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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Braun, Joseph: Ein Kölner Nadelmaler des XVII. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0174
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309

1905. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

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ration vorfanden, bewiesen, daß der ursprüng-
liche Grund aus einem Goldtuch von eigen-
artiger Beschaffenheit bestanden hatte. Statt ge-
wöhnlicher Goldfäden waren nämlich zu seiner
Herstellung feine runde vergoldete Silberdräht-
chen als Einschuß gebraucht worden und zwar
waren dieselben paarweise eingeschossen, offen-
bar, um die Wirkung zu erhöhen.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß eine wirk-
liche Meisterhand das Antependium und die
übrigen Paramente gearbeitet hat. Denn daß
alle aus einer Werkstatt hervorgegangen sind,
kann angesichts des Stiles und Charakters der
Stickereien wie der bei allen gleichen eigen-
artigen, vielfach geradezu raffinierten Technik
nicht zweifelhaft sein. Wer aber ist es ge-
wesen, dessen Kunstfertigkeit diese meisterhaften
Stickereien geschaffen hat? Die Antwort geben

phrygionico multam templi suppellectilem ele-
ganter elaboravit.

Brüder, welche die Kunst der Nadelmalerei
ausübten, kamen im XVII. Jahrh. verschiedent-
lich in den Kollegien der Gesellschaft vor,
namentlich aber in Belgien. So verzeichnen
die Kataloge des Noviziats der belgischen Ordens-
provinz zu Tournai aus den Jahren 1610 ff. einen
Bruder Martin Herry aus Neuville-St.-Vast bei
Arres als acupictor. In gleicher Beschäftigung
begegnet uns in dem Mitgliederverzeichnis des
Profeßhauses zu Antwerpen von 1633 ein Bruder
Walter Verhaegen aus Antwerpen und im
Katalog des Genter Kollegs von 1639 ein Bruder
Heinrich Geerts aus Nymwegen. In der
oberdeutschen Provinz zeichnete sich als Sticker
aus der Bruder Paulus Bock aus Konstanz, ge-
storben 15. März 1657, den das Nekrologium

Abb. 3. Antependium in der St. Maria-Himmelfahrtskirche zu Köln.

die Kataloge des Kölner Kollegs und die Ne-
krologien der niederrheinischen Ordensprovinz.
Es war ein Bruder, Johannes Liidgens oder
Lütgens mit Namen, auch wohl Ludolphi ge-
nannt. Er war ein Holländer von Geburt und
Groningen seine Vaterstadt, wo er am 28. Okt.
1611 geboren wurde.3) Im Alter von 29 Jahren
trat er in die Gesellschaft ein. Die vorge-
schriebene zweijährige Probezeit machte er 1641
und 1642 im Noviziat zu Trier, von hier wurde
er dann im Herbst des letztgenannten Jahres
nach Köln ins dortige Jesuitenkolleg geschickt,
wo er seitdem bis zu seinem Tode die Kunst
der Nadelmalerei, ausübte. Es ergibt sich das
zur Evidenz aus den Jahreskatalogen des Kollegs,
welche den Bruder von 1643 an bis 1673 stets
als acupictor, als Nadelmaler, aufführen. Aber
auch das Nekrologium sagt von ihm: opere

3) Die Daten über Bruder Lüdgens verdanke ich
der Güte meines Ordensbruders Joh. Bapt. van Meurs.

bezeichnet als doctus acu non minus quam
penicillo pingere.

Bruder Lüdgens starb, nachdem er am
31. Juli die letzten Gelübde abgelegt hatte,
1673 nach langwieriger, schwerer, mit großer
Geduld ertragenen Krankheit. Er ist der ein-
zige Sticker, der uns in den Katalogen des
Kölner Kollegs begegnet. Außer und nach
ihm hat sich kein anderer Bruder in letzterem
mit Nadelmalerei beschäftigt.

Bruder Lüdgens war ein tüchtiger Sticker,
bewandert in allen Techniken, die er mit großer
Fertigkeit und Vollendung handhabte, aber
auch begabt mit feinem Sinn für Farbe und
Form, Zeichnung und Komposition. Die noch
vorhandenen Arbeiten seiner Hände bekunden
das auf das bestimmteste. Die rein ornamen-
talen Stickereien leiden allerdings an dem
Fehler, daß sie zu schwer und massig sind,
in allzustarkem Relief über den Grund hervor-
treten und die Gewänder durch ihre Steifheit
 
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