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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 27.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.14172#0312
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298

BESPRECHUNGEN.

atomistisch Getrenntem" Voraussetzung- bleibt und wie wenig „der Einheitsfaktor
ganz auf die Seite des Subjekts geschlagen wird", das zeigt schon in der tr.
Analytik die Lehre vom höchsten Grundsatz der Erfahrung, in der die übergrei-
fende Ganzheit der Subjekt-Objekt-Beziehung mit eindeutiger Klarheit aufgewiesen
wird, zeigen noch deutlicher tr. Dialektik und Methodenlehre in der Kr. d. r. V.,
wird aber ganz besonders klar in der Kr. d. U. Und das alles, trotzdem der un-
befriedigende Ansatz in der Unterscheidung zwischen analytischen und syntheti-
schen Urteilen unausgeglichen fortwirkt.

Freilich wird man immer wieder in ehrfürchtigem Staunen vor der Fülle tief-
ster Einsichten stehen müssen, die Goethes Genie dem Subjekt-Objekt-Problem ab-
gewinnt; und Weinhandls sorgfältige Forschung vermag aus der Fülle Goetheschen
Reichtums eine weite Mannigfaltigkeit auszubreiten. Trotzdem wird man, ohne von
der Ehrfurcht vor dem Genius Goethes das Geringste preiszugeben, betonen müs-
sen, daß die „Methode" Goethes nicht die Methode der Wissenschaft ist. Er mag
gewiß als Metaphysiker Naturforscher und als Naturforscher Philosoph bleiben,
was das ganz Eigene seiner philosophischen und naturwissenschaftlichen Bestre-
bungen kennzeichnet. Darum ist doch seine „Methode" nicht diejenige der Wissen-
schaft, nicht diejenige der Naturwissenschaft, auch nicht diejenige der „Metaphy-
sik, die als Wissenschaft wird auftreten können". Das folgt schon aus der verken-
nenden Ablehnung Goethes gegen das Systematische der Wissenschaft, das ja ge-
rade nichts ist ohne die Methode der Wissenschaft. Denn es ist weder ein fixes,
starres, fertiges Schema, noch eine bloß subjektive Registratur, sondern der
innersachliche Begründungszusammenhang, der, wie schon Piaton ahnte und die
neuere Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaft in konkreter Erkenntnis
erwies, System und Methode zugleich ist. Wenn nun freilich Goethes „Methode"
nicht die Methode der Wissenschaft, auch nicht der „Metaphysik, die als Wissen-
schaft wird auftreten können", ist, so ist es doch der Weg einer „Metaphysik als
Naturanlage", und im Falle Goethes der Naturanlage eines Genies, wie die Welt
kein zweites wiedergesehen hat. Das gilt es zu bedenken, damit man die „Genie-
sprünge" der „überwissenschaftlichen" Metaphysiker unserer Tage und ihre Ver-
achtung wissenschaftlicher Strenge und Methodik nicht mit echtem Genie verwech-
sele, und damit man nicht verkenne, daß sie mit den „Geniesprüngen" ihrer „Über-
wissenschaftlichkeit" lediglich unwissenschaftliche Hanswurstiaden aufführen. Ge-
rade Goethe würde in ihren Subjektivismen nur die Symptome eines „Zeitalters des
Niedergangs und der Auflösung" sehen, während er, wie gesagt, in Kant „unter
allen neueren Philosophen den vorzüglichsten" erkannte. Das kann man freilich
nur dann verstehen, wenn man nicht allein auf die differenten Einzelheiten, sondern
auf das Ganze des Kantischen Denkens und auf das dieses Denken ebenso, wie das
Goethesche Denken, beherrschende Prinzip der Ganzheit selber blickt. An nichts ließe
sich Unterschied und Verhältnis besser aufweisen, als am Prinzip der Idee. Denn
Idee bedeutet für Kant nicht allein das, woran Schiller in seinem bekannten Ge-
spräch mit Goethe nach der durch dieses Gespräch berühmt gewordenen Sitzung
der naturforschenden Gesellschaft in Jena zum Unterschiede von der Erfahrung
dachte, nicht auch allein eine regulative Norm, sondern zugleich auch höchstes
systematisches Einheits- und das ist gerade Ganzheits-Prinzip der Erfahrung selbst,
ja zutiefst gerade das, woraus „die Welt entsprungen" gedacht werden muß.
Bedenkt man, daß dieses „entsprungen" nicht im Sinne des „entstanden" bei Kant
zu verstehen ist, so versteht man auch, wie weit und tief das mit dem Gedanken
Goethes zusammentrifft, nach dem dem Ganzen der Welt „Eine Idee zum Grunde
liegt". Wenn man vor allem die Methodenlehre der Kr. d. r. V. im Zusammen-
 
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