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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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Quast, Ferdinand von: Archäologische Reiseberichte, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0175
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Archäologische Reiseberichte.

(Fortsetzung. — Vergl Heft II. S. 72.)

Hamersleben. — (Schluss.)

Was das Hauptgebäude selbst anlangt, so haben wir keinen gegründeten Zweifel,
dass es der ursprüngliche Bau ist, welcher nach Verlegung des Stifts (1112) an die jetzige
Stelle errichtet wurde, und der spätestens in einigen Decennien beendet worden sein wird.
Die Bildung der Würfelkapitäle zeigt zwar nicht mehr jene einfache und ursprüngliche
Reinheit, welche, wie ich anderwärts gezeigt habe, die des XI. Jahrh. vor allen anderen
auszeichnet; doch stehen sie ihnen noch nahe genug, um auf eine benachbarte Stellung An-
spruch zu machen. Die Ausschmückung der Schilde mit figürlichen Darstellungen und
Ornamenten erscheint zwar schon in Quedlinburg (1070—1129) und dem gewiss gleichzei-
tigen Wester-Gröningen: aber in Hamersleben hat diese Richtung schon weitere Fortschritte
gemacht und in den Eckwarzen der Basen ein neues Element hinzugefügt; auch sind alle
Profile, Ornamente u. s. w. bereits regelrechter geworden. Eine grosse Verwandtschaft hat
die Kirche auch mit dem älteren Raue der Kirche zu Hecklingen, welche, obschon von äl-
terer Stiftung, jedenfalls in der ersten Hälfte des XII. Jahrh. völlig erneuert wurde. Vor-
zugsweise steht unsre Kirche aber mit drei anderen in enger Verbindung, die ihr voran-
gehen und nachfolgen und ihre Zeitstellung dadurch näher bestimmen. Vor allem ist es die
Kirche des Klosters Paulinzelle in Thüringen, welche mit unserer Kirche in einer in alter
Zeit seltenen Uebereinstimmung steht. Auch dort wird das in allen Maassen ziemlich gleich-
grosse Mittelschiff durch sechs Säulen und einen Pfeiler auf jeder Seite getragen. Die
Säulen steigen ebenso mächtig mit Verjüngung der Schäfte empor. Auch hier sind die
steilen Basen mit einfachen Eckwarzen, die Kapitale mit demselben Abakusprofile der umge-
kehrten attischen Basis geschmückt. Die Würfelkapitäle zeigen gleichfalls die zwei innern
Halbkreise in derselben Ausbildung, wie jene zu Hamersleben; und endlich werden die Rund-
bögen genau in derselben Weise von jener genannten viereckigen Einfassung, und zwar
mit demselben Zahnschnittmuster belegt, überstiegen! Selbst das Kreuzportal (hier auf der
freien Nordseile) hat genau dieselbe Anordnung, wie in Hamersleben, nur dass hier dass
Relief und das Ornament des die Mitte umgebenden Streifens fehlt. Auch der Chor-
schluss mit den.Absiden und den zwei Seitenkapellen nebst kleineren Absiden waren ehe-
mals vorhanden, wie die Aufgrabungen gezeigt haben.*) An der Weslwand dagegen,
oberhalb des Portals, ist die alte Arkadenstellung noch wohl erhalten, welche den einst
über der Vorhalle vorhandenen INonnenchor mit dem Langhause verband. Hier kann durch-

*) S. Hesse, Geschichte d. Klosters Paulinzelle, S. 24.
 
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