Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf, [16]: 32. Chormantelstickerei mit dem Totentanz im Dom zu Osnabrück (Kat. Nr. 581)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0152
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
239

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

240

gegenüber den schweren Angriffen, die sie
auszuhalten hatten.

Die Kappa, 41,5 cm breit, ist an einer
Rankenborte befestigt, an der die Stäbe her-

unterhängen. Ganz im Sinne ihrer, bereits der
zweiten Renaissanceperiode angehörigen Orna-
mentik sind die beiden dekorativen Baldachine
gehalten, von welchen die durch das Mittel-
kreuz geteilte Szene bekrönt ist. Auf der einen
Seite stürmen drei Todesgestalten als Skelette
mit faltig herabhangenden Tüchern, mit dem
Stundenglas, der gezückten Lanze, der erhobenen
Sense in der Hand auf die drei von der an-
deren Seite zur Falkenjagd heranreitenden,
aufs reichste kostümierten Weltmänner, von
denen der erste entsetzt hinweist auf die
plötzlich drohende Gefahr, sich zurückwen-
dend zu seinen Genossen. Aus Silberfäden mit
Überfangstich sind die Skelette gebildet, durch
Plattstich die Draperien, wie die Karnations-
teile bei den Rittern, deren Gewänder zumeist
durch Gold- und Silberlasuren gewonnen sind.
Aus Silberfäden sind auch die aufzüngelnden,
blau konturierten Flammen gebildet, die
zwischengestreut den Grund beleben.

Die beiden Stäbe, 24 cm breit, besser er-
halten, sind hinsichtlich der Ornamentik wie
der figürlichen Darstellungen gerade so behan-
delt, also auf rotem Sammetgrund mit Leinen-
unterlage, die Baldachine in Sprengtechnik, der
Tod in Silberfäden mit gelblichem Überfang,
schwarzen Augen und Mund, weifslichen Tuch-
zipfeln, die Vertreter der einzelnen höheren
Stände zumeist in Gold- und Silberlasuren,
sowie in Plattstickerei für die Karnationen,
Futterumschläge u. s. w., in übergelegten Seiden-
fäden der abwechselnd in Gelb, Blau, Grün
quadrierte Fliesengrund. Auf dem einen Stab
sind die kirchlichen, auf dem anderen die welt-
lichen Würdenträger versinnbildet und zwar:

a) der Papst mit Tiara und Stab, der Tod,
der ihn mit fortzieht, die Sense über der Schulter;
b) der Kardinal mit Hut und dreibalkigem Kreuz,
nach dem der Tod greift; c) der mit Mitra und
Krummstab gerüstete Bischof, den der Tod mit
beiden Händen fafst; d) der mit Bügelkrone
und Reichsapfel geschmückte Kaiser, den der
Tod mit beiden Händen packt; e) der mit
Krone und Zepter paradierende Herzog, den der
Tod mit der Sense in der Hand fortreist, endlich
f) der Edelmann in Mantel und Barett, vom Tode
entführt, der den Sarg auf der Schulter trägt.

In den letzten Jahrzehnten des XVI. Jahrh.
dürften diese überaus merkwürdigen Stickereien
in Westfalen ausgeführt sein, wohin Bewegung
und Ausdruck die vorzüglich entworfene und
ausgeführte Zeichnung verweisen.

Sehn Utgen.
 
Annotationen