Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI Artikel:
Oidtmann, Heinrich: Acht Scheiben Kölner Kleinmalerei des XVI. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0253

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
869

,910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 12.

370

führung, auf der Laurentiusscheibe mit den
Bildnissen des Jan van Hasselt und seiner
Ehefrau wieder. Die unverstandene Schat-
tierung einer nach vorn gerichteten Fußstellung
auf unseren Hasseltscheiben könnte man mit
gleicher Berechtigung an manchen schweizer
Scheiben tadeln.

Eine andere Scheibe aus dem Gleichnis
vom verlorenen Sohn, das als ständige War-
nung für reiche Bürgerssöhne zum Fenster-
schmucke recht
geeignet schien,
hängt im Wallraf-
Richartz - Museum;
zwei weitere besitzt
das Kunstgewerbe-
museum. Von der
Bilderreihe der
ehemaligen Weyer-
schen Sammlung
sah ich bloß Photo-
graphien, die eine
derbere Behand-
lung vermuten
lassen.

Jan van Hasselt
scheint demnach
mehrfache Stif-
tungen gemacht zu
haben.

Kleine, fein gemalte
Rundscheibchen von
9 cm Durchmesser mit
Bildern aus der Ge-
schichte des verlorenen
Sohnes, Arbeiten des
XVI. Jahr'n., wurden
auf der v. Zwierlein-
schenVersteigerung um
den billigen Preis von
100 Mark verkauft.

Unseren acht
Scheiben steht ein
einwandfreies Ursprungszeugnis zur Seite, das
manchen anderen, innerhalb der letzten 25 Jahre
plötzlich aufgetauchten „alten" Kunstschätzen
abgeht. Der ihre Echtheit verbürgende Alters-
nachweis reicht bis zum Jahre 1824 zurück,
also in eine Zeit, als man ähnliche Arbeit zu
schaffen gänzlich außerstande war, als sich
überdies eine Fälschung nicht lohnte, da
alte Scheiben recht niedrig im Wert standen,
jedenfalls bedeutend tiefer, als vermeintlich
gute neue Schöpfungen der „wiederent-
deckten Kunst'-, deren zweifelhafte Erzeug-

Abb. 7.

nisse ungleich höher eingeschätzt und bezahlt
wurden4).

Die Hasseltscheiben erscheinen zuerst in
dem von Goethe lobend erwähnten Ver-
steigerungskatalog des Sammlers J. B. Hirn,
dessen Glasmalereien im September 1824 zu
Köln verkauft wurden. Nr. 163 bezeichnet
die acht Rundscheiben; „10 Zoll; 1532. Ge-
schichte des verlorenen Sohnes und Inschriften
als Einfassung. Zeichnung gut. Ausführung

fleißig und zart,
Fleisch mitunter
farbig, übrigens
grau und gelb".
Sie kamen an
Christian G e e r -
ling, der, eigent-
lich Weinhändler,
sich schon als junger
Mann den Rufeines
fleißigen Sammlers
erworben hatte,
denn die „Colonia"
vom 13. März
1822 rühmte seine
Sammlung als treff-
lich und in ihrer
Art einzig. Sein
Zeitgenosse, der
Galeriedirektor Dr.
Müller in Darm-
stadt, nennt Geer-
ling, der mit den an-
erkannten Kunst-
kennern undSamm-
lern in regem Ver-
kehr stand, den
„Konservator der
Altertümer in

Köln".

Im dritten Heft
der 1825 vorbereiteten „Sammlung von An-
sichten alter enkaustischer Glasgemälde", deren
1827 erfolgte Herausgabe, nach Merlo, Geerling
„zur Ehre gereicht", bringt letzterer zwei von
Anton Wünsch lithographierte Hasseltscheiben,
den Abschied des Sohnes vom Vater und die
Verschwendung seines Gutes am Spieltische.
Spätere bildliche Veröffentlichung fanden die
Bilder im Katalog der Sammlung Clave von
Bouhaben 1894.

«) Vgl. .BonnerJahrbücher« Heft 96/97 S. 293 u. f.
 
Annotationen