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Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

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Endres, Joseph Anton: Das Domportal in Regensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0169
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Abhandlungen.

Das Domportal in Regensburg.

Mit 3 Abbildungen.

n dem mannigfaltigen und für
I Süddeutschland einzigartigen
Bilde, welches die architekto-
nische Gestaltung von Regens-
burg darbietet, fesseln in erster

Linie zwei Werke, ungleich an
Gröfse und Bedeutung, das Inter-
* esse des Kunstfreundes: der
majestätische, aus dem Zentrum
der Stadtsich erhebende und dieselbe weit über-
ragende Dom und die in ihrer westlichen Peri-
pherie sich bergende ehemalige Schottenkloster-
kirche St. Jakob. In kunstgeschichtlicher Be-
ziehung sind sie Typen für die beiden, das Mittel-
alter beherrschenden christlichen Baustile, den
romanischen und den gothischen. Fragen wir aber
nach sonstigen gemeinschaftlichen Beziehungen
zwischen ihnen, so treffen wir solche höchstens
noch in einem Punkte, den Portalen. Beide
Portale entstammen Zeiten hoher Blüthe der
Architektur und tragen, jedes in seiner Art, die
Zeichen der Meisterschaft an der Stirne. Das
eine von St. Jakob besitzt, was seinen orna-
mentalen Schmuck betrifft, nach B. Riehl') nicht
seines Gleichen in ganz Deutschland, aber auch
das andere geniefst den Ruhm ausgesprochener
künstlerischer Eigenart. An beiden Portalen
schuf der Meifsel des Bildhauers eine Fülle
des Lebens und wechselnder Gestalten, aber
der plastische Schmuck überwuchert nicht die
bestimmenden Formen der Architektur. Diese
Beziehungen sind freilich äufserlich und zufällig;
selbstverständlich müssen uns die Unterschiede,
wie es bei Werken, die zwei Jahrhunderte aus-
einanderliegen, nicht anders möglich ist, weit
lebendiger vor Augen treten. Die letzteren be-
treffen Stil und Plan; sie drängen sich uns auf
in Inhalt und Gepräge der Figurensprache, in
welcher beide Denkmäler zu uns reden.

Die Kunstforschung konnte natürlich zwei
so hervorragende Bauglieder nicht unbeachtet

x) Vgl. »Denkmäler frühmittelalterlicher Baukunst«
1888, S. 91.

lassen, aber sie wendete beiden nicht die gleich
grofse Aufmerksamkeit zu. Die Jakobskirche
bereitete ihr im Plane des Ganzen, in der Aus-
gestaltung des Einzelnen und in der ganzen Bau-
geschichte verhältnifsmäfsig geringe Schwierig-
keiten. Mit um so gröfserem Eifer wendete sie
sich daher dem Portale mit seinem räthselhaften
Bilderschmucke zu. Dessenungeachtet hat sie
es zu einer befriedigenden Deutung bisher nicht
gebracht. Am Dome sah sie sich bis auf
unsere Tage durch fundamentalere Probleme in
Anspruch genommen. Sie beschäftigte sich mit
dem Plane des Ganzen, mit der architektonischen
und künstlerischen Bedeutung der zahlreichen
und mannigfaltigen grofsen Bautheile, mit der
über sechs Jahrhunderte sich hinziehenden grofs-
artigen Bau geschieh te. Nur nebenbei und in
ausgedehnterem Maafse erst in jüngster Zeit
schenkte sie auch dem Detail und namentlich
dem reichen und originellen Figurenschmucke
Beachtung.

So erklärt es sich, dafs das Regensburger
Domportal in der bisher dasselbe berührenden
Litteratur eine erschöpfende Behandlung nament-
lich nach der Seite seiner herrlichen bildlichen
Ausstattung nicht gefunden hat. Deshalb will
ich es versuchen, die wichtigsten Anhaltspunkte
für seine Geschichte zusammenzustellen und die
wesentlichen Züge der architektonischen und
plastischen Erscheinung dieses kostbarsten Bau-
gliedes der ganzen Kathedrale, wie das Portal
mitunter genannt wurde, in kunstgeschichtlicher
Würdigung vorzuführen.

Das kostbarste Bauglied an der ganzen Kathe-
drale! In ähnlichen und noch weitergehenden
panegyrischen Ergüssen erheben begeisterte Ver-
ehrer des hiesigen Domes dessen Hauptportal;
so z.B. Schuegraf, welcher uns die mit so vieler
Liebe zur Sache geschriebene »Geschichte des
Domes« hinterliefs. Ja er nennt es „eines der
herrlichsten Denkmäler deutscher Baukunst".2)
In ganz ähnlichem Sinne äufsert sich der früh
verstorbene Andr. Niedermayer, wenn er be-
hauptet, es stehe allen ähnlichen Werken des

2) Schuegraf, »Geschichte des Domes von Regens-
burg« 1. Theil, Regensburg 1848. S. 150, 155, 1G5,
 
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