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Zeitschrift für christliche Kunst — 22.1909

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Schnütgen, Alexander: Fünf spätgotische Devotionskreuzchen aus Metall - Vorderseiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4153#0218
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Abhandlungen.

Fünf spätgotische Devotionskreuzehen
aus Metall. — Vorderseiten.

(Mit 5 Abbildungen. — Tafel XL)

ür die Bergung von Reliquien
waren die fünf hier in ihren
Vorderseiten abgebildeten Metall-
kreuzchen bestimmt, die auf der
Vorder- oder Rückseite sich öffnen lassen zur
besonderen Verehrung des heiligen Inhaltes.

1. vor nahezu 40 Jahren in Dresden ge-
kauft, 14'/2 cm hoch, 12 cm breit, ist aus Rot-
kupfer montiert und vergoldet. Der edel ge-
formte gegossene Kruzifixus ist auf ein durch
Kreuzschraffierung ausgespartes Astkreuz ge-
nietet, welches sich herausheben läßt zur Be-
schauung der Reliquien. Die Kreuzendigungen
im Vierpaß sind mit den räumlich gut dispo-
nierten Symbolen der Evangelisten in kräftiger
Gravierung verziert, so daß die ganze Anordnung
der Vorderseite zwar typisch, aber selbständig
erscheint und von vortrefflicher Wirkung.

2. vor ca. 25 Jahren in München erworben,
von fast gleicher Größe, silbervergoldet, ist
ganz mit Gravuren geschmückt in malerischer
Behandlung, für welche bei den Kleinmeistern
der spätesten Gotik dieVorbilder sich finden. Der
Kruzifixus mit reich flottierendem bauschigem
Lendentuch ist von breiter, bereits die Re-
naissance und zwar die süddeutsche, anklingen-
der Gestaltung, während die hier anders als
auf 1 angeordneten fein stilisierten und ge-
stochenen Evangelistensymbole auf zart be-
handelte Muster der Spätgotik zurückgehen.

3. kaum 10 cm hoch und kaum 8 cm
breit, gleichfalls silbervergoldet, zugleich mit 2
erstanden, verdankt ebenfalls nur dem Grab-
stichel seine Entstehung, sowohl der Christus
wie die Evangelisten, denen in geschickter
Anordnung ihre Attribute beigegeben sind.
Die Figuren sind aus dem schraffierten Grunde
ausgespart in einer trotz des minutiösen Falten-
wurfs durchaus gefälligen Zeichnung, die eine
wie in der Erfindung, so in der Ausführung
sehr gewandte Hand verrät, an die westfälischen
Kupferstecher kurz vor 1500 erinnernd.

4. vor Jahresfrist in Münstereifel versteigert,
9 cm breit, 12 cm hoch (ohne den sehr originell
gestalteten Auf hängering) ist ganz aus Silber
gebildet, unter vollständigem Verzicht auf die

Vergoldung. Der ungemein edel bewegte,
fein modellierte, gegossene und ziselierte
Kruzifixus hängt an einem gekörnten, plasti-
schen Astkreuz, an dem selbst der spruch-
bandartig aufgelegte Kreuztitel auf feinster
Empfindung beruht, mit den das Kreuz flan-
kierenden Strahlen; sie markieren den die
Reliquien schützenden Deckel, der sich, wie
auf 1, herausheben läßt. Die Evangelisten-
symbole, die durch ihre bewegte Haltung und
namentlich durch ihre, in kühnem Schwünge
sie umgebenden Spruchbänder die Dreipässe
malerisch füllen, durch ihre Auszackungen
deren Konturen scharf hervorhebend, sind,
trotz ihrer Flächigkeit, sehr scharf charakterisiert,
wie im Ausdrucke der Köpfe, so in der Mo-
dellierung der Körper, bei denkbar feinster Aus-
führung der Federn, Haare usw. Diese den
kleinen Devotions- und Schmuckgegenstand
in ungewöhnlichem Maße auszeichnenden Eigen-
schaften haben ihren Grund auch in der
Technik, indem es sich hier nicht um die
Gravier- oder Treibarbeit handelt, sondern um
das Verschneideverfahren, welches das Relief
nur von der Vorderseite und mit dem Meissel
(bezw. Punzen) behandelt. Diese Technik setzt
eine besonders geübte Hand voraus, indem sie
den Schnitt des Bildhauers auf das so schwer
zu behandelnde Metall überträgt, aber größere
Schärfe ermöglicht, deswegen um so feinere
Wirkung schafft, namentlich um so stärkere Be-
wegung trotz der Fläche. An einen nieder-,
oder mittelrheinischen Goldschmied des aus-
gehenden XV. Jahrh. wird hier zu denken sein.
5. mit 3 zusammengefunden, ist (ohne die
Schraube) 11 cm hoch, 9 cm breit, aus Silber ge-
bildet, in seinen Flachteilen nielliert mit auf-
gelötetem, vergoldetem Kruzifixus. Die Kreuz-
endigungen sind als in die Länge bzw. Breite
gezogene Vierpässe behandelt und bilden mit den
Balken einen einheitlichen, das mit Kreuzpartikel
undReliquien gefüllte Innere schützenden Deckel.
Von den Evangelisten ist die des hl. Matthäus
als Kniestück und mit Bart dargestellt. Die
Inschriften wie die stilistische Behandlung der
Figuren weisen auf byzantinische Einflüsse hin,
in welche die Technik des Niello, womit die
Schraffuren des Grundes, und die Konturen der
Figuren gefüllt sind, hineinpaßt. — Die Rück-
seiten wird das nächste Heft bringen. Schnütgen.
 
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