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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Bücherschau
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91

1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3-

92

Bücherschau.

Hans Dütschke, Ravennatische Studien.
Leipzig 1909, W. Engelmann. (Preis M. 12.)
"Warum soll man in der christlichen Archäologie
nicht auch einmal die zu "Worte kommen lassen, die
mit der vielgepriesenen „Vorurteilslosigkeit" an all' die
tiefsinnigen, oft recht spitzfindigen Sachen der ersten
christlichen Jahrhunderte herantreten? Mag Riegl,
Spätrömische Kunstindustrie, Seite 101 auch die Hoff-
nung aussprechen, an der Hand der ravennatischen
Sarkophage ließe sich eine Geschichte der spätrömischen
Bildnerei mit einiger Sicherheit schreiben, wir können
es nicht glauben. Wo liegen und wie stark sind die
Berührungspunkte zwischen Rom und Ravenna ? Diese
Frage von monumentaler Bedeutung hat mir Dütschke
nicht beantwortet. (Mit seiner retrospektiven Be-
urteilung frühchristlicher Bildnerei auf nachklassische
Werkstätten aber bin ich mehr wie einverstanden,
nur läßt er hin und wieder das auch damals schon
wirksame dogmatische Element aus dem Spiele, er
schaltet es vielmehr geflissentlich aus, und das geht
nicht. Bisweilen wird Dütschke spitzfindig, wie bei-
spielsweise Seite 165, wo er unter Anziehung der
Aberkios-Inschrift unterscheidet zwischen Darstellungen
des guten Hirten und eines guten Hirten. Ist
durch ihn die Frage nach dem vielbesprochenen
„Philosophen" mit der Schriftrolle auf den Sarkophag-
fronten beanwortet? Längst nicht! Gott, der Gott,
Gott Vater, dem der Sohn die Seelen zuführt, der
selbst das Lebensbuch, den „über vitae" auf „und
nachschlägt, er hat vielleicht ebenso viel für sich. Höchst
interessant sind Dütschkes Auslegungen bezüglich des
Inhaltes der Darstellungen, aber, wo er auf die Stilistik
den Hauptnachdruck legt, mußte er mehr die Persön-
lichkeit der einzelnen Künstler zu "Worte kommen
lassen. Eben durch seine Zurückführung auf halb-
oder nachklassische Vorbilder wurde er dazu verpflichtet.
Das Christentum der ersten drei Jahrhunderte ist viel
häufiger der gebende Teil gewesen. Prächtig ist des
Verfassers Darstellung über die Entstehung des jugend-
lichen Christustypus; damit müssen wir uns alle auf
die Dauer vertragen, daß die Christen unter der Nach-
wirkung des Klassizismus „ihrem" Christus die Züge
heroischer Persönlichkeiten gaben; handelte das Mittel-
alter anders? Dütschke's Zusammenstellungen im Bilde
sind vortrefflich gewählt, seine Christustypen mit der
prägnanten Jünglingsphysiognomie als leitende, vorbild-
liche Idealtypen wirken in ihrer Reihenfolge überzeugend.
"Was soll's ? Mancher Strich, manches Frage-
zeichen kam an den Rand des Rezensionsexemplares,
und doch drücken wir am Schluß des Buches dem
Verfasser die Hand ob der mühsamen und stark er-
folgreichen Arbeit, der er sich mit seinen ravennatischen
Sarkophagen unterzogen hat. Nur können wir nicht um-
hin, ihm ein für allemal eine stärkere Berücksichtigung
konservativ so feststehender Religionslehren, nicht An-
schauungen, zu empfehlen. Das Buch ist des bedeut-
samen Kunststädtchens an der blauen Adria würdig

Witte.

Köln

Kielich, W. Kosciele Rzymsko-Katolickim. —Von
Mgr. Longin de Zarnowiecki. Mit 37 Text-

illustralionen und 44 Tafeln, unter denen 3 farbige. —

"Warschau 1907.
Dieser erst vor kurzem mir zugegangenen Mono-
graphie über den „römisch katholischen" Meßkelch
sei hier ein kurzes Referat gewidmet, obwohl sie in
polnischer Sprache geschrieben ist. Die ungemein
reiche, hinsichtlich der alten Kelche (und Patenen) in
guten zeichnerischen Wiedergaben, hinsichtlich der neuen
Exemplare zumeist in Photographien bestehende
Illustration hilft über den Mangel der Gemeinverständ-
lichkeit hinweg. Ein sehr opulenter Kelch des XII.
Jahrh. und zwei hervorragende Kelche des XV. Jahrh.
sind in Gold (und Farben) wiedergegeben. — Das
Vorwort erörtert den kunstgeschichtlichen und kunst-
praktischen Zweck des Buches. — Der ausgiebige Text
begleitet den Kelch durch seine Entwickelurgsphasen
1. bis Tausend, 2. die romanische Periode, 3. die
Gotik, 4. die Renaissance, 5. Barock und Rokoko,
6. Neuzeit bis in die letzten Jahrzehnte, also unter
Verzicht auf die durchweg unglücklichen modernen
Versuche. — An der Hand von 35 Textabbildungen
und 44 Tafeln (von denen die letzten 9 zahlreiche
romanisch und gotisch stilisierte Kelche der Neuzeit
zeigen) werden die Kelche und Patenen in der Eigen-
art der einzelnen Stilperioden beschrieben, so daß ein
guter Überblick über ihre Entwickelung geboten ist,
mit Einschluß mancher aparten Einzelheiten. — Ein
eigenes längeres Kapitel: „Verschiedene Bemerkungen"
trägt eine Menge schätzenswerter Notizen über den
Kelch: Material, Form, Maßverhältnisse, Inschriften,
Verzierungen, ihre Symbolik usw. zusammen. •—■ Auch
die Patene erfährt nach diesen Richtungen eine
nähere Prüfung, sogar das Löf f elcljen, welches
in die Archive zurückverfolgt wird mit Einschluß der
Kelchvela und Kelchfutterale. — So stellt sich diese
glänzende Monographie als ein verdienstvolles Werk
der Pietät und der Forschung dar, geeignet zu belehren
über die Geschichte des wichtigsten liturgischen Gefäßes
und aufzuklären über die Gesichtspunkte, die für dessen
Anschaffung vornehmlich Beachtung verdienen. — Der
Kelch hat hinsichtlich seiner Form und seines Schmuckes
in technischer und sinnbildlicher Beziehung vornehmlich
im XIII. und XIV. Jahrh. eine so erhabene Gestaltung
gewonnen, daß die bezüglichen Bestrebungen unserer
Tage einen dankbareren Anschluß, als an diese herr-
lichen Gebilde, unmöglich gewinnen können.

Sehn üt ge n.

Aus der mittelalterlichen Sammlung des
Museums in Bergen. XI AI targef äße und
Geräte. Von B. E. Bendixen, Mit 41 Figuren
im Text.
Im Anschlüsse an seine früheren, hier wiederholt
besprochenen Veröffentlichungen in „Bergens Mu-
seums Aar bog" hat der Verfasser eine weitere
Serie herausgegeben, die mir im Abzug vorliegt und
wohl verdient, die Beachtung der Leser zu finden. —
Sie umfaßt Kultusgegenslände des XIII. bis XV. Jahrh.
und zwar Kelche, Monstranzen, Kreuze mit
Christuskörper von Metall, wie von Holz, Leuchter
aus Messingguß und eisengeschmiedete, endlich messing-
gegossene Rauchfässer. Diese Sammlung bietet
 
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