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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Oidtmann, Heinrich: Acht Scheiben Kölner Kleinmalerei des XVI. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0254

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371

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

372

Im Jahre 1910 von den Erben veräußert,
kamen sie über Paris nach Amerika.

Betreffs des Stifters war vorläufig nichts
Näheres in Erfahrung zu bringen. Zweifels-
ohne hat er, mehrmals um Schenkungen an-
gegangen, zu den wohlhabenden Leuten gehört.
Ein Johann van Hasselt wird 1500 in den
Schöffenprotokollen erwähnt; nach Fahne
war ein Johann van Hasselt 1533 kölnischer
Senator. Merlo verzeichnet einen Hendrik
van Hasselt, der 1562 für die Stadt Köln
den Plan zu einer Rathaushalle anfertigte.
Für das hohe Ansehen der Familie spricht
die Heirat eines Gerhard van Hasselt mit der
Tochter des reichen Bürgermeisters Melchior
von Mülhem, die 1591 als Witwe starb5).

Dagegen vermag eine flüchtige Durchsicht
des Buches Weinsberg uns einen Überblick
über die damaligen Scheibenschenkungen zu
geben. Schon der 1526 verstorbene Großoheim.
Weinsbergs, der Kanonikus Christian Keppel,
hat zu S. Georgen „finster und gemail mit
sinem schilt" geschenkt. — 1529 ließ Vater
Weinsberg bei einem Umbau des Hauses
Weinsberg an der Blaubach auf dem Saal
,,die glasfinster mit den wapen und mirker"
(Hausmarken) machen; 1534 stiftete er je ein
Fenster in den Chor und in die Sakristei zu
St. Jakob. — 1538 leitete Vater Weinsberg den
teuren Bau des „ohme Peter Hersbach"; dieses
Haus „zum Hollender uff der hoeporzen"
erhielt „schone finster" mit „wapen und reimen".

Bezeichnend ist die Bemerkung zum Jahre
1544, daß man von vielen vornehmen Leuten
weiter nichts wisse, als daß man sie in „alten
gemelen und finstern in kirchen und heusern
findet". —- 1550 „sint die finstern mit den
wapen" in das von Weinsberg gekaufte Haus
Cronenberch an der Hohpforte eingesetzt
worden. — 1552 hat Hermann Weinsberg
„finstern und gemels in die h3ll oder das
sprechhaus an S. Jacob gestiftet", in denen
außer den „Schilder und namen etliche bilder
stunden". — 1553 baute Hermann zu Dor-
magen ein Haus; der gelasworter uis Coln
besorgte die Fenster; „min moder und ich,
min broder Gotschalk und Christigen gaben
mallich ein finster mit einer ronden, darin
stonden 2 bilder und mans- und frauwennam
und schilder". — 1566 liefert Meister Heinrich
Brun dem Hermann Weinsberg die ihm von

') Vgl. »Das Buch Weinsberg« III., 366; IV. 82,113.

Verwandten gestifteten vier Glasfenster für
das Haus Cronenberg ab. — 1567 läßt der
Bruder Gottschalk ein Fenster mit Weinsbergs
Wappen bemalen. — 1570 bezahlt Hermann
Weinsberg eine Fensterstiftung für St. Jakob,
bald darauf die Glasfenster, die er seinem
Neffen Ludger Heresbach, Scholastikus an
St. Severin, mit seinem Wappen in das Haus
gestiftet hat. Es folgen 1573 und 1574 weitere
Schenkungen von Bildfenstern und Stifterbild-
nissen an St. Jakob; ein Schwager Weinsbergs
bestand darauf, daß sein Bild und Wappen
wieder entfernt wurde.

Jedenfalls genügen diese Aufzeichnungen,
um eine Vorstellung von dem Umfang der
Schenksitte zu ermöglichen.

Im Buch Weinsberg lesen wir ferner, daß
die Gesellschaft oder Gaffel vom Schwarzhaus,
die sogenannte Ritterzunft, 1575 das alte
Schwarzhaus auf 24 Jahre tnietete, und auf
dem Saal neue schöne Fenster anbrachte, von
denen Hermann und Gottschalk Weinsberg
je eines stifteten. Zunft- und Gesellschafts-
häuser besaßen in der Regel den Schmuck
der Fensterschildereien. Ausdrücklich wird
dies von der adligen „Sternzunft" zu Aachen
berichtet.

In den Sammlungen und Museen hat sich
noch eine beträchtliche Zahl jener Scheiben
erhalten. Ihre Anordnung in den Fenstern
sieht man auf rheinischen und niederländischen
Tafelgemälden. Meist sind sie unvermittelt in
die schlichte Rautenverglasung eingefügt. In
Prunkräumen wurden sie anscheinend mit kunst-
voller Umrahmung ausgestattet, so an den er-
haltenen Fenstern aus dem Faßbinderzunfthaus
im Kunstgewerbemuseum zu Köln (Abb. 7).

Ähnliche Anlage, nur reicher, mit durch-
brochenen, bildgeschmückten Einfassungen
zeigen Glasfenster der Certosa im Val d'Ema
bei Florenz. Sie sind außerordentlich hübsch
gegliedert, während die wild überladenen
Ornamentfüllungen in der Laurentianischen
Bibliothek zu Florenz weniger ansprechen.

Der Brauch der Scheibenstiftungen hielt
sich auch in den Rheinlanden bis ins XVIII.
Jahrh. als Zeichen freundschaftlicher und ver-
wandtschaftlicher Beziehungen, im gleichen
Sinne wie in der Schweiz, wo man anderer-
seits etwaiger persönlicher Spannung durch
die landläufige Redensart bildlichen Ausdruck
verlieh: „Dem werd' ich keine Scheibe setzen".

Linnich. H. Oidtmann.
 
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