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Zeitschrift des Badischen Kunstgewerbevereins zu Karlsruhe — 4.1888

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Lessing, Julius: Das Porzellangeschirr Sulkowski
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https://doi.org/10.11588/diglit.4087#0055
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SSon QulntS Seffing.

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ter gaience imb aye jjjre Sdjweftern ben ©oben
bödtg borbereitet. Sitte älteren SOceifjener $e-
tor§: bie ®ractjen, bie Siger, gel§ unb SSogel,
bie Sßinien, ba§ Stfdjdjen finb metjr ober min-
ber birette Sycadjaljmungen cljtneftfctjer, in (Sil«
ropa bama(§ woljlbelanuter SeforS; eine§ ber-
fel&en, i*a% fogenannte Swiebelmufter Ijat eine
in ber ©efdjidjte be§ Drnameute§ unerhörte
SebenSfäljigfeit bi§ jum genügen Sage bewiefen.

Sie 3eü SSöttgerl War aber fünftlerifdj
ju tebenSträftig, um bei blojjer 9?admljmung
fterjen ju bleiben. Sdjon bei bent 85ortäufer be§
meinen $oräedau§, ber al§ 33öttger=^oräettan
bekannten roten Steinjeugmaffe, fefjen Wir nacf)
turpem Söenujjen djinefifdjer 23orbilber bie rein
europäifcfjen gormen ber Seit bon 1700—1710
eintreten.

SOitt berfelben htrjen ©ntj'ctjlofienrjett ber-
fud)t man in ÜÖtafien atgbalb ba§ Weifje ^ßor-
jedan bem ljeimifd)en Sunftbebürfni§ bienftbar
311 madjen. Sn bie erfte Seit bon Sfteifjen ge-
tjören grofje Saunen mit SftaSfen am Sluggufj
unb §entet, welche itaüenifdjen 33ronje!annen
nadjgebitbet finb; ebenfo eine Heine St;ee-
lanne, beren Seib einen wanftigen Srieg§-
fnedjt mit (Stfentappe barftedt, unb eine gange*
9feil)e anberer formen, roetctje nod) bodftänbig
bie ft)mmetriftf)e (Strenge unb bciZ antififirenbe
Ornament au§ ber Seit Submig§ XIV. auf*
Weifen.

©benfo iote an ber SDcobeflirung tonnen
Wir aud) an ber SMerei biefe ©ruppe erfen-
nen, weldje burdjauS nod) nidjt bagjenige tjat,
Wag mir jejjt ben Sßorjedanctjaratter nennen.
SSSir Ijaben Soffen, Sannen u. f. W., inetetje in
Sdjwarj ober in ©olb mit feinen Sadenrän-
bern berfeljen finb, bie genau bem 33uct)binber-
ornament bon 1700 entfpredjen, bie Silber auf
benfelben finb Seeftüde unb ßanbfdjaften im
Efjarafter ber flöten SJieberlänber unb fupfer*
ftidjartig auggefüfjrt, Wie bie SdjWargmalereien
auf ben Sd)aper=©täfern. (Sinige bon biefen,
nid}t mit SJcarfen berfetjenen ©lüden werben bon
mancfjen (Sammlern al§ SSenetianer ^orjetlan
bejeidjnet, obne bafj id) einen 93ewei§ bafür
erbracht wüfjte.

©anj fictjer SKeifsener £>erlunft ift ein
Sfjeegefcfjirr im berliner XTcufeum, ba§ in ro-
ter garbe mit Sriumptjäügen bon Sritonen unb
foriftigen afteereSgöttern bemalt ift. ®ie (£nt-
ttürfe hierfür muffen Ijerrütjren ober beeinflußt
fein bon einem ber an gregfomalereien ge-

wohnten Staliener, bie Sluguft ber Starte nactj
SreSben gejogen blatte.

SSir feljen alfo, Wie ba§ SDZeifjener $or-
jedan juerft taftenb nad) SBorbilbern fucfjt, fidt)
an ba$ üKetad, bie gaience, an bie gleid)5eitige
Malerei unb ben 35ud)brucl anlehnt, gür ade
biefe ^Beobachtungen fi^aben Wir aber noct) feine
feften Satirungen; wir waren geneigt, ade ber-
artigen Stnleljnungen in bie aderfrüljefte Seit
ber Stfanufaftur bt§ l)öd)ften§ 1720 ju feigen
unb al§ ein balb überwunbeneS Übergang§-
ftabinm anäufeljen.

@§ ift für un§ barjer bon befonberer
S5id)tigleit, ein Sßorgettangeröt nad)Weifen ju
lönnen, weldje§ biefer ©ruppe angetjört, aber
fictjer erft um 1735 entftanben ift, unb Weldje§
bodftänbig einem älteren ebenfadS fidjer batir-
baren Silbergerät nadjgebilbet ift.

®iefe§ Stüd ift bie S. 46 abgebilbete
0,58 c fjolje Serrine, beren Körper ba§ Sunft-
gewerbemufeum ju Berlin fd)on feit langer Seit
befafs unb ju weld)er fidt) je^t ber SDedel ange-
funben l)at. Siefe SEerrine gehört ju einem ©e-
fctjirr, üon bem neuerbtng§ berfdjiebene Stücle in
ben §anbel gefommen finb ;mb weld)e§ burdj feine
SBappen feft batirbar ift. ©en 9JadjWei§ über
biefelben berbanlen wir htm §erm ©rafen
gerbinanb bon S3rüfjt. ®aö ©efd;irr trägt in
allen feinen Seilen ba§ Soppelwappen be§
polnifd) = fädgfifctjen @abinet§mmtfter§ 31lejan-
ber Sofepb, bon <3ulfow§ti unb jwar in
feiner gräftidjen SBürbe, bie if;m 1732 ober
1733 berlieljen würbe, unb feiner ©attin gran-
jiSla Satfjarina g-reiin bon Stein f 1741.
S)a§ ©efctjirr mufs alfo gwifd^en 1732 unb
1741 gefertigt fein, ba SuHowSti fd)on 1742
eine gweite ©l)e mit 2lnna ©räfin bon 5ßre-
benbow einging. Sa ferner Sulfowgfi 1738
bon feinem äRinifterpoften geftürjt Würbe, fo
ift e§ l;öd)ft wal)rfd;einlid), bafj bie§ ©efctjirr
bortjer, alfo jwifcl;en 1732—1738 gefertigt
Würbe. Sa§ l)odjberüT;mte Scfjwanenferbice,
Welches für SulloW§li'§ 9cacfjfolger im Slmte,
ben ©rafen Sörütd gefdmffen würbe, ift 1737—
1747 fertig geftedt, ber Sßrobeteder aber be-
reit§ 1734—1736 mobedirt, fo hafs biefe bei-
ben ©efdjirre im wefentlid;en in biefelbe ^ßeriobe
faden; bennod) genügen bie Wenigen ^atjre
lluterfd)ieb, um in bem Sd)wanenferbice einen
entfdjiebeuen gortfdjritt nad) bem 3bt'o!o tjin
erlenneu 51t laffen. (SSergl. bie Slbbilbung im
Sunftgewerbeblatt I, S. 105.)
 
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