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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 34.1940

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Kanthack-Heufelder, Katharina: Zum Wesen des Romans
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https://doi.org/10.11588/diglit.14215#0223
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Zum Wesen des Romans

Von

Katharina Kanthack-Heufeider

I.

In Zeiten, die eines großen einheitlichen Stilgesetzes ermangeln oder
ein solches erst allmählich wieder heranreifen lassen, sind die verbrei-
teten Kunstformen größeren Mißverständnissen und damit tieferen
Demütigungen ausgesetzt als jene Spielarten der Kunst, die esoterisch
und nur kleinen Kreisen überhaupt zugänglich sind. Für die ersteren
kann unter diesen Umständen fast alles schwanken: der Begriff des
„Niveaus", die Gesichtspunkte der Bewertung, ja die Geltung der gan-
zen in Frage stehenden Gattung überhaupt. Gerade dann, wenn der
Laie glaubt, dem Verständnis einer Kunstart ohne weiteres gewachsen
zu sein, wird die ungeprüfte Willkür seines Fühlens für eben diese
Kunstart erhebliche Gefahren heraufbeschwören. Und um so schwerer
wird es dann sein, diesen Laien, diese „breite Masse", wieder zu schu-
len, ihn Abgrenzungen erkennen zu lassen und ihm begreiflich zu
machen, daß das Wohl und Wehe der Kunst nicht von seinen zufäl-
ligen Gemütswallungen abhängt.

Andererseits bieten gerade die verbreitetsten Kunstformen die wert-
vollste Handhabe, eine Veredelung des ästhetischen Fühlens zu bewir-
ken. Und wenn irgendein Kampf im Reiche des Geistes lohnend sein
kann, so sicherlich der um das Normensystem eines Gebietes, in dem all
und jeder glaubt, Richter sein zu können.

Ein solches Gebiet stellt heute zweifellos das der Romankunst dar.

Ihr stehen fast unbegrenzte technische Möglichkeiten der Verbrei-
tung zur Verfügung. Daraus folgt, daß das künstlerische Gut dieser
Sphäre außerordentlich leicht fluktuieren kann: das Neue läßt sich
mühelos verbreiten, der Untergang des Alten spielt keine Rolle. Keines
dieser Werke ist in jahrelanger Arbeit für das Bewahrtwerden präpa-
riert worden, sodaß es schon um der Mühe der Fixierung willen er-
halten zu bleiben verdiente. Maschinen haben es vervielfältigt, Maschi-
nen werden es wieder zerstampfen.

Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft XXXIV. 14
 
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