache und Anstoß zur tondichterischen
Entäußerung gegeben haben. Die Musik der Siebenten besitzt bei aller
Kraft und in sich geschlossenen Energie die Leichtigkeit des rein Geisti-
gen, die über dem Irdischen schwebt und sich von ihm löst, während die
wuchtige Schwere der Fünften trotz der unbeirrbaren Sieghaftigkeit ge-
genüber dem Schicksal die innere Tragik empfinden läßt, die die Kämpfe
mit den bösen Mächten des Irdischen dem Tondichter auferlegen. Wir be-
obachten eine Wandlung aus dem Subjektiv-Menschlichen in das Allge-
mein-Menschliche. Freilich bildet Beethovens persönliches Wesen und
Innenleben auch in den späteren Werken den Inhalt. Aber er selbst ist
ein im Kampf geläuterter und dem Irdischen endgültig überlegener Geist
geworden. Dieser Geist hat in der Fünften Kraft, Aufrichtung, Trotz ge-
spendet dem, der „immer strebend sich bemüht". Er steigert die Siebente
zum abgeklärten Sinnbild des allgemein und rein Menschlichen in dessen
edeler Vertiefung. Der strahlende Glanz des Tonartenkreises der Sieben-
ten, der erdgelöste Schwung ihrer Formen lassen diesen Sinngehalt zur
inneren Erfahrung werden. Die Musik des Allegro con brio mit ihrer
starken inneren Spannung und ihrem dauernd ungestümen Drängen strebt
und trägt empor in die lichtvolle Freiheit göttlichen Reiches.
Die Tonart A-dur kehrt wieder. Der Satz bewegt sich im -'A-Takt. Er
wird eingeleitet durch zwei ff-Akkorde, die auf die Dominante aufgebaut
sind. Eine Generalpause scheidet beide Akkorde voneinander. Eine weitere
Generalpause liegt zwischen dem zweiten Akkord und dem Eintritt des
Hauptthemas. Diese Gestaltung fördert sogleich die Wucht des Aus-
drucks, gibt die Bestimmtheit zu erkennen, mit der der Tondichter seinen
Lauf vollenden wird. Man wird erinnert an den Anfang der Eroica. Auch
dort zwei einleitende Akkorde, die das unmittelbar folgende Hauptthema
vorbereiten und einen ähnlichen Sinn erfüllen. In der Siebenten folgt das
Hauptthema des Allegro con brio im 5. Takt. In mitreißender Begeiste-
rung fährt es dahin. Sein Verlauf und seine spätere „Durchführung" kün-
den den Schwung der aufwärtsdrängenden Geistesmacht des Tondichters.
Das volle Orchester ist den ganzen Satz hindurch ohne Unterlaß in Tätig-
keit. Wir beobachten nicht die ins Feinste gehende Filigranarbeit, die in
den früheren Sätzen einzelnen Instrumenten oder Instrumentengruppen
Episoden differenziertester seelischer Vorgänge zuweist; nicht die An-
wendung einer ausgesuchten Kunst der Instrumentierung, die zauber-
hafte Klangmischungen hervorbringt. Der ganze Satz ist vielmehr ein ein-
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Fünften eine bedeutsame Steigerung ins rein Geistige. Die Themen und
ihre Verarbeitungen wirken nicht so sehr körperhaft-plastisch, als viel-
mehr in weit höherem Grad vergeistigt. Das ist kein Wertunterschied.
Vielmehr erschließt dieser Gegensatz die verschiedenen Seelenzustände
und inneren Motive, die jeweils Ursache und Anstoß zur tondichterischen
Entäußerung gegeben haben. Die Musik der Siebenten besitzt bei aller
Kraft und in sich geschlossenen Energie die Leichtigkeit des rein Geisti-
gen, die über dem Irdischen schwebt und sich von ihm löst, während die
wuchtige Schwere der Fünften trotz der unbeirrbaren Sieghaftigkeit ge-
genüber dem Schicksal die innere Tragik empfinden läßt, die die Kämpfe
mit den bösen Mächten des Irdischen dem Tondichter auferlegen. Wir be-
obachten eine Wandlung aus dem Subjektiv-Menschlichen in das Allge-
mein-Menschliche. Freilich bildet Beethovens persönliches Wesen und
Innenleben auch in den späteren Werken den Inhalt. Aber er selbst ist
ein im Kampf geläuterter und dem Irdischen endgültig überlegener Geist
geworden. Dieser Geist hat in der Fünften Kraft, Aufrichtung, Trotz ge-
spendet dem, der „immer strebend sich bemüht". Er steigert die Siebente
zum abgeklärten Sinnbild des allgemein und rein Menschlichen in dessen
edeler Vertiefung. Der strahlende Glanz des Tonartenkreises der Sieben-
ten, der erdgelöste Schwung ihrer Formen lassen diesen Sinngehalt zur
inneren Erfahrung werden. Die Musik des Allegro con brio mit ihrer
starken inneren Spannung und ihrem dauernd ungestümen Drängen strebt
und trägt empor in die lichtvolle Freiheit göttlichen Reiches.
Die Tonart A-dur kehrt wieder. Der Satz bewegt sich im -'A-Takt. Er
wird eingeleitet durch zwei ff-Akkorde, die auf die Dominante aufgebaut
sind. Eine Generalpause scheidet beide Akkorde voneinander. Eine weitere
Generalpause liegt zwischen dem zweiten Akkord und dem Eintritt des
Hauptthemas. Diese Gestaltung fördert sogleich die Wucht des Aus-
drucks, gibt die Bestimmtheit zu erkennen, mit der der Tondichter seinen
Lauf vollenden wird. Man wird erinnert an den Anfang der Eroica. Auch
dort zwei einleitende Akkorde, die das unmittelbar folgende Hauptthema
vorbereiten und einen ähnlichen Sinn erfüllen. In der Siebenten folgt das
Hauptthema des Allegro con brio im 5. Takt. In mitreißender Begeiste-
rung fährt es dahin. Sein Verlauf und seine spätere „Durchführung" kün-
den den Schwung der aufwärtsdrängenden Geistesmacht des Tondichters.
Das volle Orchester ist den ganzen Satz hindurch ohne Unterlaß in Tätig-
keit. Wir beobachten nicht die ins Feinste gehende Filigranarbeit, die in
den früheren Sätzen einzelnen Instrumenten oder Instrumentengruppen
Episoden differenziertester seelischer Vorgänge zuweist; nicht die An-
wendung einer ausgesuchten Kunst der Instrumentierung, die zauber-
hafte Klangmischungen hervorbringt. Der ganze Satz ist vielmehr ein ein-