Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI Artikel:
Oidtmann, Heinrich: Acht Scheiben Kölner Kleinmalerei des XVI. Jahrhunderts
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0252

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
367

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

368

hierin keine sichere Unterlage finden, also
ergebnislos bleiben würden. Der muschelige,
nur auf einer Seite scharfkantige Kröselrand
dieser Rundscheiben beweist, daß damals der
Diamant keineswegs allgemein zum Glas-
schneiden benutzt wurde; die Scheiben sind
mit dem glühenden Eisen gesprengt.

Der schillernde, irisierende Glanz, der,
mehr oder weniger stark allen Scheiben ge-
meinsam, nicht etwa nur die mit Silbergelb
hinterlegten Stellen, sondern die gesamte
Oberfläche überzieht, bestätigt die Alters-
schätzung. Einige Kratzspuren, die Folgen
nachträglicher Unvorsichtigkeit, erscheinen im
Silbergelb farbig; diese Färbung erklärt sich
naturgemäß durch den Vorgang der goldigen
Zementation, der beim Einbrennen das Silber
bis zu einer gewissen Tiefe eindringen läßt.
Vor der Bemalung entstandene Ritzen würden
durch vermehrte Schwarzlotaufnahme dunkel
auffallen.

Die Hauptzeichnung, teils deckend, teils
durchscheinend gemalt, stellenweise beider-
seits ausgelaufen, übrigens wetterfest, ist flott
hingeworfen. Die Behandlung des Mitteltones,
der in den Tiefen mit kräftigem Schwarzbraun
körnig gestupft, an den helleren Halbschatten
lichtgrau-vertrieben erscheint, offenbart in der
feinen Nadel- und Pinselradierung die geschulte
Sicherheit eines erfahrenen Glasmalers.

Schwarz gedeckte Einzelheiten, Mützen,
Schuhe, Schwertscheiden sind durch haar-
dünne Fäden aufgelichtet. Der Rand, ent-
sprechend vielen schweizer Rundscheibchen
nicht abgetrennt, zeigt gleichmäßigen Schwarz-
lotauftrag in ziemlich dicker Schicht, aus der
Schrift und Zierrat klar herausgeholt sind.

Vortrefflich ist die Anlage der breiten,
blanken Lichter; die kühne glasige Mal weise
wird den Erfordernissen der durch den Werk-
stoff gebotenen Stilgesetze vollauf gerecht.

Mit gleichem Geschick beherrscht der
Maler die Goldfarbe; das Silbergelb, vom
blassen bis zum saftigen Zitronengelb, nur an
wenigen Stellen zum Braungelb neigend, ist
unbekümmert um geringfügige Unregelmäßig-
keiten höchst wirkungsvoll aufgetragen, in seiner
verhältnismäßig lichten Tonung durch die harte
Beschaffenheit des Glases beeinflußt. Es störte
den Meister nicht, einzelne Flecken wie zu-
fällig weiß zu lassen.

Die Anbringung des Rotlot oder -Eisenrot,
leicht auf Wangen und Pelzverbrämungen,

kräftiger an den Lippen und den Blumen des
Goldbrokats, braunrot an einzelnen Teilen,
zeigt bei dünner Lage mehrfach durch Aus-
laufen verursachte Ränder.

Die leichte Modellierung der Gesichter
und die flotte Behandlung der Gewandung,
kurz, die ganze Mache der Scheiben bekundet
die geschickte Hand eines tüchtigen Glas-
malers, der in langjähriger Übung die Technik
der Grau- und Goldmalerei vollkommen be-
meistert. Solch' liebevolle Durchführung der
Feinmalerei steht mit der Entstehungszeit im
vollsten Einklang, mag die Mal weise, die selbst-
verständlich nach Werkstätten und Personen
wechselt, sie auch von gleichzeitigen Scheiben
wesentlich unterscheiden. In technischer Hin-
sicht gab es eben keine unverrückbare Regeln,
und jederzeit entstanden neben Meister-
leistungen rohe, ja stümperhafte Bilder.

Die Zeichnung erinnert an Lukas van
Leyden. Bekanntlich war der Glasmaler äußerst
selten der entwerfende Zeichner. Ich verweise
auf Cennini, auf die Vorschriften der Nürn-
berger Nonne und auf die zahlreichen Zunft-
bestimmungen bezüglich der Anfertigung der
Meisterstücke. Der Glasmaler nahm seine
Vorbilder, wo er sie fand; Holzschnitt und
Kupferstich boten ihm willkommene Fund-
gruben. Die Häufigkeit der Schenkungen,
die dadurch gesteigerte Nachfrage zwangen
ihn, behufs Erzielung wünschenswerter Ab-
wechslung sich seine Bilder nach Gutdünken
zusammenzustellen, indem er bald hier, bald
dort eine Figur oder ein Stück Hintergrund
entlehnte. Willkürlich, manchmal recht ober-
flächlich ging man vor; so trägt eine Hasselt-
Scheibe im Kölner Kunstgewerbemuseum das
auf unseren Scheiben vorhandene Wappen-
schildchen, dessen Namenszug ich als Jan van
Hasselt auslegen möchte, in umgekehrter Zeich-
nung. Wie gedankenlos und leichtfertig der
Glasmaler unter Umständen beim Nach-
zeichnen verfuhr, das zeigt die sonst so
sorgfältig gemalte Katharinascheibe nach Anton
von Worms8). Anstatt den Damast des über
die Mauer gehängten Teppichs gänzlich durch-
zuführen, hat er sich auf die im Entwurf nur
angedeutete Ranke beschränkt. Übrigens kehrt
die Hintergrundanlage dieser Scheibe, Baum,
Mauer, Strauch, allerdings in gröberer Durch-

3) »Zeitschrift für christliche Kunst«, III. Jahrg.
Sp. 23.
 
Annotationen