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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Schnütgen, Alexander; Gabriel, Heinrich; Mündelein, Franz: Die aus dem alten Kloster-Ökonomiegebäude durch Umbau entstandene Kirche zu Listernohl
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0135
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229

1911.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

230

Die aus dem alten Kloster-Ökonomiegebäude durch Umbau entstandene

Kirche zu Listernohl.

(Mit 9 Abbildungen.)

M ü n d e 1 e i n seinen Umbau erklären wird an

m Ende des abwechselungs-
reichen, anmutigen Lister-
tales, ungefähr da, wo das
Flüßchen in die Bigge
sieht ergießt, erregt seit
Jahrhunderten die Auf-
merksamkeit der Passanten
ein mit zwei Flügeln versehenes monumentales
Gebäude, dem der grüne Bergabhang mit seinem
bewaldeten Höhenzug einen reizenden Hinter-
grund bietet. — Dem klösterlichen Besitze längst
entzogen, lebte es als Andachtsstätte nur noch
fort in der Erinnerung der alten, aus Bauern
und (seit dem Mittelalter ansässigen) Hammer-
werkschmieden bestehenden Umwohner. —
In meiner Jugend, deren Herbstferien ich hier,
der Jagd und dem Fischfang ergeben, gern
verbrachte, wußten nur die ältesten meiner
Onkel als ehemalige Meßknaben von dem
Gottesdienst zu erzählen, den der Augustiner-
pater Rens im Zimmer für die Klosterleute
und die umliegenden Bauern hielt. — Längst
war die Altarschelle verstummt; das alte
Ökonomiegebäude fing, trotz seiner dicken
Mauern, allmählich an, etwas zu verfallen.

Es hatte aber ein besseres Los verdient. —
In welcher Weise dieses ihm zuteil geworden,
besagt die auf der Außenseite des Chors
(Abb. 6) eingegrabene Inschrift:

Praedium hoc rusticum anno 1423 a monasterio
Eivich constitutum anno 1^22 reaedificatum, anno
1803 saecularizatum usque ad annum 1818 loca-
tuin eulluique divino mancipatum deinde vero
alienatum. — In piain memoria»! Francisci
Napoleonis Alexandri Schnütgen patris dilec-
tissimi in praedio vicino Weitste anno 1813 nati
gralitudinisque ergo ob benedictionem divinum
in familiam late diffusam R. 1). Alexander
Schnütgen, canonicus ecclesiae Melropolilanae
Coloniensis, in sacra theologia Doctor alque in
('uiretsitate Bonn, ad hon. Professor anno
igo3 rtdemit / u/tuique divino prorisorie /am igoo
inchoaio ratiluit. — Sit hoc Sanctuarium Dec
in honorem Sti. Augustini die VII. Dec. 1903
benedictum, die XU'. Sept. 1904 sollemniler dica-
tum poptdo vicino fotis gratiarum in aevum-
Zur Eiläuterung derselben dient die von
Herrn Pfarrvikar Heinrich Gabriel verfaßte
Chronik, nach der Herr Baumeister Franz

der Hand der von ihm entworfenen sechs Zeich-
nungen und der vom Kirchenmaler R. Rosen-
thal aufgenommenen drei Photographien.

Schnütgen.
Chronik.

In den Worten der Inschrifttafel ist
die Geschichte einer Stiftung enthalten, welche
Herr Domkapitular Prof. Dr. A. Schnütgen in
Listernohl erneuert hat. Die Inschrift besagt,
das Gut Listernohl sei 1423 vom Kloster
Ewich gegründet, 1722 neugebaut, 1803 säku-
larisiert und bis 1818 vermietet gewesen; dann
wurde es verkauft und das Heiligtum dem
Gottesdienst ganz entfremdet. Zum Andenken
an seinen 1813 auf dem benachbarten Gute
Weuste geborenen Vater und zum Danke für
die der Familie zuteil gewordenen reichen
Segnungen habe der Herr Domkapitular die
Gebäude für die Zwecke des öffentlichen
Gottesdienstes wiederherstellen lassen.

Von dieser Stiftung und ihrer Entwicklung,
wie der durch sie veranlaßten Filiale Lister-
nohl bis zu deren Erhebung zur selbständigen
Kirchengemeinde sei hier eine kurze Dar-
stellung geboten. — Von der Pfarrgeistlichkeit
zu Attendorn, namentlich von Herrn Rektor
Lex, wurden 18(17 die ersten Verhandlungen
gepflogen mit dem Besitzer des alten Kloster-
gutes, Herrn Jos. Bast, welche die Pachtung
des nördlichen Flügels bewirkten und dessen
Einrichtung zur Kapelle. An diese konnte
aber erst 1901 ein eigener Geistlicher berufen
werden, der Seminarpriester Herr B. Schulte,
der drei Jahre später durch den Vikar von
Wanne-Süd Heinrich Gabriel ersetzt wurde.

Zwar hatte das Kapellen-Komitee den
Flügel sofort durch einen kleinen (später
wieder beseitigten) Vorbau erweitert, aber die
Raum verhältnisse blieben durchaus ungenügend.
In dieser Notlage fand sich für die Ge-
meinde ein hochherziger Wohltäter in der
Person des Herrn Domkapitulars Schnütgen, der
sich bereit erklärte, der Gemeinde eine Kirche
nebst Vikarwohnung zu beschaffen, aus seinen
eigenen Mitteln. — Zu dem Zwecke erwarb
er die Gebaulichkeiten mit etwa vier Morgen
daneben liegenden Landes und das Gelände
für einen Friedhof. — Gemäß den Intentionen
 
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