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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 34.1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.14215#0301
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ZUM WESEN DES ROMANS

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mittelbarer Eindrucksgewalt werden lassen. Ja, es ist sogar seine Auf-
gabe, die szientifischen Züge seiner Leistung zu verschleiern und ihnen
jede Aufdringlichkeit zu nehmen, sodaß man sagen möchte, sein Werk
wäre schon verfehlt, wenn die Erweiterung unseres psychologischen
Wissens uns — sofern wir ästhetisch genießen — überhaupt ins Be-
wußtsein fiele.

Hier liegen die grundlegenden Formprobleme der
Romankunst. Hier erweist sich, der wissenschaftlichen Sphäre ge-
genüber, ihre unbedingte Autonomie. Und jeder Versuch, diese Ver-
pflichtung zu umgehen, hat dazu geführt, daß ein Zwittergebilde ent-
stand, halb auf ästhetischen und halb auf rationalen Zügen aufgebaut,
ein Gebilde, das wohl im ersten Augenblick Neugier wecken kann,
schließlich aber einen fast quälenden Eindruck hinterläßt7).

Nur mit einem unbeschreibbar glücklichen Griff kann jene Gestal-
tung vollbracht werden, die als künstlerische Vollendung des großen
Romans anzusehen ist. Immer aber schließt die Formel, von der her die
Leistungen des epischen Genies allein zu packen sind, zwei Momente
ein: das des tiefen Wissens von der Mensch* —
der wundersamen Verhüllung dieses W E- ^Mf/V
der Romanschriftsteller an Geschmack, Feingefühl uE_r
lerischem Können besitzt, muß zusammenwirken, urE.
Geschlossenheit zu erzeugen, in der das Rationale , EJ2
Sinne des Hegeischen „negare", „elevare" und „c< -
dieser Fähigkeit des umwandelnden B = ;
im Grunde das entscheidende Kriteriu^il
stung des großen Romanziers.

Diese Leistung erfüllt sich in der Anwendung ="
mittel, ästhetischer Modalitäten, mit denen psych E-
gestellt werden kann. E-2 w |

Nun verfügt auch die Wissenschaft über eine =- "7;
keiten, psychische Zustände und Vorgänge ins Bli =_£P
seins zu heben. Und es läßt sich zeigen, daß a= +f
lichkeiten in den Darstellungsformen =N ~r §

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ren Reflex finden können. In der Wahl ; -
aber können sich letztwesentliche reiE

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ZügedesWerkesentfalten. -

7) Hierher gehört fast alles, was an betont psychologi E ^ ^
schienen ist, insbesondere wenn diese Werke versuchen, de =— _ 2
logischen Gehalt mit sensationellen Methodenexperimente E. ®
etwa den „Ulysses" von Joyce). Ober die Spannung, mit de E ^
digen Spiel des Intellekts zusieht, führt das Erlebnis de = ©0
kaum hinaus. Die wirkliche Wissenseinsicht aber, die dabei E-
rein theoretischer Form meist wesentlich edler und eindeut E_£> ffl

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